USA — Marine — Neuausrichtung der maritimen Strategie der USA

Der Kurs Rus­s­lands
»Begin­nen wir mit der tief greifend­sten Entwick­lung in Europa: die Her­aus­bil­dung eines neuen Rus­s­lands, das viele der gle­ichen Ambi­tio­nen wie die alte Sow­je­tu­nion hegt.« Ein »autoritär­er Kap­i­tal­is­mus« ver­drängt in Rus­s­land zunehmend die Demokratie, stellt Win­nefeld fest. Die gegen­wär­tige rus­sis­che Strate­gie – gekennze­ich­net durch aggres­sive Rhetorik und man­gel­nde Koop­er­a­tions­bere­itschaft mit dem West­en – hat zwei Ziele: 
  • die Spal­tung Europas durch den Ein­satz von Energie als Waffe sowie durch wütende Rhetorik gegen die ver­meintliche west­liche Umzin­gelung Russlands;

  • den Prof­it aus dem Energie­ex­port einzuset­zen, um die Illu­sion der Welt­macht zu pro­jizieren und fun­da­men­tale Schwächen des rus­sis­chen Sys­tems zu übertönen.

»Die kurzfristi­gen rus­sis­chen Hand­lun­gen im Rah­men dieser Strate­gie deuten eine beun­ruhi­gende langfristige Absicht an«, schreibt Win­nefeld. »Rus­s­land ist zu stark, um ignori­ert zu wer­den und dürfte – angesichts sein­er neuen glob­alen Wirtschaft­sori­en­tierung in ein­er energiehun­gri­gen Welt – nicht einzudäm­men sein. Eine erfol­gre­iche Poli­tik muss daher die rus­sis­che Führungselite in der einzi­gen Sprache ansprechen, auf der sie jemals pos­i­tiv reagierte: eine auf Stärke beruhende wer­te­ori­en­tierte Koop­er­a­tion. Dies erfordert eine duale Strate­gie des Engage­ments zugun­sten des Wan­dels bei gle­ichzeit­iger Absicherung, unter anderem auf dem mar­iti­men Bereich.« 

Marineforum - US-Kreuzer und russischer Zerstörer bei gemeinsamer Übung (Foto: US-Navy)
US-Kreuzer und rus­sis­ch­er Zer­stör­er bei gemein­samer Übung
Bildquelle: US-Navy
Obwohl Win­nefeld warnt, dass Engage­ment »durch eine behende und oppor­tunis­tis­che rus­sis­che Regierung« miss­braucht wer­den kann, stellt er fest, dass die rus­sis­che Marine auf der Arbeit­sebene echt­es Inter­esse an Zusam­me­nar­beit sig­nal­isiert. Die US-Marine und ihre Part­ner wollen daher fort­fahren, mit der rus­sis­chen Marine im Rah­men des NATO-Anti-Ter­ror-Ein­satzes sowie durch Stab­s­ge­spräche, ad hoc Begeg­nun­gen und gemein­same Übun­gen zu kooperieren. 

Gle­ichzeit­ig muss davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Stag­na­tion der mil­itärischen Fähigkeit­en Rus­s­lands nicht anhält. Die Gewinne aus dem Energiehan­del finanzieren eine gezielte Mod­ernisierung der rus­sis­chen Flotte, inklu­sive Entwick­lung neuer U‑Boot- und Schiff­sklassen und eventuell den Bau von 5 bis 6 neuen Flugzeugträgern ab 2012. 

»Obwohl die gegen­wär­ti­gen Fähigkeit­en und Absicht­en der rus­sis­chen Marine keine unmit­tel­bare Bedro­hung darstellen, wären wir gut berat­en zu bedenken, dass Chi­na nach der Ein­führung des Kap­i­tal­is­mus seinen neuen Wohl­stand zügig in die Entwick­lung ein­er Marine investierte, die eine ern­sthafte Her­aus­forderung für den US-Ein­fluss im West­paz­i­fik darstellt. Rus­s­land wird dieses Beispiel nicht ignori­eren. Wir soll­ten es auch nicht.« Um die mar­itime Über­legen­heit zu wahren, muss die US-Navy die Entwick­lung der Fähigkeit­en der rus­sis­chen Marine sowohl auf dem mar­iti­men wie dem Cyber­space Sek­tor laufend ver­fol­gen und ausgleichen. 

Fern­er muss angesichts der erwiese­nen rus­sis­chen Bere­itschaft, Energier­es­sourcen zwecks poli­tis­ch­er Ein­schüchterung einzuset­zen, ein neues Bedro­hungskalkül erstellt wer­den, das ver­stärk­te Aufmerk­samkeit auf den Schutz von Energier­es­sourcen und ‑infra­struk­tur set­zt. Admi­ral Win­nefeld stellt fest, dass die NATO bere­its begin­nt, eine dies­bezügliche mil­itärische Rolle zu disku­tieren, die im Großraum Europa und Umge­bung eine wesentliche mar­itime Kom­po­nente umfassen muss. Geografisch ist hier vor allem der »frag­ile Kor­ri­dor« zwis­chen dem Kaspis­chen Beck­en, dem Kauka­sus und dem Schwarzen Meer gemeint, in dessen Bere­ich die US-Marine durch Beiträge zur regionalen mar­iti­men Sicher­heit zur Wahrung amerikanis­ch­er und NATO-Inter­essen weit­er­hin beiträgt. 

»Zusam­mengenom­men sig­nal­isieren diese dynamis­chen Entwick­lun­gen einen mit­tel- bis langfristi­gen Bedarf für eine größere und leis­tungs­fähigere mar­itime Präsenz [der USA] im Atlantik und im Mit­telmeer­raum. Allerd­ings fordern weit­ere regionale Imper­a­tive bere­its viel früher eine gesteigerte amerikanis­che See-Präsenz.« 

Team GlobDef

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