Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Der Einsatzverband »Militärische Evakuierungsoperation« (MilEvakOp) hat seinen ersten Einsatz erfolgreich abgeschlossen. Aufgrund der krisenhaften Entwicklung in Libyen hatte das Auswärtige Amt am 21. Februar 2011 die Bereitstellung militärischer Evakuierungsfähigkeiten beantragt. Die Luftwaffe begann bereits einen Tag später, deutsche Staatsbürger mit Transportflugzeugen, zunächst ohne Sicherung durch Heeressoldaten, aus Tripolis auszufliegen. Die Deutsche Marine verlegte den Ausbildungs- und Einsatzverband, bestehend aus den Fregatten Brandenburg und Rheinland-Pfalz sowie dem Einsatzgruppenversorger Berlin aus dem westlichen Mittelmeer in die Gewässer vor Libyen. Ein zweiter Bordhubschrauber Sea King verstärkte die Fähigkeiten.
Am 26. Februar 2011 verlegte die Masse des Einsatzverbandes MilEvakOp von Deutschland nach Souda auf Kreta. Er umfasste neben dem bereits vor Ort befindlichen Marineeinsatzverband und den Lufttransportkräften einen Gefechtsverband des Seedorfer Fallschirmjägerbataillons 373, der durch Feldjäger, Sprachmittler und weitere Spezialisten verstärkt worden war. In Seedorf stand ein Fallschirmjäger- Spezialzug mit der Befähigung bereit, eine unklare Landepiste durch Fallschirmsprung zu nehmen und für die Landung der Transportflugzeuge vorzubereiten. Die Führung des Einsatzverbandes einschließlich des Marineverbandes erfolgte durch Brigadegeneral Volker Bescht, stellvertretender Kommandeur der Division Spezielle Operationen (DSO), unterstützt durch Teile des Divisionsstabes aus Stadtallendorf.
Am selben Tag erfolgte die durch Fallschirmjäger und Feldjäger gesicherte Evakuierung von 132 Personen, darunter 22 deutschen Staatsbürgern, mit zwei Transall C‑160 aus Nafurah im Südosten Libyens. Das dortige Flugfeld der Ölfirma Wintershall wurde von einer Tuareg-Miliz gesichert, die unter der Führung eines ehemaligen britischen Oberst stand. Er sorgte dafür, dass der Platz ausschließlich von deutschen und britischen Evakuierungskräften, nicht aber von den Bürgerkriegsparteien genutzt werden konnte.
MilEvakOp |
In den folgenden Tagen stand der Verband für weitere Luft-Evakuierungen aus der Libyschen Wüste sowie für mögliche kombinierte Luft-/See-Evakuierungen aus dem Raum Benghasi, später aus dem Raum Tripolis, bereit. Die besonderen Fähigkeiten des Marineverbandes mit seinen Bordhubschraubern und Speedbooten fanden bei allen Operationsplanungen angemessene Berücksichtigung. Die Kräfte kamen jedoch nicht mehr zum Einsatz. Nachdem alle ausreisewilligen Europäer Libyen verlassen konnten, wurde am 3. März 2011 die Operation »Pegasus« für beendet erklärt. Die Zahl der durch die Bundeswehr evakuierten Bürger belief sich insgesamt auf 262, davon waren 125 deutsche Staatsbürger.
Der Marineeinsatzverband wurde aus dem Kräftedispositiv MilEvakOp herausgelöst, verblieb jedoch vor Ort und beteiligte sich an der internationalen Hilfsaktion zur Rückführung ägyptischer Staatsbürger von Tunesien nach Ägypten.
Die Division Spezielle Operationen ist ständig darauf eingestellt, militärische Evakuierungsoperationen mit Kräften aller Teilstreitkräfte und militärischen Organisationsbereiche zu führen, und hat diese besondere Fähigkeit in den vergangenen Jahren immer wieder durch Übungen wie »Schneller Adler« oder »Extricate Owl« unter Beweis gestellt.
Der Führer des Einsatzverbandes, Brigadegeneral Bescht, zeigte sich zufrieden über den Verlauf der Operation. Die Zusammenarbeit zwischen den Kräften aus Heer, Luftwaffe, Marine und Streitkräftebasis verlief ausgezeichnet und die eingeübten Verfahren konnten erfolgreich im Einsatz angewandt werden: »Wir waren gut vorbereitet und stehen für weitere Einsätze bereit.«
Generalleutnant Glatz, Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, begrüßte die zurückgekehrten Soldaten des Einsatzverbandes in Wunstorf auf dem Rollfeld in Wunstorf und sprach ihnen Dank und Anerkennung aus.
Für den Einsatzverband MilEvakOp gilt es jetzt, die bei Pegasus gemachten Erfahrungen schnell umzusetzen, denn auch Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere äußerte sich noch am Tag der Rückkehr mit Blick auf die weltpolitische Lage in einem Fernsehinterview: »Möglicherweise war es nicht die letzte vergleichbare Aktion.«
Zum Autor
Oberst i.G. Stefan Ulrich Geilen ist Chef des Stabes der Division Spezielle Operationen