»Die Vereinigten Staaten betrachten den Mittelmeerraum als einen strategischen Raum, in dem es gilt, mögliche militärische Risiken für die Sicherheit amerikanischer Truppen in Europa abzuwenden. Gleichzeitig dient es als potenzielles Aufmarschgebiet, um in Konflikte im Nahen Osten sowie im Persischen Golf zu intervenieren.« Nicht zuletzt ist die mit diesen Aufgaben betraute Sechste Flotte der US-Navy auch eine Sicherheitsgarantie für Israel. Die Anrainerstaaten nutzen die See als Ressource, als Transportweg und als Mittel der Politik.
Russischer Flugzeugträger KUZNETSOV 2008 in der Straße von Gibraltar (Foto: nn / INternet) |
In Zeiten zunehmender transnationaler Herausforderungen haben allerdings auch indirekte Anrainerstaaten Interessen am Mare Nostrum, wie die alten Römer das Mittelmeer bezeichneten. Heute ist diese Bezeichnung aktueller denn je. Allerdings hat das Meer in seiner Bedeutung beträchtlich zugenommen und sich vom europäischen Binnenmeer zu einem integralen Bestandteil des globalen maritimen Systems verwandelt. Es ist zu einem Mare Omnium geworden.
Wichtige Handelsrouten kreuzen sich entlang der etwa 2,5 Mio. km2 Fläche. Zugleich gibt es mit der Straße von Gibraltar, mit den Dardanellen/dem Bosporus und dem Suezkanal gleich drei Chokepoints ersten Ranges, durch deren Sperrung aus politischen Gründen oder durch eine mutwillige Blockade besondere Gefahr droht.
Darüber hinaus kommt neben nichtstaatlichen Akteuren auch unterschiedlichen Foren, Gemeinschaften und Sicherheitspartnerschaften eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist die Art der Konfliktprävention und Krisenbewältigung unter den Beteiligten jedoch sehr unterschiedlich. Die nördlichen Anrainerstaaten des Mittelmeeres verfolgen traditionell einen Ansatz kooperativer Sicherheit, das heißt: Einbindung in Institutionen, Organisationen, Rahmenverträge wie der NATO, der EU oder der OSZE. Die südlichen und östlichen Anlieger haben in der Vergangenheit eher individuell gehandelt oder temporäre bilaterale Abmachungen favorisiert. Foren kooperativer Sicherheitsvorsorge werden weniger als Chance denn als Eingriff in die nationale Souveränität gesehen.
Vor diesem Hintergrund ist auch das syrische und russische Verhalten zu bewerten. Syrien ist gegenüber Einbindungsversuchen Dritter vorsichtig und sucht stattdessen das bewährte Zweierbündnis. Russland – kein Mittelmeeranrainer – nutzt dies und vermeidet so Umwege über bindende Institutionen. Eine verstärkte russische Präsenz im Mittelmeer wäre daher für alle ein potenzieller Störfaktor. Die Situation wird also noch komplexer, als sie bereits ist.