Das strategische Konzept
Die neue Strategie betont die Notwendigkeit, eine Balance zwischen der Wahrung der Fähigkeit zur traditionellen Kriegsführung und zur Durchführung friedenszeitlicher Aufgaben (humanitäre Einsätze, Ausbildungshilfe für ausländische Seestreitkräfte und Sicherheitskräfte sowie weitere Formen der Partnerschaftspflege) zu finden. Das Dokument hebt auch deutlich hervor, dass die Sicherheit der Vereinigten Staaten die Primäraufgabe der maritimen Kräfte Amerikas bleibt; die internationale Kooperation wird als bestes Mittel zur gleichzeitigen Optimierung der Sicherheit der USA und deren Partner erkannt. »Unsere Herausforderung ist es, die Seemacht auf eine Weise einzusetzen, die vitale amerikanische Interessen schützt, während sie gleichzeitig umfassendere kollektive Sicherheit, Stabilität und Vertrauen fördert«, heißt es bereits in der Einführung zur Strategie. »Während der Schutz der Heimat und der Sieg über Feinde im Krieg die unbestreitbaren Ziele der Seemacht darstellen, muss der Begriff Seemacht eine erweiterte Auslegung erhalten, um unseren nationalen Interessen dienlich zu sein.«
»Die US-Navy, das US-Marine Corps und die US-Coast Guard werden entlang des Gesamtspektrums der militärischen Einsätze operieren, um die Vereinigten Staaten vor direktem Angriff zu schützen; um den strategischen Zugang [zu allen internationalen Gewässern] zu sichern und um ihre globale Handlungsfreiheit zu wahren; um bestehende und sich bildende Bündnisse und Partnerschaften zu stärken und um günstige Sicherheitsbedingungen zu etablieren«, heißt es weiter in der Einführung. »Ferner werden maritime Kräfte eingesetzt, um Vertrauen zwischen Nationen zu schaffen; dies soll durch kollektive Sicherheitsanstrengungen bewerkstelligt werden, die auf gemeinsame Bedrohungen sowie auf gemeinsame Interessen in einer offenen, multipolaren Welt ausgerichtet sind. Dies wird ein noch nie erreichtes Ausmaß an Integration unserer [amerikanischen] maritimen Kräfte sowie der vertieften Kooperation [dieser] mit den übrigen [amerikanischen] Instrumenten der nationalen Macht sowie mit den Fähigkeiten unserer internationalen Partner erfordern.«
Die Flexibilität der Seestreitkräfte soll genutzt werden, um zwei verschiedene globale Präsenzarten aufrecht zu halten:
Regionale Kräftekonzentrationen mit ausreichender Kampfkraft, um örtliche Konflikte einzudämmen, Aggression durch Großmächte abzuschrecken und ggf. in Verbindung mit anderen amerikanischen TSK sowie mit Partnerstreitkräften einen Krieg zu gewinnen. Neben der abschreckenden Wirkung in langfristigen Spannungszonen sollen diese Kräftekonzentrationen auch Partnerstaaten die Ernsthaftigkeit der amerikanischen Beistandsverpflichtung demonstrieren. Die Strategie sieht in diesem Sinne eine ständige Konzentration amerikanischer Seestreitkräfte im Großraum Arabischer Golf/Indischer Ozean sowie im Großraum Westpazifik vor. Weitere Konzentrationen können in anderen Regionen im Spannungsfall zusammengezogen werden.
Global verteilte Seestreitkräfte, die eine ständige amerikanische Präsenz in vielen Regionen gewährleisten. Diese verteilten Kräfte sollen u.a. der Partnerschaftspflege mit den Staaten der jeweiligen Region dienen. »Erweiterte kooperative Beziehungen zu anderen Nationen werden zur Sicherheit und Stabilität der maritimen Domäne führen, zum Nutzen aller«, heißt es im Strategiedokument. »Obwohl unsere Kräfte imstande sind, in Krisenzeiten kurzfristig auszurücken, können Vertrauen und Kooperation nicht kurzfristig geschaffen werden. Sie müssen über Zeit aufgebaut werden, [und zwar] so, dass die strategischen Interessen der Teilnehmer ständig berücksichtigt werden, während gegenseitiges Verständnis und gegenseitiger Respekt gefördert werden.« Die dezentral dislozierten Kräfte sollen auch schnell auf sich herausbildende politisch-militärische Krisen sowie Naturkatastrophen reagieren können, zur Krisenverhütung beitragen und amerikanische Sicherheitsinteressen wahren.
Bildquelle: US-Navy