Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “Marineforum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
(Klaus Mommsen ist als Redakteur des MarineForum zuständig für die Berichterstattung zu ausländischen Marinen)
Am 21. Oktober 1967 wird vor Port Said der Zerstörer EILAT von ägyptischen FK-S-Booten versenkt, und die arabischen Staaten feiern einen “historischen Sieg” über den Erzfeind. Mit dem ehemals britischen Weltkriegs-Zerstörer (ex-HMS ZEALOUS) verliert die israelische Marine ihre größte Einheit. Und als nur wenig später — im Januar 1968 — das gerade erst in Großbritannien erworbene U‑Boot DAKAR auf seiner Überführungsfahrt spurlos verschwindet (erst 1999 wird es südlich Kreta in 2.900 m Tiefe gefunden), hat sie kaum noch Optionen, über ihr eigenes Küstenvorfeld hinaus seewärts in die strategische Tiefe des Mittelmeeres zu operieren. Sie zieht sich als Kleinbootmarine auf küstennahe Regionen zurück.
Die arabischen Staaten, die durchaus über veritable Flotten verfügen, machen ihr dies allerdings leicht. Ihre politischen wie militärischen Führer ignorieren die Hohe See als eigenen Kriegsschauplatz und begreifen ihre Marinen durchweg nur als verlängerten Arm der Landstreitkräfte zur Absicherung deren seeseitiger Flanke. Ihre Einheiten sind nur sehr selten außerhalb der eigenen Küstengewässer anzutreffen, scheinen oft (U‑Boote) auch nur Prestigezwecken zu dienen. Bei diesem beschränkten Selbstverständnis sind sie nicht in der Lage, ihre Seekriegsmittel mit wirklich strategischer Zielsetzung gegen Israel zu projizieren — den jüdischen Staat also von See her effektiv zu bedrohen.
“Wie kann ein Feind uns schaden” ?
Das hat natürlich Konsequenzen. Im — unmittelbar an der existentiellen Bedrohung Israels orientierten — Verteilungskampf der Teilstreitkräfte rangiert die Marine weit hinter Heer und Luftwaffe. Dies hindert sie jedoch nicht, sich zielorientiert auf die Optimierung ihrer begrenzten Mittel zu konzentrieren; und sie zieht die Lehren aus dem Verlust der EILAT. Für das operative Konzept zentrale Frage ist nicht “wie können wir einen Feind von See her an Land bekämpfen ?, sondern “wie kann ein Feind uns auf See schaden ?” Die Antwort führt konsequent zu kleinen Einheiten, die überlegene Taktik sowie hohe Geschwindigkeit und Feuerkraft in ein Seegefecht einbringen können. Am Ende der konzeptionellen Überlegungen steht so eine vorrangig defensiv ausgerichtete, schlagkräftige Kleinbootmarine, die im Kriege allerdings durchaus auch offensiv ihren Gegner suchen sollen.
Das Konzept bewährt sich erstmals 1973, als israelische FK-S-Boote der syrischen Marine direkt vor der syrischen Hafenstadt Latakia und wenig später auch der ägyptischen Marine vernichtende Niederlagen beibringen — was nachfolgend effektive Seeblockaden von Schlüsselhäfen beider Länder ermöglicht. Auch im Libanon-Konflikt spielen die kleinen Einheiten ihre speziellen Vorzüge aus. Die drei Mitte der 70-er Jahre in Großbritannien (nach deutschen Plänen) gebauten U‑Boote der GAL-Klasse (ähnlich deutscher Typ 206) und die in Israel (mit US-Lizenz) gebauten 20-m-Boote DABUR zeichnen sich in Kommandoeinsätzen und Patrouillen dicht unter Land aus, während die etwas größeren SA´AR-Boote (deutsch: “Sturm”) weiter vor der Küste die Handelsschifffahrt effektiv überwachen und Infiltrationsversuche palästinensischer Terroristen schon im Ansatz vereiteln. In diesen Operationen findet die israelische Marine ihr Selbstverständnis und ihren Stolz.
Neubeginn auf drei Säulen
Diese trotz aller Beschränkungen doch relativ “heile Welt” ändert sich in den 80-er Jahren. Als Ägypten moderne Fregatten (KNOX) aus den USA und U‑Boote (ROMEO) aus China erhält, Libyen und Algerien in der Sowjetunion FK-Fregatten KONI und FK-Korvetten NANUCHKA beschaffen, Algerien modernste sowjetische U‑Boote KILO importiert und schließlich erste Informationen auf den bevorstehenden Transfer von U‑Booten der KILO-Klasse auch zur iranischen Marine deuten, schlagen Verteidigungsexperten Alarm und drängen auf eine Anpassung der konzeptionellen Basis der israelischen Marine. Sie sei integrales Element der Landesverteidigung und müsse als solches zwingend zur Bekämpfung auch weit entfernter Bedrohungen befähigt werden.
Ein konzeptioneller Neuansatz sieht die künftige Flotte auf drei Säulen:
- weiterhin kleine, aber sehr stark bewaffnete FK-Träger sowie superschnelle PC;
- dazu dann aber größere Korvetten mit der Fähigkeit zu U‑Jagd und länger dauernden Operationen auf Hoher See;
- und schließlich U‑Boote mit großer operativer Reichweite und Fähigkeit zur Seeziel-Bekämpfung sowie U‑Jagd
1988 wird denn auch ein erstes Modernisierungsprogramm gebilligt, das neben einer Kampfwertsteigerung älterer S‑Boote und der Beschaffung von neuen kleinen Patrouillenbooten auch einen Erwerb von bis zu acht Korvetten und drei neuen U‑Booten vorsieht. Trotz der neuen Prioritäten erweist sich diese neue “3‑Säulen-Marine” aber schon bald als finanziell doch zu ambitiös.