6.) Moderne Streitkräfte im 21. Jahrhundert und ihre sicherheitspolitischen Implikationen
Die hier geschilderten Veränderungen geben nur einen kleinen und kurzen Überblick über die Entwicklung moderner Streitkräfte. Es ist besonders zu betonen, dass diese Entwicklung mehrheitlich nur von hoch industrialisierten bzw. postindustriellen Ländern durchgeführt werden kann.(37) Entwicklungs- wie Schwellenländer fallen hier deutlich zurück. So entsteht eine deutliche Fähigkeitenlücke, die bestehende politische und wirtschaftliche Asymmetrien zusätzlich verschärft zwischen Nord und Süd. Aber auch innerhalb der NATO selbst besteht mit allen Konsequenzen diese Lücke. Die militärische Transformation ist unterschiedlich weit fortgeschritten bei den Ländern des Bündnisses. Unterschiedliche Größen ‑und Wirtschaftspotentiale werden auch hier in diesem Kontext in ihren Folgen weiter verschärft: Kein westliches Land ist so weit mit der Transformation fortgeschritten wie die USA. Europa hinkt da extrem hinterher. Dies basiert aber nicht auf rein finanziellen Friktionen. Im Rahmen der Transformation von Streitkräften müsste man gerade in Europa im Rahmen der GASP (Gemeinsame Außen –und Sicherheitspolitik) neue Wege gehen. Sehr hohe Synergieeffekte könnten bei stärkerer europäischer Kooperation und Integration erreicht werden.(38)
Die USA ist dagegen global führend. Diese ungleiche Entwicklung hat aber innerhalb des Bündnisses immer wieder zu Verwerfungen geführt und unterfüttert gewisse transatlantische Spannungsmomente.(39) Die Europäer konnten im Kosovo vielfach den Amerikanern nur zusehen. Und aufgrund unterschiedlich gut entwickelter Fähigkeiten beurteilt man u. a. auch Konflikte anders. Was passiert aber, wenn Europa nun langsam nachzieht? Was passiert, wenn auch unsere Fähigkeitenprofile sich verbessern? Welche Rückwirkung wird dies auf unsere Sicherheitspolitik und unser Verhältnis zur USA oder zu Schwellen- und Dritte-Weltländern haben? Wird auch Europas Neigung zum Krieg, zur Intervention in Krisengebieten steigen. Werden gar Menschenrechte als Kriterium zum Kriegführen eingeführt und Humanitäre Interventionen wie im Kosovo zum Standard? (40)
Alles sicherheitspolitisch hochbrisante Fragen, die zu einem guten Teil erst infolge einer erfolgreichen Transformation von Streitkräften beantwortet werden können. Aber gerade die neue Militärdoktrin der Regierung Bush mit ihren präemptiven Maßnahmen gibt dem Krieg wieder neue Rechtfertigung.
Die USA nutzen daher ihr enormes Potential schon aus. Aber auch in Afghanistan und vor allem im Irakkrieg zeigten sich Chancen und Probleme einer neuen revolutionierten technisierten Kriegsführung. Das offene Schlachtfeld ist überdeutlich durch die westlichen Kämpfer dominiert. Aber der Kampf gegen asymmetrische Bedrohungen ist sehr schwierig. Gegnern mit dieser Methodik ist nur schwer beizukommen. Auch kann bei bei den neuen Problemlagen wie der Stabilisierung von Krisengebieten nicht nur mit rein militärischer Logik handeln. Die Intervention im Irak hat dies sehr deutlich gemacht.(41) Wie Europa nun mit weiter gesteigerten Möglichkeiten im Detail umgehen wird, wie sich dadurch die transatlantische Zusammenhalt verändern wird, bleibt abzuwarten. Aber eins steht fest: Europa und Deutschland werden durch die Transformation ihrer Streitkräfte ganz anders global auftreten können! Unter dienen Voraussetzungen setzen Streitkräfte mit ihrer Beschaffenheit sicherheitspolitische Handlungsspielräume, die entscheidend sein werden für den Verlauf internationaler Krisen und internationaler Politik! Europas und Deutschlands Beitrag und Gewicht wird und kann sich verändern infolge einer gut durchdachten Transformation!
Transformation moderner Streitkräfte — Warum, wofür, wohin, wie?
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