Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Scirè
Italienisches U‑Boot der Klasse 212A in Dienst gestellt
von Raimund Wallner
In einer beeindruckenden Zeremonie stellte die Italienische Marine am 18. Februar 2008 das Unterseeboot SCIRÈ in Dienst. Noch vor dem Typboot SALVATORE TODARO wurden auf der SCIRÈ »Flagge und Wimpel gehisst«, weil deren Besatzung bei der Erlangung des Status »combat ready« schneller war als die Männer der Schwestereinheit. Die Marina Militare Italiana (MMI) stellt erst in Dienst, wenn die Gefechtsausbildung erfolgreich durchlaufen wurde.
Drei Jahre und zwei Monate nach der Taufe in La Spezia war es für das in deutsch-italienischer Rüstungskooperation gebaute Brennstoffzellen- U‑Boot der Klasse 212A soweit: Im Hafen der Stadt Livorno, in der die traditionsreiche Marineakademie beheimatet ist, unterzog sich SCIRÈ einem Zeremoniell, das an Formvollendung und Würde kaum zu übertreffen und so wohl nur in Italien möglich ist. Von deutscher Seite waren der Stellvertretende Befehlshaber der Flotte, Konteradmiral Gottfried Hoch und der Unterabteilungsleiter Rü VII, Flottillenadmiral Jürgen Kratzmann, mit drei weiteren Angehörigen des Rüstungsbereichs ebenso der Einladung gefolgt wie der Geschäftsführer der UBoot- Werft HDW, Walter Freitag.
Für die interessierte Bevölkerung einsehbar lag das U‑Boot an der Pier vor der alten Stadtfestung, und im rechten Winkel dazu hatte die modernste Überwassereinheit der MMI, die erst kurz vor Weihnachten in Dienst gestellte Fregatte der HORIZON-Klasse, ANDREA DORIA, festgemacht. Die 27-köpfige Besatzung – Offiziere mit Säbel und blauer Schärpe – war vor dem Boot mit Front zur Ehrentribüne angetreten, auf der sich alles eingefunden hatte, was in der Regionalpolitik, der MMI, den Veteranenverbänden, den anderen Teilstreitkräften und natürlich im katholischen Klerus Rang und Namen hat. Als Verteidigungsminister Arturo Parisi, Generalstabschef General Vincenzo Camporini und der Inspekteur der Marina Militare, Admiral Paolo La Rosa, unter Marschklängen eintrafen, die Front der Besatzung und der übrigen angetretenen Abordnungen abgeschritten und schließlich auf den Ehrensitzen Platz genommen hatten, folgten die Ansprachen.
Hatte der Direktor der Bauwerft Fincantieri schon die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der deutschen Industrie bei der Realisierung des »Modernsten, was die Unterwassertechnik zu bieten hat« gelobt, so standen auch der Minister und Admiral La Rosa nicht nach, diesen Aspekt zu unterstreichen und die deutsche Delegation an diesem Ehrentag der MMI besonders zu begrüßen. Keiner der Redner versäumte die Rolle des Vorgängerbootes mit Namen SCIRÈ im Dezember 1941 als »glorreiche Heldentat« hervorzuheben, als es den vor Alexandria durch das U‑Boot abgesetzten Kampfschwimmern gelang, zwei britische Schlachtschiffe und einen Tanker in dem ägyptischen Hafen mit Haftladungen zu versenken.
Nach Segnung des Bootes durch den Militärgeistlichen, einer Reihe von Hymnen und Märschen, dem – vorläufigen – Wechsel der Flagge der Handelsmarine gegen Heckflagge und Gösch der Seestreitkräfte, folgte der Höhepunkt der Zeremonie: Die für SCIRÈ bestimmte Seekriegsflagge wurde konsekriert, formal mit Protokoll ausgeliefert, der Kommandant des Bootes sprach die Eidesformel und brachte dann mit mehreren Soldaten in einem hölzernen Schrein das geweihte Tuch an Bord. Begleitet durch einen getragenen Marsch wurde es nun im U‑Boot- Turm zusammen mit dem Kommandantenwimpel in feierlicher Langsamkeit gehisst, während die Interimsflagge am Heck wieder eingeholt wurde. Kaum waren Flagge und Wimpel in der Endlage, kündeten die Geschütze der ANDREA DORIA mit 21 Schuss Salut die vollzogene Zeremonie und ihre Feuerlöschprojektoren sprühten Freudenfontänen über den Hafen.
Beim anschließenden Empfang an Bord der Fregatte hatte FAdm Kratzmann Gelegenheit, zusammen mit seinem italienischen Amtskollegen, dem Direktor für Marinerüstung, VAdm Dino Nascetti, den Verteidigungsminister zu sprechen. Minister Luigi Parisi hob die Bedeutung der deutsch-italienischen U‑Boot-Kooperation hervor, bedankte sich für die Unterstützung durch die deutsche Amtsseite und äußerte sich zuversichtlich, dass es in Kürze gelingen werde, die Beschaffung eines 2. Loses von zwei weiteren U‑Booten der Klasse 212A für die MMI durch das Parlament billigen zu lassen.
Am Morgen vor den Feierlichkeiten hatten die beiden für Marinerüstung zuständigen Admirale bereits die Gunst der frühen Stunde genutzt und waren, begleitet durch ihre Fachleute, in der altehrwürdigen Marineakademie von Livorno zusammengetroffen. In dem Gespräch war es dann gelungen, noch bestehende Differenzen zu klären, die Bedingungen des bilateralen Abkommens von 1996 auch auf das zweite italienische Los zu übertragen und so den Weg freizumachen für die Fortsetzung der erfolgreichen Kooperation im U‑Boot-Bau. Minister Parisis optimistische Äußerungen waren also keine Höflichkeitsfloskeln sondern reflektierten das Ergebnis des morgendlichen, vertrauensvollen Dialogs unter langjährigen Partnern. Es gibt jetzt gute Gründe für die Hoffnung, dass nach den beiden bereits im Bau befindlichen Booten des 2. Loses U 212A für die Deutsche Marine bald zwei weitere italienische Schwesterboote unter Vertrag kommen und so die Gesamtzahl dieser gelungenen Bootsklasse auf insgesamt 10 Einheiten erhöhen.