1994 wird nicht nur das Projekt F‑2000 aus der Taufe gehoben. Zugleich entsteht der Wunsch nach bis zu 12 neuen Patrouillenfahrzeugen. Sie sollen die Nachfolge alter Boote antreten, dabei mit 90 m aber größenmäßig als kleine Korvetten zugleich die Lücke zwischen Schnellbooten und Fregatten schließen. Mit verbesserter Seeausdauer sollen die U‑Jagd fähigen Schiffe Seepatrouillen, Aufklärung, SAR-Dienst, Maritime Security Operations und Küstenwachaufgaben durchführen. Die Projektbezeichnung MilGem steht für die türkischen Worte Milli Gemi (= nationales Schiff). Gedacht ist denn auch an einen Bau, bei dem sich zwar ausländische Werften beteiligen können, der im Wesentlichen aber auf türkischen Werften erfolgen soll. Mehrere ausländische Werften zeigen Interesse.
Projekt MilGem Bildquelle: türk. Marine |
1999 soll die internationale Ausschreibung erfolgen – sie bleibt aus. Die Wirtschaftskrise zwingt zum Einfrieren des mit 1,5 Mrd. Euro veranschlagten Vorhabens. Wieder muss eine Zwischenlösung her. Im November 2000 vereinbart man mit Frankreich den kurzfristigen Transfer von insgesamt sechs gebrauchten AVISO A69 der französischen Marine. Sie werden bis Anfang 2003 übernommen. 2004 sind die Voraussetzungen für eine Wiederbelebung von MilGem gegeben. Zur Enttäuschung der Franzosen, die sich nach dem Transfer ihrer AVISO vermehrt Hoffnung auf eine Teilhabe machen, sollen die Schiffe nun allerdings in einem nationalen Alleingang auf türkischen Werften entstehen. Aus Kostengründen verzichtet man auch bei Design und Entwicklung auf jegliche ausländische Hilfe. Lediglich für die Ausrüstung möchte man »einige Systeme« importieren.
2005 wird das Typschiff in Istanbul auf Kiel gelegt und Ende September 2008 zu Wasser gelassen. 2011 soll die HEYBELIADA der Marine übergeben und dann als Vorserienschiff ausgiebig getestet werden. Den vor einer Bestellung weiterer Einheiten zunächst beabsichtigten »Bewährungsnachweis« möchte man offenbar nicht abwarten. Angeblich sollen noch in 2008 weitere Schiffe ausgeschrieben werden, in deren Bau mehrere, auch zivile Werften eingebunden werden sollen, um so die Basis für einen nationalen Kriegsschiffbau zu verbreitern. Man hofft, Projekt MilGem bis 2014 abschließen zu können. Experten erwarten allerdings weitere Programmverzögerungen. Der schwierigste Teil, die Integration neuer, teils im Ausland bestellter, teils speziell für das Schiff entwickelter Systeme dürfte sehr zeitaufwendig werden. Bis zur operativen Einsatzfähigkeit der HYBELIADA dürften noch einige Jahre ins Land gehen. Insgesamt aber scheint das »nationale Schiff« auf einem guten Weg, auch wenn noch nicht wirklich fest steht, wie viele der Korvetten beschafft werden.