Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Die Würfel sind gefallen
Nach langem Hin und Her steht endlich fest: Die US-Navy wird weiterhin beide Varianten der Littoral Combat Ship (LCS) Klasse beziehen, anstatt sich auf nur einen Entwurf festzulegen. Zu den vier bereits in Dienst gestellten bzw. in Bau befindlichen Schiffen sollen vorerst 20 weitere Einheiten hinzukommen, entschied der US-Kongress am 21. Dezember 2010. Zehn Schiffe werden durch das von Lockheed Martin angeführte Konsortium gebaut; die übrigen zehn Einheiten wurden bei dem von General Dynamics angeführten Schiffsbaukonsortium in Auftrag gegeben.
Fotos US Navy) |
Bei der Lockheed Martin Variante handelt es sich um einen konventionell wirkenden Halbgleiter (115,3 m lang und 17,5 m breit). Das Schiff wurde in Zusammenarbeit mit der italienischen Firma Fincantieri entworfen. Der Bau erfolgt auf der Marinette Marine Corporation Werft im Bundesstaat Wisconsin.
Bei der General Dynamics Variante handelt es sich um einen futuristisch wirkenden Trimaran (127,6 m lang und 31,6 m breit). Diese Variante wurde durch die australische Firma Austal entworfen. Der Bau erfolgt auf der Austal USA Werft im Bundesstaat Alabama.
Unter dem neuen Beschaffungsplan soll jede Firma zwischen 2011und 2015 jeweils zwei Schiffe auf Kiel legen. Die Indienststellung der zwanzig Schiffe soll im Zeitraum 2014 bis 2019 erfolgen. Jedes Schiff soll circa 440 bis 450 Millionen Dollar kosten. Dies liegt um ein Drittel unterhalb der tatsächlichen Durchschnittskosten der ersten vier Einheiten. Hierbei ist festzustellen, dass die ersten beiden Typschiffe um fast 150 Prozent über dem vorgesehenen Etat lagen; die im Bau befindlichen Einheiten 3 und 4 liegen aber nur um acht Prozent über dem Soll. Das Pentagon äußert sich daher zuversichtlich, dass die Kosten der nächsten Tranche im Rahmen der Vorgaben bleiben werden.
Mit der Entscheidung zugunsten der Parallelbeschaffung erfüllte der Kongress eine ausdrückliche Empfehlung des Pentagons. Marineminister Ray Mabus hatte Anfang November für diesen Plan geworben. Folglich verlor die Navy auch keine Zeit, die Kongressbewilligung umzusetzen. Schon am 29. Dezember wurden die Aufträge für LCS 5 und LCS 6 formell vergeben.
Die Parallelbeschaffung ermöglicht wesentliche Einsparungen, erklärte Rear Admiral Frank Pandolfe, Leiter der Abteilung für Überwasserkriegsführung im Navy Führungsstab. Die beiden Herstellerkonsortien verpflichteten sich im September, die Beschaffungskosten der Schiffe fünf Jahre lang stabil zu halten. Die vorgelegten Angebote lagen deutlich unter der bisherigen Erwartung. »Dies bewirkt die Konkurrenz«, erklärte Pandolfe auf einer Fachtagung in Virginia am 11. Januar.
Er bezifferte die Einsparungen auf insgesamt 600 Millionen Dollar netto bei der Beschaffung der 20 Einheiten. Hiervon werden rund 150 Millionen auf andere Beschaffungskonten verteilt; 450 Millionen eingesparte Dollar fließen wieder in das LCS-Programm ein, sodass das Pentagon »20 Einheiten zum Preis von 19« erhält. Dabei steht die Navy nicht unter Abnahmezwang, betonte der Admiral. »Wir haben uns stabile Kosten gesichert, aber keinen mehrjährigen Auftrag vergeben.« Die Navy wird statt dessen jedes Jahr an jede Firma einen neuen Auftrag für jeweils zwei Schiffe vergeben. Dies zwingt die Firmen, Lieferzeiten und den zugesagten Kostenrahmen einzuhalten, wenn sie den jeweils nächsten Auftrag erhalten wollen.
Modularität
Die LCS-Klasse soll die Fregatten (FFG) sowie die Minenkampfschiffe (MCM) der US-Navy ersetzen, die alle bis 2019 ausgemustert werden. Drei Hauptaufgaben sind für die neue Klasse vorgesehen: Minenjagd (Mine Warfare – MIW), U‑Boot-Jagd (Anti-Submarine Warfare – ASW) sowie Bekämpfung von Überwasserzielen (Surface Warfare – SUW). Hinzu kommen weitere Aufgaben bei Bedarf, etwa Aufklärung und Überwachung, Unterstützung von Spezialkräften oder Beschießung von unbefestigten Küstenzielen. Als Einsatzumfeld sind Gewässer in maximal 200 Seemeilen Entfernung zur Küste, einschließlich Meerengen, vorgesehen.
