Maritime Dimension der Aufrüstung und Entwicklung des Irans -
Bedrohung der Anrainerstaaten des Persischen Golfs und der weltweiten Energieversorgung oder nur Teil einer defensiven strategischen Ausrichtung des Irans?
Von Christian Hillmer
(Korvettenkapitän Christian Hillmer, Dipl.-Pol., M.P.S. ist Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst der Streitkräfte 2006. Der im Heft gedruckte Beitrag wird durch Fußnoten/erläuternde Anmerkungen ergänzt)
Mit der Wahl des konservativ-religiösen Hardliners Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten der Islamischen Republik Iran im Juni 2005 begann für die krisengeschüttelte Region des Persischen Golfs eine neue Epoche der strategischen Unsicherheit. Denn obwohl dem Iran aus geografischen, ökonomischen, kulturellen und historischen Gründen schon seit geraumer Zeit die Rolle eines regionalen Hegemons zufällt, ist es vor allem die aggressive, auf weitere Machtansprüche hindeutende Rhetorik des Staatspräsidenten, die der schwer durchschaubaren sicherheitspolitischen Gemengelage am Golf beständig neue Brisanz verleiht.
Tritt das Krisenpotenzial der Region in der Öffentlichkeit vor allem im Zusammenhang mit dem Atomkonflikt und dem politisch-religiösen Antagonismus zwischen vornehmlich sunnitischen arabischen Staaten und dem mehrheitlich schiitischen Iran zutage, so findet eine damit im Zusammenhang stehende Konfliktdimension in der Öffentlichkeit nur am Rande Beachtung: die Entwicklung des Irans als maritimer militärischer Akteur vor dem Hintergrund der besonderen geografischen und ökonomischen Gegebenheiten der Region sowie die Rolle der iranischen Revolutionären Garden (Pasdaran) innerhalb dieses Prozesses.
Angesichts in der Vergangenheit wiederholt zur Schau gestellter militärischer Stärke wird untersucht, welche Ziele dem außenpolitischen Handeln der iranischen Regierung zugrunde liegen, welche maritime Strategie diese in der Region des Persischen Golfs verfolgt und auf welchem Wege ihre Ziele erreicht werden sollen. Vor dem Hintergrund der Multidimensionalität aller Konflikte im Nahen und Mittleren Osten kann dies allerdings nur unter Mitbetrachtung auch anderer politischer Handlungsfelder – vor allem des Atomstreits – und der strategischen Rahmenbedingungen gelingen. Einen zweiten Schwerpunkt stellt die Analyse und Bewertung des maritimen Potenzials des Iran und der operativen Handlungsmöglichkeiten seiner Seestreitkräfte dar. Diese Untersuchungen münden schließlich in eine Einordnung der Ergebnisse in den geostrategischen Kontext.