Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Das in Kiel beheimatete Unternehmen Raytheon Anschütz hat vor Kurzem die erste Lieferung ihres zukunftsweisenden Integrierten Brücken- und Navigationssystems für die neue RiverHawk Advanced Multimission Platform (AMP-145) durchgeführt. Für das neue Schiffsdesign AMP zeichnet RiverHawk Fast Sea Frames in Tampa, USA verantwortlich. Raytheon Anschütz wurde vor rund 2 Jahren für die Entwicklung und Lieferung der Brücken- und Navigationssysteme für diese neue Serie ausgewählt. Das erste Schiff der Serie soll Anfang 2011 an die libanesische Marine ausgeliefert werden. Das 44 m lange AMP wurde unter Verwendung von Verbundwerkstoffen und Aluminium entwickelt und ist technisch darauf ausgelegt, schnell auf veränderte, neu entstehende Situationen und Bedrohungsszenarien reagieren zu können.
RiverHawk AMP-145 Foto: RaytheonAnschütz Click to enlarge |
Der neue Schiffstyp verfügt über eine kompakte und leistungsstarke Brücken- und Navigationsausstattung, die den Betrieb mit einer vergleichsweise geringen Besatzungsstärke ermöglicht. Dabei werden aber alle Systeme an Bord bereitgehalten, um die notwendigen Aufgaben im Rahmen nationaler und internationaler Missionen zur Sicherung der Küstenlinien und Hoheitsgewässer zu erfüllen. Die AMP-Klasse ist darauf optimiert, Leistung und Flexibilität im Einsatz zu erhöhen und gleichzeitig den Aufwand für den laufenden Betrieb, die erforderliche Wartung und die anfallenden Reparaturen über die Lebenszeit des Schiffes deutlich zu reduzieren.
Hohe Konfigurierbarkeit und einfache Bedienung
Brückenansicht Grafik: RaytheonAnschütz |
Jake Shuford von der Firma RiverHawk, ehemaliger Admiral der US-Navy, hatte erst kürzlich öffentlich darauf hingewiesen, dass man für die neue Klasse eng mit führenden Industriepartnern aus aller Welt zusammenarbeitet, wobei diese Partner weltweit den Ruf haben, mit ihren Systemen führend in den Bereichen Leistung, Qualität und Innovation zu sein. Gemeinsam mit Raytheon Anschütz habe man in den letzten beiden Jahren das Konzept für ein zukunftsweisendes Brückensystem entwickelt, welches den Bedürfnissen nach einer offenen Systemarchitektur auf Basis standardisierter, im ständigen Einsatz bewährter handelsüblicher (Commercial off-the-shelf COTS) Komponenten weitgehend entspricht.
Das neue Integrierte Brücken- und Navigationssystem steht für hohe Konfigurierbarkeit, einfache Bedienung, optimierte Leistung, höchste Flexibilität im Einsatz und reduzierte Kosten für die Installation und erfüllt alle relevanten Vorschriften. Der Lieferumfang besteht aus vier Multifunktionssystemen für die Navigation, die jeweils den Zugriff auf Chart Radar, Elektronische Seekarte (Electronic Chart Display and Information System ECDIS) und NautoConning (Navigationsdatendisplay) erlauben. Die standardisierte Bedienoberfläche und weiterentwickelte Systemfunktionen ermöglichen der Besatzung, alle navigatorischen Aufgaben von jedem Arbeitsplatz auszuführen. Für die Routenplanung wurde eine zusätzliche elektronische Seekarte installiert und für manuelle als auch für automatische Routenplanung konfiguriert. Ein Autopilot wird ebenfalls eingebaut, um den Einheiten eine maximale Präzision bei der Navigation bieten zu können.
Neue Technologiegeneration
NautoConning File Display Click to enlarge |
Zusätzlich zur Navigation integriert das Brückensystem eine Wärmebildkamera sowie die Schiffsautomation. Das NautoConning an zentraler Position kann deshalb nicht nur alle relevanten Navigationsdaten auf einen Blick anzeigen, sondern auch ausgewählte Daten der Schiffsautomation. Die Operationszentrale wird außerdem mit einem kundenindividuell konfigurierten Lagebild-Display ausgestattet, welches alle Karten und erfassten Ziele sowie deren Bewegungen mit der Integrierten Brücke austauschen kann.
Ein Display für den Kommandanten, eine redundant ausgelegte Kreiselkompassanlage, X-/ und S‑Band Radar-Tracker, die komplette Schiffssensorik, ein duales Datenmanagement und eine Funkanlage komplettieren das Brückensystem. Neben der Entwicklung und Lieferung der Systeme gehören das Programmmanagement, die Dokumentation, ein vollständiger Integrationstest, die Installation und die Inbetriebnahme zum Leistungsumfang des Vertrages. Das jetzt bei der AMP-145 zum Einsatz kommende Brückensystem ist Teil einer vollkommen neuen Technologiegeneration für ein Integriertes Brücken- und Navigationssystem.
Auf der diesjährigen SMM in Hamburg wurde das System von Raytheon Anschütz unter dem Namen Synapsis Bridge Control vorgestellt. Das neue Brückensystem wurde vor allem entwickelt, um die Navigation sicherer zu machen, die Arbeit für den Nautiker an Bord zu erleichtern und um den Betrieb von kleineren, flexiblen Marineeinheiten effektiver und wirtschaftlicher zu gestalten. Der Einsatz handelsüblicher, standardisierter PCs und Software erlaubt eine zukünftige Erweiterung des Navigationssystems. Die zentrale Schiffselektronik wird in einem dualen Netzwerk integriert und ebenfalls standardisiert, bietet aber aufgrund der Architektur genügend Flexibilität, um die individuellen Anforderungen verschiedener Marinen und deren Einsatzerfordernisse zu berücksichtigen. Die Systemkonfigurationen einzelner Arbeitsplätze reichen dementsprechend von einer einfachen ECDIS zur Routenplanung bis hin zu einem voll-integrierten Arbeitsplatz, der Zugang zu allen wichtigen Navigationsfunktionen wie Routenüberwachung, Kollisionsverhütung, Bahnregelung, Navigationsdatenkontrolle oder Alarm-Überwachung bietet. Die Konfiguration, der Austausch aller Navigationsdaten, Routen und Karten sowie die Leistung der einzelnen Arbeitsplätze werden dabei von einer neu entwickelten Integrationsplattform kontrolliert.
Zum Autor
Jürgen E. Kratzmann ist Chefredakteur des MarineForum