Die Zukunft der US-Isländischen Sicherheitsbeziehungen
Die amerikanische Position
Von Sidney E. Dean
Das US-Militär zog Ende September 2006 beinahe sein gesamtes auf Island verbliebenes Personal ab und schloss den Marinestützpunkt Keflavík. Lediglich die sieben Gebäude umfassende Radiokommunikationsanlage Grindavik, 20 Kilometer von Keflavik entfernt, verbleibt im Besitz der US-Navy.
Washington begründete den Abzug damit, dass die während des Kalten Krieges existierende Bedrohung der strategisch gelegenen Inselrepublik und der nordatlantischen Gewässer zwischen Grönland und Großbritannien längst verschwunden sei. Bereits 1996 wurde die US-Präsenz auf Island von über 3.000 US-Navy und Air Force Angehörigen auf knapp 1.200 reduziert; als Einsatzkräfte verblieben danach nur noch eine Air Force S&R Staffel mit vier Hubschraubern sowie die turnusmäßige Verlegung von vier F‑15 Abfangjägern der Nationalgarde als Luftverteidigungskräfte. Dennoch kostete die Island-Stationierung das Pentagon 260 Millionen Dollar jährlich. Letztendlich war die Abzugsentscheidung von 2006 ressourcenbedingt; Washington braucht angesichts laufender Einsätze das Personal und das Geld einfach andernorts.
Abkommen bleibt in Kraft
Das State Department betont, dass Washington weiterhin voll zu seinen bi- und multilateralen Beistandsverpflichtungen für Island steht. Hierzu gehören sowohl das Beistandsabkommen von 1951 sowie die Beistandsverpflichtung unter Artikel V des NATO-Vertrages.
Die fortgesetzte Gültigkeit des Abkommens von 1951 ist auch formeller Bestandteil des Ende September 2006 paraphierten US-Isländischen Abkommens zur Regelung des amerikanischen Abzuges und der Rückgabe der US-Anlagen an Reykjavik. Island verpflichtet sich in der Vereinbarung von 2006 seinerseits, den Streitkräften der USA und anderer NATO-Staaten Zugang zu gewähren, um die Sicherheit sowohl Islands wie des allgemeinen Bündnisgebietes zu gewährleisten.
Am 11. Oktober 2006 wurde ein weiteres US-Isländisches Dokument unterzeichnet, in dem sich beide Länder grundsätzlich über ihre künftige Sicherheitspartnerschaft verständigen. Dieses bilaterale »Joint Understanding« Dokument vereinbart u.a.:
Die bedarfsgerechte »dynamische« Verteidigung Islands durch mobile US-Streitkräfte, die in den USA oder andernorts stationiert sind;
Die Schaffung direkter bilateraler Kommunikationskanäle auf der operativen Ebene wie auf der Führungsebene, um die Koordination in Krisenzeiten zu gewährleisten;
Das jährliche Abhalten bi- und multilateraler Übungen auf Island sowie in den Gewässern und dem Luftraum Islands;
Die Einrichtung regelmäßiger Sicherheitskonsultationen auf der Führungs- wie der Arbeitsebene. Diese Gespräche sollen sowohl strategische Fragen globaler und regionaler Art sowie die praktische Zusammenarbeit auf den Gebieten Terrorbekämpfung, Grenzsicherung und maritime Sicherheit umfassen. Ferner wurde der Austausch relevanter nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über den US-Verteidigungsattaché in Reykjavik vereinbart;
Verstärkte Kooperation zwischen der US-Coast Guard und der isländischen Küstenwache. Hierzu gehören gemeinsame Übungen, Ausbildungsprogramme sowie Personalaustausch in beiden Richtungen. Ferner soll die Einbindung Islands in das 1999 vereinbarte S&R‑Abkommen zwischen den USA, Kanada und Großbritannien erörtert werden;
Verstärkte Kooperation (inklusive gemeinsamer Übungen, Ausbildungsprogramme und Personalaustausch) zwischen Polizei- und Grenzschutzbehörden beider Länder sowie amerikanischen Spezialkräften, mit Schwerpunkt Terrorbekämpfung und Grenzsicherung.
Förderung der skandinavischen Beistandsvereinbarungen
Washington unterstützte aktiv die norwegisch-dänische Initiative, das durch den Abzug stehender US-Verbände entstehende Vakuum zu füllen. Die US-Regierung betätigte sich auch innerhalb der NATO als Advokat Islands, um eine intensivere Bündnisaktivität zugunsten der Inselrepublik zu gewährleisten. Ein Beispiel ist die amerikanische Unterstützung des isländischen Vorschlags einer gemeinsamen Luftraumüberwachung durch Norwegen, Dänemark, Großbritannien, Kanada und den USA.
Die Verteilung der Verteidigungslasten unter den NATOPartnern setzt amerikanische Ressourcen frei und erweitert gleichzeitig die Grundlagen der isländischen Sicherheit. Washington betont ferner, dass auf politischer Ebene die einseitige Abhängigkeit Reykjaviks von Washington durch eine gleichwertigere Partnerschaft abgelöst wird.
»Die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern stehen nun auf einer viel gleichwertigeren Grundlage«, erklärte der Stellvertretende US-Außenminister, Nicholas Burns, während seines Islandbesuches am 14. Juni 2007. »Falls eine Bedrohung Islands entsteht, verteidigen wir Sie. Aber ich glaube nicht, dass man [eine ständige Truppenpräsenz] hier braucht, um diese Verpflichtung auszudrücken. Sie können Ihre Sicherheit wieder voll in die eigenen Hände nehmen, in dem sicheren Bewusstsein, in einem Bündnis zu leben, das Sie ebenfalls beschützt (…) Ich glaube, dies ist eine viel modernere Art, die Verteidigung zu betrachten. Ich glaube, dieser Wechsel war notwendig [und] ich glaube, dass wir als gleichwertige Partner besser dran sind.«