Führung – Einsatz – Basis
Im Bereich des Elements »Führung« fusionieren große Teile des heutigen Führungsstabes Marine sowie Teile des Flottenkommandos und des Marineamtes. Die verbleibenden Anteile der Höheren Kommandobehörden werden in die Einsatzflottillen und das Element »Basis« integriert. Dadurch wird ihr Fachwissen noch näher an den »Verbraucher« gebracht. Die maritime Expertise und die in langen Jahren auf allen Einheiten der Marine im Einsatz und allgemeinen Seebetrieb erworbene Kompetenz bleiben im Marinekommando abrufbar und bilden dort gleichzeitig einen Wissenspool, aus dem maritimer Sachverstand zur Beratung der Regierung geschöpft werden kann.
Im Element »Einsatz« liegt mit insgesamt 70 Prozent aller Dienstposten der personelle Schwerpunkt der künftigen Deutschen Marine. Die beiden Einsatzflottillen werden gestärkt, indem sie weit reichende Verantwortung, Kompetenz und Mittel zur Vorbereitung ihrer Einheiten auf den Einsatz erhalten. Das bedeutet, dass Aufgaben und Verantwortung auf der Verbandsebene zunehmen – es bedeutet aber auch, dass diese Ebene mehr Gestaltungsspielraum erhält; die Gestaltungskraft der Truppe kann besser wirken. Die Marine wird dadurch agiler und in die Lage versetzt, sich in Ausbildung und Weiterentwicklung schneller, team- und einsatzorientiert aufzustellen. Ebenfalls dem Element »Einsatz« zugeordnet werden die Marineflieger, an einem Standort konzentriert und dort in die beiden Bereiche Flächenflugzeuge sowie Hubschrauber und Drohnen – also alle Drehflügler – unterteilt, um so zentral alle Einsätze zu unterstützen.
Click to enlarge |
Neben der Einsatz- und Durchhaltefähigkeit ist die Zukunftsfähigkeit der Marine ein ganz wesentlicher Aspekt. Dazu sind im Element »Einsatz« Strukturen vorgesehen, die neue Waffensysteme wie das Joint Support Ship, die neuen Fregatten Klasse 125 sowie das neue Multi Role Combat Ship Klasse 180 (Arbeitsbegriff für die bisher unter »Korvette Kl. 131« bekannte Einheit) und den neuen Marinehubschrauber aufnehmen sollen. Hier wird es darauf ankommen, eine rasche Eingliederung neuer und die Ausphasung alter Waffensysteme zu gewährleisten.
Das Element »Basis« stellt Unterstützungsleistungen sowie Ausbildung in der Marine sicher und umfasst dazu ca. 25 Prozent der Dienstposten der Marine. Im neuen Kommando »Einsatzlogistik Marine« und den beigestellten Kommandos sind alle Aufgaben konzentriert, die für die materielle Einsatzbereitschaft erforderlich sind. Wenngleich der Schwerpunkt in der Nutzungsphase liegt, stellt dieses Kommando die Expertise über den gesamten Lebensweg maritimer Waffensysteme und unterstützt den Inspekteur bei der Wahrnehmung seiner Materialverantwortung.
Den zweiten wesentlichen Baustein des Elements »Basis« stellen die Vorgesetztenausbildung sowie die Ausbildung in den Feldern Operation und Technik dar. Die Marineschule Mürwik wird künftig mit der Gesamtkoordination der Ausbildung an den Schulen der Marine beauftragt. Ihr kommt damit eine neue Leitfunktion zu. Ein gesondertes »Ausbildungskommando« zur Steuerung der marineinternen Ausbildung wird damit entbehrlich. Darüber hinaus werden Teile der waffensystemspezifischen Unterstützung näher an die Truppe gebracht und im Bereich »Einsatz« integriert.
Fazit
Mit den skizzierten flachen und fähigkeitsorientierten Strukturen in den drei Elementen »Führung«, »Einsatz« und »Basis« lässt sich eine einsatzorientierte, durchhalte- und zukunftsfähige Deutsche Marine realisieren, die auch in Zukunft ein breites Portfolio an maritimen Fähigkeiten für die Einsätze der Bundeswehr bereitstellen kann – deren Personalumfang allerdings deutlich auf »Rand genäht« bleibt. Als kleinste Teilstreitkraft hat die Marine schon heute erhebliche Mühen, alle Schnittstellen mit den anderen Organisationsbereichen zu besetzen. Eine Reduzierung der absoluten Anzahl der Kontaktpunkte und eine gradlinige, eindeutige Führungsstruktur der Bundeswehr liegen daher ganz besonders im Interesse der Deutschen Marine.
Das derzeit vorgesehene Fähigkeitsportfolio der künftigen Marine deckt alle drei Dimensionen der maritimen Domäne ab und es können deutlich mehr als 1.000 Soldaten kontinuierlich für Einsätze bereitgestellt werden. Einsatzfähigkeit, Durchhaltefähigkeit und Zukunftsfähigkeit der Marine bleiben weiterhin gesichert, der gemäß der nationalen Zielvorgabe durch die Deutsche Marine zu leistende Beitrag wird erfüllt.
Gleichwohl bleibt bei aller Straffung der Strukturen der Marine die Besonderheit, dass künftig eine vergleichsweise geringe Anzahl an Booten und Luftfahrzeugen einen einmaligen Beitrag zum maritimen Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr sicherstellt. So wird das eine Minenabwehrgeschwader, das jenseits des Jahres 2020 noch vorgesehen ist, die gesamte Seeminenexpertise der Bundeswehr repräsentieren, das eine U‑Boot-Geschwader wird der Träger aller U‑Boot- Expertise der deutschen Streitkräfte sein – nirgendwo sonst sind diese beispielhaft genannten Know-hows künftig weiter vertreten!
Angesichts der weiterhin im Raume stehenden Forderung nach Konsolidierung der Staatsfinanzen und des Beitrags der Streitkräfte hierzu stellt sich spätestens hier die Frage, wie es mit den aktuellen und ins Auge gefassten neuen maritimen Fähigkeiten der Bundeswehr konkret weiter geht – und das nicht nur in der aktuellen Phase der Reform, sondern auch in den Jahren, wenn die im Grundgesetz verankerte »Schuldenbremse« zum Erreichen der Vorgaben für 2016 erkennbare Wirkungen zeigen muss.
Zum Autor
Kapitän zur See Markus Krause-Traudes ist Referatsleiter Fü M III 1 im Bundesministerium der Verteidigung