57-mm Schiffsgeschütz ist Standard Foto: US Navy |
Die ständige Grundbewaffnung der LCS-Klasse besteht aus einem 57-mm-Geschütz, vier MG Kaliber. 50, dem SeaRAM System zur Abwehr von Flugzielen einschließlich Antischiffsraketen sowie Täuschkörper als Passivschutz. Jedes Schiff soll entweder zwei bemannte M‑60S Hubschrauber oder einen bemannten Helikopter und drei unbemannte Hubschrauber vom Typ MQ-8B Fire Scout führen.
Über die Standardbewaffnung hinaus wird LCS für jeden Einsatz zusätzlich gesondert ausgerüstet. Hierzu sind spezialisierte Einsatzmodule vorgesehen. Die Module bestehen aus Sensoren bzw. Waffensystemen, Trägersystemen und Bedienungsspezialisten. Die meisten der einsatzspezifischen Sensoren und Waffen werden nicht direkt auf dem Schiff sondern durch Hubschrauber und UAV (Unmanned Arial Vehicle), ferngelenkte Schnellboote, sowie autonome Unterwasserfahrzeuge eingesetzt. Das Schiff kann stets nur für eine bestimmte Einsatzart – MIW, ASW oder SUW – konfiguriert werden; um einen neuen Auftrag auszuführen – beispielsweise, um nach abgeschlossener Minenräumung zu einem U‑Boot-Jagdeinsatz überzugehen – muss die Spezialausrüstung erst ausgetauscht werden. Dies kann im Hafen oder auf See erfolgen und dauert je nach Modul 1 bis 4 Tage.
Während die technischen Hürden, die zur verzögerten Auslieferung von LCS 1 und LCS 2 führten, weitgehend behoben erscheinen, weisen die drei Einsatzmodule weiterhin Probleme auf. Am günstigsten steht derzeit noch das ASW-Modul da, dass ohnehin erst gegen Ende des laufenden Jahrzehnts (mit der Ausmusterung der letzten Fregatten der OLIVER HAZARD PERRY-Klasse) wirklich gebraucht wird.
Hingegen weisen gleich zwei wichtige Systeme des MIW Moduls – ein in der Entwicklung befindlicher unbemannter Halbtaucher mit der Bezeichnung »Remote Mine-Hunting Vehicle« sowie das zur Zerstörung von Minen vorgesehene hubschraubergestütze RAMICS-Geschütz (Rapid Airborne Mine Clearance System)– zum Teil erhebliche Zuverlässigkeitsmängel auf. Admiral Pandolfe erklärte seine Zuversicht, dass der Halbtaucher bis zum vorgesehenen Termin im Jahr 2017 einsatzbereit sein wird, räumte aber ein, dass die Navy bereits nach einer Alternative zu RAMICS sucht.
30-mm gehört zum SUW Modul Foto: US Navy |
Ein für das SUW-Modul vorgesehenes Raketensystem mit der Bezeichnung NLOS (Non-Line-of-Sight = sichtlinienunabhängiges Raketenartilleriesystem) wurde bereits gestrichen. Nun erwägt die Navy statt dessen die Einführung der Griffin-Rakete, die mit 3,5 Meilen Reichweite allerdings weit unter der NLOS-Reichweite (25 sm) liegt. Admiral Pandolfe erklärte, dass die Griffin Rakete ab 2015 in das SUW-Modul aufgenommen werden könnte. Anschließend soll dann eine weiterreichende Variante entwickelt werden.
Mit Ausnahme der Raketenkomponente ist das SUW-Modul allerdings – als einziges der drei Modulvarianten – voll einsatzbereit. Zum SUW-Modul gehören gegenwärtig zwei 30-mm-Geschütze (Reichweite: 4,2 km), die am Aufbau des Schiffes angebracht werden, sowie ein 11-Meter RHIB Schnellboot (Rigid-Hull Inflatable Boat) samt Waffenspezialisten und einem Boarding-Team. Das SUW-Modul ist ausdrücklich ausgerichtet, Kleinkampfverbände (etwa feindliche Schnellbootschwärme) zu bekämpfen. Auch für den Antipirateneinsatz oder für Embargopatrouillen wäre LCS in dieser Konfiguration optimal und könnte größere Kriegsschiffe freisetzen.