Norwegen — Die norwegische Küstenwache

Zusam­me­nar­beit mit Rus­s­land
Wach­sender Schiffsverkehr von und zu den rus­sis­chen Bar­entssee­häfen ins­beson­dere mit Öl- und Gas­tankern, die zahlre­ichen rus­sis­chen Fis­chereifahrzeuge und die geografis­chen Ver­hält­nisse machen eine Zusam­me­nar­beit mit der Fis­chereiauf­sicht und der Küstenwache Rus­s­lands unver­mei­dlich. Sie ver­läuft nicht prob­lem­los und wird gele­gentlich von poli­tis­chen Krisen zwis­chen Wes­teu­ropa und Rus­s­land bee­in­flusst, ver­läuft nach Ein­schätzung der nor­wegis­chen Küstenwache im Großen und Ganzen aber prag­ma­tisch und vom Willen beseelt, konkrete Prob­leme im gegen­seit­i­gen Ver­ständ­nis zu lösen. Jedes zweite Jahr wird wech­sel­weise in Nor­we­gen und Rus­s­land eine Übung zwis­chen bei­den Küstenwachen abge­hal­ten, um das Zusam­men­spiel im Katas­tro­phen­fall zu üben. Dazu gehört auch das Anlaufen von son­st für west­liche Schiffe ges­per­rter rus­sis­ch­er Häfen. Disku­tiert wird ein gemein­sames Daten­sys­tem, um ille­gal fis­chende Fahrzeuge gemein­sam zu reg­istri­eren und rechtlich ver­fol­gen zu kön­nen. Gegen­wär­tig wer­den solche Infor­ma­tio­nen per Email ausgetauscht. 

2008 wurde erst­mals die gegen­seit­ige Anwe­sen­heit von nor­wegis­chen und rus­sis­chen Fis­cherei­in­spek­toren auf den Schif­f­en der Küstenwache des jew­eili­gen Nach­barn prak­tiziert, um gemein­same Kon­trollen durchzuführen. Hier trifft sich je ein Schiff der nor­wegis­chen und rus­sis­chen Küstenwache in der so genan­nten Grau­zone, führen den Wech­sel durch und set­zen dann Kurs in die Wirtschaft­szo­nen ihrer Län­der. Die sog. ELEK­TRON-Affäre, als ein ille­gal fis­chen­der rus­sis­ch­er Trawler zwei nor­wegis­che Inspek­teure in rus­sis­che Gewäss­er ent­führte, um der Kon­trolle und Strafe zu ent­ge­hen, war der Aus­gangspunkt für diese Initiative. 

Bei Kon­trollen an Bord rus­sis­ch­er Fahrzeuge wird auf Englisch kom­mu­niziert. Für Ange­hörige der Küstenwache gibt es die Möglichkeit, inner­halb der Stre­itkräfte Rus­sisch zu erler­nen. Bei Ver­hand­lun­gen mit der rus­sis­chen Fis­chereibehörde wer­den Dol­metsch­er eingeschaltet. 

Grau­zo­nen und Spitzber­gen
Spezielle juris­tis­che Her­aus­forderun­gen für die Arbeit der Küstenwache stellen zwei umstrit­tene Meeres­ge­bi­ete dar. Diese Schlupflöch­er (Loop Holes) liegen zu weit weg vom nor­wegis­chen Fes­t­land­sock­el und sind daher kein Teil der umliegen­den nor­wegis­chen Wirtschaft­szone. Die meis­ten Kon­flik­t­fälle zu ille­galer Fis­cherei spie­len sich in diesen Gewässern ab, in denen die Küstenwache nicht ein­greifen bzw. keine Beweise sich­ern kann, wenn die Fis­chereifahrzeuge sie ver­lassen haben und durch nor­wegis­che Gewäss­er fahren. 

Die Sta­tis­tik der Küstenwache weist keine beson­deren Prob­lem­län­der auf, und die Zahl eventueller Auf­bringun­gen spiegelt das Aktiv­ität­sniveau der einzel­nen Län­der wider. Beseit­igt wer­den kann das Prob­lem nur durch ein eng­maschiges Netz zur Kon­trolle und den Ursprungsnach­weis für gefan­genen Fisch, das sowohl die EU-Län­der als auch Rus­s­land umfasst sowie den Willen von Behör­den und Fis­ch­ern, die Fis­chbestände vor Über­fis­chung zu bewahren. 

Die Schiffe der Küstenwache üben ihre Kon­trolltätigkeit auch in den Gewässern um Spitzber­gen (Sval­bard) herum aus und laufen auch dor­tige Häfen an. Ihre Anwe­sen­heit und Tätigkeit ste­ht nicht im Wider­spruch zum Sval­bard-Ver­trag von 1920. Dieser ver­bi­etet nur die per­ma­nente Sta­tion­ierung von Trup­pen und die Befes­ti­gung der Inseln, nicht aber das gele­gentliche Anlaufen oder den Gebrauch von Marine­fahrzeu­gen zur Ausübung zivil­er Funk­tio­nen wie z.B. der Fis­chereikon­trolle. Der Ver­trag ver­hin­dert auch nicht, dass die Insel­gruppe ein Teil des NATO-Vertei­di­gungs­ge­bi­etes ist. Gle­ichzeit­ig gebi­etet der Ver­trag, dass alle Ver­trag­sun­terze­ich­n­er gle­iche Rechte zur Ausübung von Fis­cherei, Jagd und Rohstof­fab­bau haben, ohne zu ver­bi­eten, dass nor­wegis­che Behör­den Quoten, Konzes­sio­nen u.ä. vergeben, die das Gle­ich­heit­sprinzip der unterze­ich­nen­den Natio­nen ver­let­zen würde. Auch Deutsch­land ist Unterze­ich­n­er des Sval­bard-Ver­trages, doch his­torisch und gegen­wär­tig ist es nur Rus­s­land, das die gewährten Rechte im großen Umfang nutzt. 

Abschluss­be­tra­ch­tung
Mit der Indi­en­st­stel­lung der Schiffe der BAR­ENTSHAV-Klasse und der Mod­ernisierung der NORD­KAPP-Klasse wird die nor­wegis­che Küstenwache über eine mod­erne Flotte ver­fü­gen, die ihrem Mot­to »Jed­erzeit zur Stelle« gerecht wer­den kann. Beste­hende Prob­leme mit Rus­s­land wer­den gelöst wer­den, da bei­de Seit­en an prag­ma­tis­chen Lösun­gen zum bei­der­seit­i­gen Nutzen inter­essiert sind. 

Nor­we­gens Zukun­ftsstrate­gie ist mar­itim ori­en­tiert (Fis­cherei, Off­shorein­dus­trie) und jed­wede Regierung wird Mit­tel find­en, der Küstenwache die notwendi­gen Ressourcen zur Ver­fü­gung zu stellen, um eine effek­tive Kon­trolle und Sou­veränität­sausübung zu sich­ern. Von poli­tis­ch­er Seite set­zte Vertei­di­gungsmin­is­terin Anne-Grete Strøm-Erich­sen während ihres diesjähri­gen Neu­jahrsvor­trages vor der nor­wegis­chen Mil­itärge­sellschaft in Oslo neue Akzente, als sie mehr Fokus auf die nor­wegis­chen Inter­essen­zo­nen forderte, um auch von einem immer selb­st­be­wusster auftre­tenden Rus­s­land als glaub­würdi­ger Mit­spiel­er in der Ark­tis ange­se­hen zu werden. 

Team GlobDef

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