Niederlande — Koninklijke Marine — Vom “Niedergang” einer früheren Seemacht

NATO ‑Marine

UJagdzerstörer FRIESLAND-Klasse 1956 (Foto: niederl. Marine)
UJagdz­er­stör­er FRIES­LAND-Klasse 1956 (Foto: niederl. Marine)
Netherlands Marines (Foto: niederl. Marine)
Nether­lands Marines (Foto: niederl. Marine)

Der teure Kolo­nialkrieg zwingt zur Ver­nach­läs­si­gung der Stre­itkräfte in der Heimat, und die Marine kann nicht alle Vorhaben finanzieren. Ohne­hin sind vom ein­sti­gen Kolo­nial­re­ich nur noch die karibis­chen Nieder­ländis­chen Antillen geblieben. Dazu kommt, dass mit Grün­dung der NATO (1949) erst ein­mal Heer und Luft­waffe Pri­or­ität bei der Rüs­tungs­pla­nung erhal­ten. Die Marine muss auf weit­ere Flugzeugträger verzicht­en; zwei Ende der 1930er Jahre gebaute leichte Kreuzer wer­den aus­ge­mustert; die neuen Kreuzer DE RUYTER und DE ZEVEN PROVENCIEN wer­den allerd­ings fer­tig gebaut, und aus den USA und Großbri­tan­nien gibt es kostengün­stig gebrauchte Geleitzer­stör­er, U‑Jagdkorvetten, U‑Boote, Seefer­naufk­lärungs­flugzeuge und Hubschrauber. 

Erst mit Aus­bruch des Kore­akrieges (1953) löst sich der sicher­heit­spoli­tis­che Blick von den europäis­chen Land­fron­ten. Die plöt­zlich wieder mögliche Notwendigkeit eines mil­itärischen Engage­ments in Übersee bringt die Marine wieder ins Blick­feld. Überdies bes­tim­men natür­lich auch Kalter Krieg und Vertei­di­gung im NATO-Bünd­nis das Gesicht der nieder­ländis­chen Marine. Ihre Hauptein­satzge­bi­ete liegen im Nor­dat­lantik und in der Nord­see. Gegen die Bedro­hung durch die sow­jetis­che Nord­flotte und Baltische Flotte sollen ihre Fre­gat­ten, U‑Boote, Seefer­naufk­lär­er und schließlich eine starke Minen­ab­wehrkom­po­nente hier den rei­bungslosen Fluss der NATO-Ver­stärkung über den Nor­dat­lantik bis in die Nord­see­häfen gewährleis­ten. Darüber hin­aus sollen nieder­ländis­che Marine­in­fan­ter­is­ten im Ver­bund mit britis­chen Roy­al Marines (UK/NL Amphibi­ous Force) im nördlichen Nor­we­gen die NATO-Nord­flanke verteidigen. 

Unter diesen Rah­menbe­din­gun­gen plädiert die Regierung nun für den Erhalt ein­er aus­ge­wo­ge­nen Flotte. 1956 nen­nt diese immer­hin einen Flugzeugträger, zwei Kreuzer, 18 meist für U‑Jagdaufgaben opti­mierte Zer­stör­er , 23 Fre­gat­ten/U‑­Jagd- Korvet­ten, 11 U‑Boote sowie mehr als 50 Minen­ab­wehrfahrzeuge ihr eigen. Zu Let­zteren gehören u.a. 20 Minen­such­er, die im Rah­men des Mutu­al Defense Assis­tance Pro­gram nach US-Designs in den USA gebaut wer­den; weit­ere 32 (!) u.a. der DOKKUM-Klasse entste­hen auf nieder­ländis­chen Werften. 20 Lan­dungs­fahrzeuge unter­stützen die 4.000 Mann zäh­lende Marine­in­fan­terie; die Marine­flieger ver­fü­gen über Aufk­lärungs­flugzeuge und Hubschrauber. 

Zwar entwick­eln sich Sicher­heit­spoli­tik und damit ver­bun­den auch Marinerüs­tung der Nieder­lande nun in enger Abstim­mung mit den NATO-Bünd­nis­part­nern, aber nicht über­all macht man den begin­nen­den Rüs­tungswet­t­lauf mit dem Ost­block mit. Aus­gewählte Fähigkeit­en als geziel­ter und spez­i­fis­ch­er Beitrag zum Bünd­nis bes­tim­men vielmehr die Pri­or­itäten. Ohne das frühere Kolo­nial­re­ich gehören Flugzeugträger und Kreuzer nicht mehr dazu, und so wird die Karel Door­man nach 20 Jahren Dien­stzeit 1968 nach Argen­tinien verkauft. 1972 wird der Kreuzer DE RUYTER, 1976 auch die DE ZEVEN PROVENCIEN an die peru­anis­che Marine abgegeben. 

