Wirtschaftliche Entwicklung:
Tibet ist vor allem durch seine Bodenschätze von wirtschaftlicher Bedeutung. Rund 600 mögliche, förderfähige Erzlager für mehr als 300 Mineralien und Metallen — daruner Chinas größte Kupfer- und Chromvorkommen — sollen sich ingesam im Tibet-Quinghai-Plateau befinden, das nun von der neuen Eisenbahnlinie erschlossen wird. Mehrere Mrd. Tonnen Eisenerz, 40 Mio. Tonnen Blei und Zink und 30 bis 40 Mio. Tonnen Kupfer werden hier vermutet. So hat Chinas Presseagentur Xinhua am 9. Juli 2006 berichtet, dass drei große Kupfervorkommen im Osten von Tibet, zwischen Lhasa und Xigazê sowie im Gebiet Ngari entdeckt wurden. Eines der Erzfelder soll rund 10 Millionen Tonnen Kupfer enthalten. Chinas größte Ölkonzern CNPC und der zweitgrößte chinesische Ölkonzern Sinopec haben begonnen, in Tibet nach Öl- und Gas zu suchen. Der Untersuchungsraum von CNPC konzentriert hauptsächlich auf das Qiangtang-Becken, wo geschätzte Ölreserven in Höhe von 73,3 Milliarden Barrel vermutet werden. Sinopecs Suche konzentriert sich auf ein Gebiet südlich der Stadt Naqu, an der Qinghai-Tibet-Landstraße.
Eines der Beispiele für die Erzeugnisse Tibets ist das nach einem Gletscher in 5.100 m Höhe benannten Mineralwassererk in Damxung, etwa drei Autostunden nördlich von Lhasa. Für jeweils 12 Millionen Dollar hat das Straubinger Werk “Kronos” für einen Unternehmer aus Hongkong fünf Abfüllanlagen errichtet, die seit 2006 Mineralwasser in die Städte der chinesischen Küstenprovinzen exportieren.
Mit entsprecheden Erschließungsmaßnahmen (Infrastruktur) können nicht nur diese Bodenschätze gewonnen werden, zugleich eröffnet sich die Möglichkeit, Handelswege etwa nach Südasien (Indien) zu modernisieren und damit den Seeweg über die Straße von Malakka zu entlasten. So ist im Sommer 2006 eine alte, über 40 Jahre geschlossene Handelsstraße zwischen dem Kreis Chomo in Xigazê in Tibet und dem Nathu-La-Pass im indischen Sikkim wieder eröffnet worden. Rund 40.000 km Straßen wurden — zunächst wohl durchaus auch aus strategischem Interesse — von den Chinesen gebaut, der Flughafen von Lhasa erweitert, insgesamt wurden Milliarden investiert, um die rückständigste Region der Volksrepublik zu modernisieren.
Die am 1. Juli 2006 frei gegebene Bahnstrecke von Quinghai nach Lhasa ist der Höhepunkt der Bemühungen, zunächst die Infrastruktur zu verbessern und die Region zu erschließen.
Seit Gründung des Autonomen Gebietes Tibet vor mehr als 40 Jahren hat die chinesische Zentralregierung über 9 Milliarden Yuan (900.000 Millionen Euro) alleine in die Stromversorgung Tibets investiert (inzwischen verfügen 60 % der tibetischen Haushalte über einen Stromanschluss). Auch künftig soll die Stromversorgung in Tibet durch saubere Energiequellen wie Wasserkraft, Solarenergie und Erdwärme gewährleistet werden (Quelle: Stromversorgung aus sauberen Energiequellen für Tibet — (www.china.org)). eit dem Ende der neunziger Jahre versucht Peking, den Aufschwung der Küstenprovinzen auch auf die im Hinterland gelegenen Autonomen Regionen auszudehnen. “Tibet darf nicht für immer rückständig bleiben” war die Losung, die der damalige Parteichef Jiang Zemin ausgegeben hat. Diese Investitionen sind bisher allerdings hauptsächlich den Städten und den dort angesiedelten Han-Chinesen zu Gute gekommen. In den nächsten Jahren sollen die Stromversorgung flächendeckend für alle Tibeter gesichert werden. Tibet wird “verwestlicht” — und mit der wirtschaftlichen Entwicklung verliert die Religion und damit auch die Symbolfigur des Dalai Lama an Bedeutung.
Strategische Bedeutung:
“Tibets Sicherheit bedeutet Chinas Sicherheit” hieß es in den Jubelreden zum 40. Jahrestag der “Autonomen Region Tibet”. Da ist was drann: das tibetanische Hochland lässt sich mit modernen Waffen zu einer uneinnehmbaren Festung ausbauen, von dem aus zugleich die angrenzenden Regionen — von Nordindien mit dem Gangesdelta über Pakistan und die chinesische Westprovinz Sinkiang mit den für die heutige chinesische Wirtschaft so bedeutenden Verbindungsstraßen bis zu den chinesischen Kernprovinzen im Osten — bedroht werden können.
China hat die Provinz inzwischen für Touristen geöffnet — ein Zeichen, dass die chinesischen Herrschaft offenbar sicherer ist als noch vor einigen Jahren.