Humanitäre Interventionen — Ausdruck einer neuen Menschenrechtsbasierten Ordnung?

4.) Human­itäre Inter­ven­tio­nen als ver­stärkt auftre­tendes selek­tives Mit­tel zur ver­sucht­en  Sta­bil­isierung und Demokratisierung von Kon­flik­tre­gio­nen
Wie die vorherge­hende Analyse gezeigt hat, hän­gen human­itäre Inter­ven­tio­nen von ein­er Menge Fak­toren ab, die sich nicht rein auf die moralisch-nor­ma­tive Ebene beziehen. Die Struk­tur der außen­poli­tis­chen Beziehun­gen, die Inter­essen, die möglichen Kosten und Ver­luste, die Erfol­gsaus­sicht­en: all dies sind mögliche Fak­toren, an denen ein Zus­tandekom­men ein­er human­itären Inter­ven­tion hängt. Die bloße Ver­let­zung von Men­schen­recht­en ist hier­bei nur der bloße Tatbe­stand. Inwieweit dieser Tatbe­stand tat­säch­lich inter­na­tion­al geah­n­det wird, hängt eben von jenen genan­nten und unter­sucht­en Fak­toren ab.
Die moralisch-ethis­che Posi­tion und ihre Begrün­dung spielt da zwar eine große Rolle. 

Doch erachtete ich diese the­o­retis­chen Debat­ten selb­st für nicht so rel­e­vant. Der Jubel und die pos­i­tive Sichtweise ein­er neuen Men­schen­rechts­basierten Ord­nung ist genau­so unge­nau wie die bloße Ablehnung und das Schlecht­machen jen­er. Die extremen moralis­chen Posi­tio­nen ver­schleiern auch die wirk­lichen Eigen­heit­en der human­itären Inter­ven­tion.
Jene liegen eben irgend­wo in der Mitte zwis­chen ide­al­is­tis­chem Jubel und skep­tis­ch­er und kri­tis­ch­er Ablehnung.
Die Welt nach Ende des Kalten Krieges ist wohl eine andere gewor­den. Mehr Dynamik beste­ht inner­halb der inter­na­tionalen Beziehun­gen und viele Entwick­lun­gen vol­lziehen sich. Eine davon ist die all­ge­meine Gültigkeit der Men­schen­rechte. Mehr Demokra­tien als je zuvor existieren und mehr denn je wer­den die Demokratie und der Kanon an Men­schen­recht­en offen­siv vom West­en ange­priesen, auch in anderen Kul­turkreisen. 84
Die Ten­denz beste­ht daher diesen Wert auch zu vertei­di­gen. Und der innere, implizierte Wert von Men­schen­recht­en und Demokratie scheint zu steigen.
Trotz­dem bleiben Men­schen­rechte und neuer Human­i­taris­mus Werte unter vie­len, die von Akteuren im inter­na­tionalen Geschehen beachtet und vertei­digt wer­den wollen. Der Anspruch der Human­itären Inter­ven­tion auf all­ge­meine Reich­weite kann allein deshalb nur schon ein Pos­tu­lat momen­tan sein. Der all­ge­meinen Gültigkeit und Reich­weite ste­hen zu viele Fak­toren ent­ge­gen, wie aufgezeigt wurde.
Ander­er­seits sollte man nicht zu schwarz malen. Getreu dem umgangssprach­lichen Mot­to: „Bess­er etwas ver­sucht, als gar nichts getan“ bzw. „bess­er etwas als gar nichts“, sollte man die Human­itären Inter­ven­tio­nen zwar mit großer Skep­sis, aber nicht mit Ablehnung betra­cht­en. Sie stellen meis­tens in einem sehr schwieri­gen Umfeld — unter gegebe­nen Sachzwän­gen — die opti­mal gang­bare Hil­f­sak­tion dar. Mehr ist oft­mals eben nicht möglich. Über­schwängliche moralis­che Legit­i­ma­tio­nen und Ansprüche soll­ten aber eher ver­mieden werden. 

Team GlobDef

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