Flugabwehrzerstörer TROMP (Foto: niederl. Marine)
Flu­gab­wehrz­er­stör­er TROMP (Foto: niederl. Marine)

Bei der notwendig wer­den­den zyk­lis­chen Erneuerung der Flotte spie­len gebrauchte Schiffe keine Rolle mehr. Statt dessen kom­men nun heimis­che Werften mit Neubaut­en zum Zuge. 1967/68 wer­den sechs neue Fre­gat­ten der VAN SPEIJK-Klasse (ähn­lich der britis­chen LEAN­DER-Klasse) in Dienst gestellt, und Anfang der 1960er Jahren laufen vier erste auf eige­nen Werften entwick­elte kon­ven­tionell diese­lelek­trisch angetriebene U‑Boote zu. 

Zwei weit­ere U‑Boot-Neubaut­en (ZWAARD­VIS-Klasse) wer­den in Auf­trag gegeben und 1972 in Dienst gestellt. 

Mit dem Ver­sorg­er POOLSTER erhält die Marine 1964 schließlich eine erste echte Seev­er­sorgungskom­po­nente; 1975 fol­gt mit der ZUIDERKRUIS ein zweites Schiff. Mit 13 Seefer­naufk­lär­ern P‑3C Ori­on und neuen U‑Jagdhubschraubern Lynx wird die Marine­fliegerkom­po­nente modernisiert. 

Natür­lich sind nicht alle Wün­sche auch bezahlbar. So wird der angedachte Bau eines nuk­lear getriebe­nen U‑Bootes gestrichen, und von vier geplanten Flu­gab­wehr-Zer­stör­ern der TROMP-Klasse wer­den nur zwei gebaut. 

Als »Schlager« erweisen sich dann aber neue Fre­gat­ten. Mitte der 1970er Jahre wer­den zunächst vier Schiffe der KOR­TE­NAER-Klasse in Dienst gestellt. Mit u.a. Flu­gab­wehr-FK Sea Spar­row, Har­poon Seeziel-FK, 76-mm-Geschütz und U‑Jagdbordhubschrauber kön­nen sie prak­tisch das gesamte Spek­trum mod­ern­der Seekriegs­führung abdeck­en; sie wer­den die ersten Mehrzweck­fre­gat­ten der NATO (und auch Vor­lage für die deutschen Fre­gat­ten Klasse 122). 

 Fregatte der KORTENAER-Klasse (Foto: Michael Nitz)
Fre­gat­te der KOR­TE­NAER-Klasse (Foto: Michael Nitz)

1983 hat die nieder­ländis­che Marine zwölf Schiffe dieses Typs in Dienst. Sie erset­zen nach und nach noch aus den 1950er Jahren stam­mende Schiffe und wer­den schließlich auch noch durch zwei Schiffe ein­er für Flu­gab­wehr- und Führungsauf­gaben opti­mierten Vari­ante ergänzt. Kurz nach Zulauf der let­zten KORTENAER begin­nt bere­its der Bau ein­er neuen Klasse von Mehrzweck­fre­gat­ten. Acht Schiffe der KAREL DOOR­MAN-Klasse wer­den bestellt (und par­al­lel zu deren Zulauf KORTENAER nach Griechen­land verkauft). 

Anfang der 1980er Jahre ist es nun auch Zeit für eine Erneuerung der Minen­ab­wehrkom­po­nente, die sich Ende der 1970er Jahre noch immer auf die mehr als 20 Jahre zuvor nach US-(Weltkriegs-)Design gebaut­en Minen­such­er abstützt. Gemein­sam mit Frankre­ich und Bel­gien (»Tri­par­tite«) wer­den Minen­jagdboote der ALK­MAAR-Klasse entwick­elt. Zwis­chen 1981 und 1987 stellt die nieder­ländis­che Marine 15 Boote dieses Typs in Dienst. 

 U-Boote der WALRUS-Klasse (Foto: niederl. Marine)
U‑Boote der WAL­RUS-Klasse (Foto: niederl. Marine)

Auch die U‑Boot-Kom­po­nente wird weit­er mod­ernisiert. Vier U‑Boote der WAL­RUS-Klasse erset­zen bis Anfang der 1990er Jahre alte U‑Boote.

Team GlobDef

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