Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011, die der Bundestag beschlossen hat, ist nur der letzte Schritt eines langen »Transformationsprozesses«, der die Bundeswehr vor allem effektiver und billiger machen sollte. Eingeleitet wurde dieser Prozess mit Ende des Kalten Krieges und der damit verbundenen Annahme, Deutschland sei langfristig von Freunden umgeben und könne daher auf eine starke Armee zur Landesverteidigung verzichten. Die zunehmende Einbindung Deutschlands in Auslandseinsätze, im Rahmen der UNO oder der NATO, führte dazu, dass die Bundeswehr schrittweise die Anforderungen einer schnellen Eingreiftruppe erfüllen sollte. Die Spaltung der Bundeswehr in Hauptverteidigungskräfte und Krisenreaktionskräfte in den 90er Jahren war ein erster Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig führte die fortschreitende Verkleinerung der Bundeswehr dazu, dass das Prinzip der Wehrgerechtigkeit nicht mehr zu erfüllen war, was den Forderungen nach einem Ende der Wehrpflicht neuen Auftrieb gab. Für Konfliktstoff sorgte zusätzlich die schrittweise Absenkung der Wehrdienstzeiten.
Hinzu kam, dass die Bundeswehr seit 2001 alle Tätigkeitsbereiche für Frauen öffnen musste, die freiwillig Wehrdienst leisten wollten. Seither ist die Armee das Experimentierfeld einer Gleichheitsideologie, mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Zu denen nicht zuletzt der Tod der Kadettin auf dem Segelschulschiff GORCH FOCK im November 2010 gehört. Während sich Medien und der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg auf den Kommandanten und die angeblich unhaltbaren Zustände auf dem Schiff stürzten, gab es einzelne Wortmeldungen, wie die von Hildegard Stausberg in der Welt, die den Finger in die eigentliche Wunde legten: »Bei aller Bejahung der Emanzipation und der Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit frage ich mich ernsthaft, ob die letzten Ereignisse auf der GORCH FOCK nicht ein Signal dafür sein sollten, das Diktat einer sexuellen Gleichstellung zu überdenken, das längst in Richtung absoluter Gleichmacherei abzudriften scheint. Täte es unserem weiblichen Selbstbewusstsein wirklich Abbruch, wenn es weiterhin ein paar Ausbildungsgänge gäbe, die allein Männern vorbehalten blieben? Die Vorgänge auf der GORCH FOCK müssen gründlich untersucht werden, aber bitte ergebnisoffen. Zu den Konsequenzen könnte dann auch gehören, dass man eine 1,59 Meter kleine Frau auf hoher See nicht mehr in die Takelage schickt. Eine andere Entscheidung darf man nicht ausschließen: Vielleicht gehören Frauen gar nicht auf Segelschulschiffe – vielleicht können wir uns auf anderen, uns eher gemäßen Betätigungsfeldern besser bewähren.«
Das Grundgesetz wurde ausgereizt
Bei Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 waren Frauen vom Dienst in der Bundeswehr generell ausgeschlossen. Das Grundgesetz legte fest, dass Frauen »auf keinen Fall Dienst mit der Waffe« leisten durften (Artikel 12a). Daran änderte sich erst etwas, als es zu wenige männliche Bewerber für die Laufbahn der Sanitätsoffiziere gab. Am 19. Februar 1975 beschloss die Bundesregierung unter Helmut Schmidt, approbierten Ärztinnen und Apothekerinnen die Möglichkeit zum Dienst in der Bundeswehr zu eröffnen. Dazu mussten lediglich das Soldatengesetz und die Wehrdisziplinarordnung geändert werden, sodass am 1. Oktober 1975 die ersten fünf weiblichen Sanitätsoffiziere ihren Dienst antreten konnten. Da Sanitätsoffiziere Nichtkombattanten sind, konnte Artikel 12a unverändert gültig bleiben.
Soldatin in der OPZ eines Kriegsschiffes PIZ Marine |
Der nächste amtliche Schritt erfolgte unter Verteidigungsminister Rupert Scholz, als beschlossen wurde, Frauen alle Laufbahnen im Sanitäts- und Militärmusikdienst zu eröffnen, sodass am 1. Juni 1989 die ersten 50 Offiziersanwärterinnen ihren Dienst antraten. Im Januar 1991 erfolgte dann auch die Öffnung der Unteroffiziers- und Mannschaftslaufbahnen im Sanitäts- und Militärmusikdienst für Frauen. Bereits am 1. April 1994 konnte Verteidigungsminister Volker Rühe mit Verena von Weymarn die erste Frau zum Generalarzt und damit zum ersten weiblichen General in Deutschland überhaupt befördern.
