Kosovo – Humanitäre Intervention oder machtpolitische Intervention?
Die Kosovo-Intervention der NATO kann man natürlich als Humanitäre Intervention des Westens ansehen, um die serbische Unterdrückung der albanischen Mehrheit zu stoppen. Folgt man dieser Lesart, so ist die Unabhängigkeit der Provinz letztlich eine späte, aber logische Konsequenz aus dieser westlichen Intervention. Diese Version vertreten letztlich die USA und das Gros der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Allerdings gibt es zahlreiche Punkte, die diese Sicht doch eintrüben und man muss dabei nicht mal nur auf Moskaus und Belgrads Pochen auf die nationale Souveränität und die territoriale Integrität Serbiens sich beschränken. Schaut man sich den politischen Prozess im und um das Kosovo genauer an, dann sieht man mehrere Problempunkte, die schon 1991 mit der westlichen Untätigkeit zu Beginn der Balkankriege beginnen.
Unterdrückung von ethnischen Gruppen ist weltweit auf der Tagesordnung. Zustände wie im Kosovo seit den 1990er Jahren gibt es weltweit zu Hauf, doch interveniert die NATO nicht ständig und garantiert die Unabhängigkeit einer unterdrückten ethnischen oder religiösen Gruppe. Dies ist absolut die Ausnahme, schließlich sichert die UN-Charta allen Staaten ihre nationale Souveränität und territoriale Integrität zu, das bedeutet also Schutz vor Einmischungen von außen. Dies ist eine fundamentale Grundlage des Völkerrechts und Russland und Serbien pochen rein rechtlich gesehen zu Recht darauf. Allerdings muss man hier sehen, dass diese völkerrechtlichen Regeln noch aus den Zeiten des Westfälischen Staatensystems stammen. Damals hatte sich in Europa ein Staatensystem mit bestimmten Regeln etabliert, was im Zuge der Kolonialisierung und des Imperialismus und der nachfolgenden Dekolonialisierung Vorbild für die Welt wurde. Die UN-Charta, orientierte sich letztlich in ihren Grundzügen am Staatenrecht des Westfälischen Staatensystems.
Und dieses verbietet de facto Einmischung in die inneren Angelegenheiten. Allerdings wurden diese völkerrechtlichen Grundregeln zu einer Zeit entwickelt, in denen universale Menschenrechte, Demokratie, Massenmedien so noch nicht existierten.
Durch die stärkere Geltung für Menschenrechte im 20. Jahrhundert kam daher der Grundsatz der nationalen Souveränität immer mehr in Konflikt mit dem Grundsatz allgemein gültiger, einforderbarer Menschenrechte. Diese Diskussion kennzeichnet auch letztlich die Diskussion um die Humanitären Interventionen, die aber letztlich sehr umstritten sind. Ein weiteres Folgeproblem der Humanitären Interventionen ist aber ihre Durchführung, denn auf wessen Seite und wie soll man in komplexen Konfliktzusammenhängen eingreifen, um allgemein und universal den Menschenrechten Achtung zu verschaffen? Da außerdem in so vielen Weltgegenden die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, wie soll man selektieren, wo und wie man interveniert?
Kosovo — Die Unabhängigkeit des Kosovos — Ein kritischer, historischer Rückblick- kurze Version
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