5.) Transformation – Wie?
Die Revolution in Military Affairs und technische Neuerungen für die neuen Streitkräften
Aufgrund der deutlichen technologischen Revolutionierung der letzten Jahre gehen viele Militärstrategen davon aus, dass diese Neuerungen auch das Militär wieder einmal von Grund auf verändern. Als Ergebnis dieser Überlegungen steht heute das schon angesprochene Konzept der Revolution in Military Affairs. Die qualitativ völlig neuen Dimensionen technologischer Entwicklungen würden laut diesem Konzept auch Handlungsspielräume des Militärs grundlegend verändern. Auf einige Dinge wurde schon verwiesen. Nun geht es um das gesamte „Wie“ als Konzept.(31)
Wieder kann man eine technologische und eine konzeptionelle Seite unterscheiden: Einerseits findet sich spätestens seit den Achtziger Jahren verstärkt eine Military-Technical Revolution. Sie bezieht sich auf die Einführung hochkomplexer, hochtechnisierter Waffensysteme wie das Luftabwehrsystem MEADS, die neue Luft-Luft-Rakete Iris‑T für den EF-2000 Eurofighter oder des UAV (Unmanned Aerial Vehicle) Euro Hawk beispielsweise.(32)
Auch werden gänzlich neue technologische Systeme eingeführt wie eben ein UAV oder auch ein neues Führungs-Informationssystem der Streitkräfte (FürInfoSys SK), das diese technologische Revolution u. a. ausmacht. Insbesondere die Entwicklung der Mikrotechnologie und von Computern und Sensoren ist hier bedeutsam. Als Synonym für diese Entwicklung steht C4ISR (Command, Control, Communications, Computers, Intelligence, Surveillance, Reconnaissance) dabei. Wie der Name es schon sagt: Es geht hier um die computerbasierte Echtzeitvernetzung von Leit‑, Führungs- und Aufklärungsystemen. Ziel ist es, dass dieses so geschaffene System der Systeme information dominance liefert, die ausgewertet wird. Die Schnelligkeit von Datensammlung, Verarbeitung und Weiterleitung wird durch diese technischen Fortschritte ermöglicht. Der Vorsprung auf dem Informationsfeld lässt sich im Weiteren in enorm wichtige operative Vorteile ummünzen. Die so erworbenen Vorteile können aber auch wirkungsvoll umgesetzt werden, da die technische Revolution nicht bei den C4ISR-Systemen halt gemacht hat. (33)
Waffensysteme mit völlig neuen Wirksamkeiten und Einsatzmöglichkeiten wurden entwickelt und verleihen dem System seine präzise, schnelle Tödlichkeit. Lasergelenkte Bomben, Aerosol- und Streumunition, endphasengelenkte Munition bzw. Lenkwaffen aller Couleur sind erst durch die technischen Entwicklungen möglich und effizient geworden. Aufgrund der enormen und präzisen Schlagkraft auf weite Distanzen ergeben sich für jede Militärführung neuartige und große Handlungsspielräume. Was früher einen großen und langen militärischen Aufwand an Truppen und Planung benötigt hätte, womöglich enorme Verluste, kann heute vergleichsweise schnell operativ aus der Luft schon „teilbereinigt“ werden.(34) Es gibt daher auch schon die Meinung, dass Massenvernichtungswaffen durch diese neue Effizienz und Durchschlagskraft des Tötens eine Relativierung erfahren haben. Die neuen Zerstörungspotentiale konventioneller Waffen stehen Massenvernichtungswaffen inzwischen nur wenig nach. Aber auch Panzer, Flugzeuge und Hubschrauber erhalten dank neuer Technologie einen vielfach erhöhten Gefechtswert. Neben dieser rein technischen Seite von RMA gibt es aber noch die konzeptionelle Seite. Die technisch mögliche Schnelligkeit in Gefahrenwahrnehmung und Beseitigung wird wie schon mehrfach angedeutet operationell verknüpft. Dafür steht die Vernetzte Operationsführung, die auch als Netzwerkbasierte Operationsführung bezeichnet wird. Aufklärung, Datenverarbeitung, Weiterleitung und Waffenwirkung werden teilstreitkräfteübergreifend und einheitenübergreifend technisch vernetzt.(35) Auf diese Weise erreicht man eine enorme Steigerung der militärischen Effizienz. Die technologischen Vorteile können so konzeptionell gebündelt werden. Man könnte gar sagen, dass die konzeptionellen Veränderungen klar in der Logik der technologischen Entwicklung liegen. Dank Computer- und Kommunikationstechnologien ist eine vernetzte Operationsführung letztlich eine logische Option. Und genau diese Veränderungen müssen und werden in der Struktur der Bundeswehr bzw. allgemein in Armeen ihre Nachhall finden. Statt der schweren gepanzerten Einheiten des Kalten Krieges werden zusehends leichtere, mobilere und luftverlegbare Infanterieeinheiten den Vorzug erhalten.(36) Waffenwirkung und Effizienz werden über neues High-Tech-Gerät bei der Aufklärung, bei der Kommunikation und Führung, aber auch über Präzisionswaffen und auch über komplexere Waffensystemen erreicht. Das Wie der Transformation lässt sich letztlich knapp mit der Integration und Vernetzung militärischer Prozesse, mit Einführung neuer High-Tech-Systeme und mit einer Flexibilisierung und Verschlankung der Streitkräfte beantworten. Schweres Gerät, so genannte Legacy-Systeme, wird dabei zukünftig noch weiter zurückgedrängt werden.
Inwieweit aber solche Systeme und mit welcher Geschwindigkeit diese Systeme ausgemustert werden, das ist eine Frage intensiven Streits um weitere, zukünftige Transformationsschritte.
Transformation moderner Streitkräfte — Warum, wofür, wohin, wie?
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