Damit war der Rahmen, den das Grundgesetz vorgab, ausgereizt. Es gab allerdings Missstimmungen in der Truppe, weil die weiblichen Angehörigen der Sanitätstruppe nicht zum Wachdienst eingeteilt werden konnten. Die dabei geführten Waffen dienten nicht nur zur Selbstverteidigung, sondern auch zum Schutz der militärischen Anlagen. Das bedeutete Waffendienst, der Frauen weiterhin untersagt war.
Zu dieser Situation gesellte sich das Begehren einer jungen Frau, Tanja Kreil, die freiwillig Dienst in der Instandsetzungstruppe leisten wollte, nach der vorhersehbaren Ablehnung den Gleichheitsgrundsatz verletzt sah und den Rechtsweg beschritt. Am 11. Januar 2000 urteilte der EuGH, dass der völlige Ausschluss von Frauen vom Waffendienst gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass die Bundeswehr binnen eines Jahres alle Verwendungen für weibliche Soldaten öffnen musste. Im Bereich der Nachschubtruppe sollte es relativ unproblematisch sein. In den Kampftruppen ist es dagegen ein ernsthaftes Problem.
Obwohl der große technologische Fortschritt viele Entbehrungen und Strapazen, die Soldaten über Jahrhunderte ertragen mussten, erleichtert hat, bleibt der Kampfeinsatz immer noch eine außergewöhnliche physische und psychische Herausforderung. Die Natur hat Frauen und Männer diesbezüglich unterschiedlich ausgestattet. Darauf hat insbesondere der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld hingewiesen, dessen Buch »Frauen und Krieg« von 1998 noch immer gültig ist. Bezeichnenderweise wurde dieses Buch, im Gegensatz zu anderen Publikationen Crevelds, nicht als ein ernst zu nehmender Beitrag wahrgenommen. Bestenfalls konzediert man, dass er den Ist-Stand fehlender Gleichberechtigung beschreibe, den man aber eher als »Kinderkrankheit in dem weltgeschichtlichen Umbruch« (Ariane Barth im Spiegel) betrachten sollte, den die Aufnahme von Frauen in die Streitkräfte bedeutete. Sonst hieß es gönnerhaft, es handele sich bei dem Buch nur um eine »lesenswerte, originelle und anekdotenreiche Kulturgeschichte mit manchen überraschenden Einsichten« (Wolfgang Sofsky in der FAZ). Als Argumentationshilfe gegen die Feminisierung der Armee wurde »Frauen und Krieg« nirgends betrachtet.
Soldatin beim Peilen PIZ Marine |
Doch alle wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten zehn Jahre zeigen, dass menschliches Verhalten sehr viel stärker auf biochemische Faktoren zurückgeht, als zuvor angenommen. Testosteron beeinflusst etwa die unterschiedliche Geschlechterentwicklung teilweise schon vor der Geburt. Untersuchungen bei Säuglingen und Kleinkinder haben ergeben, dass Mädchen sich mehr für Menschen, Jungen sich mehr für Dinge interessieren. Letztgenannte neigen häufiger zu einem Spielverhalten, bei dem Wettbewerb und körperlicher Einsatz gefordert sind.
Es besteht eine Korrelation zwischen Testosteron und Verhalten insofern, als Mädchen mit hohen Testosteronwerten maskuline Verhaltensmuster annehmen und Jungen mit niedrigem Testosteronwert sich feminin verhalten. Mit Blick auf die Tatsache, dass Kampf und Krieg ein gewisses Maß an Aggression erfordert, sind die meisten Frauen in dieser Hinsicht denkbar ungünstig ausgestattet.
Weiterhin ergaben aktuelle Untersuchungen (2010) des Department of Anesthesiology am Children’s Hospital of Philadelphia, dass die weitaus höhere Stressanfälligkeit von Frauen hormonelle Ursachen hat. Eine biologische Prädisposition durch ein weitaus sensibleres »Stressignalisierungssystem« bedeutet, dass Frauen nachhaltiger von Stressoren beeinträchtigt werden als Männer.
Diese Unterschiede in der Grundausstattung der Geschlechter setzen sich in einigen anderen wichtigen Bereichen fort. Die Ausbildung von Kampftruppen soll Gefechte simulieren, um die Soldaten dazu zu befähigen, unter Kampfbedingungen zu bestehen und ihre Gegner zu besiegen. Hierbei haben Frauen messbare Nachteile in Bezug auf Kraft und Ausdauer, Verwundungs-/ Verletzungsgefahr und Einsatzfähigkeit, die vor allem aus den unterschiedlichen biologischen und soziologischen Voraussetzungen resultieren.