Europa — Finnland — Finnische Flotte lässt den Kalten Krieg hinter sich

Der MCM 2010 Plan hat fünf Elemente:

  • Bau von zwei weit­eren Korvet­ten der HAMINA-Klasse,
  • »Midlife«-Modernisierung der Minen­leger der HÄMEENMAA-Klasse,
  • Auf­bau ein­er neuen Flot­tille von Minen­legern, die die Boote der KUHA- und KIIS­KI-Klassen teil­weise ablösen sollen,
  • Entwick­lung der neuen »Seem­ine 2000«, 
  • Reor­gan­isierung der Küstenverteidigung. 

HÄMEENMAA (Foto: finn. Marine)Die Mod­ernisierung der HÄMEEN­MAA-Schiffe wurde im August 2007 abgeschlossen. Neben der klas­sis­chen Auf­gabe des Minen­le­gens mit der Fähigkeit der Selb­stvertei­di­gung wur­den die Mod­ernisierung und gle­ichzeit­ige Grundin­stand­set­zun­gen für ins­ge­samt 50 Mil­lio­nen Euro mit Blick auf die zusät­zlichen Ein­sat­zop­tio­nen von Geleit- und Sicherungsauf­gaben in inter­na­tionaler Regie durchge­führt. Einge­baut wur­den das Man­age­ment Sys­tem (ANCS) und TRS-3D Mul­ti-Mode-Radarg­eräte von EADS sowie das südafrikanis­che Flu­gab­wehr-FK-Sys­tem Umkhonto.

Die inter­na­tionale Auss­chrei­bung für die Beschaf­fung von drei bis vier mod­er­nen Minen­ab­wehrfahrzeu­gen erfol­gte 2004. Nach Marineangaben gaben sieben europäis­che Werften ihre Vorschläge ab. Die Auss­chrei­bungsvor­gaben beruhen auf Erfahrun­gen, die bei finnis­chen Übun­gen mit Beteili­gung aus­ländis­che Schiffe ab 1997 gesam­melt wur­den. Hier musste geschlussfol­gert wer­den, dass Sys­teme, die auf Tiefwasser­mi­nen­räu­mung aus­gelegt sind, nicht notwendi­ger­weise ihre max­i­male Wirkung in den finnis­chen Gewässern ent­fal­ten kön­nen. Diese sind durch Flach­wass­er von stark vari­ieren­der Tiefe, mit Steinen über­sätem Grund und Wasser­schicht­en mit deut­lichen Tem­per­atu­run­ter­schieden gekennzeichnet.

LERICI-mod (Grafik: Intermarine)Die Wahl fiel im Juni 2007 auf die ital­ienis­che Inter­ma­rine Werft, die zwis­chen 2010 und 2012 drei Minen­räumer bauen wird. Das dritte und let­zte Schiff dieser Serie wird durch die Aker-Werft fer­tig gestellt wer­den, um einen Tech­nolo­gi­etrans­fer zu garantieren. Für die Schiffe, die auf der ital­ienis­chen LERI­CI-Klasse auf­bauen, ist eine Dien­stzeit von 30 Jahren geplant. Der Rumpf wird in GFK aus­ge­führt, während für den Antrieb sowohl ein Diesel­mo­tor für nor­male Seefahrt und ein elek­tro-hydraulis­ches Sys­tem mit drei zusät­zlichen Schub­schrauben (aux­il­iary thruster) gewählt wurde, um meter­ge­naue Nav­i­ga­tion bei langsam­ster Fahrt während der Minen­räu­mung zu sich­ern. Bei­de Antrieb­ssys­teme sind über einen Autopi­loten inte­gri­ert. Zur Koor­di­na­tion der Schiffe dient ein Mine War­fare Data Cen­ter (MWDC).

Für die Liefer­ung der elek­tro­n­is­chen Aus­rüs­tung erhielt die deutsche ATLAS Elek­tron­ik den Zuschlag. Die finnis­chen Unternehmen Patria Sys­tems und Ins­ta Def­Sec wer­den eben­falls Aufträge als Sub­un­ternehmer erhal­ten. Die Schiffe wer­den den nautis­chen Notwendigkeit­en entsprechend eine gewisse Eis­brecher­fähigkeit haben, deren Details jedoch nicht öffentlich zugänglich sind.

Die Schiffe wer­den organ­isatorisch in einem eige­nen Minen­ab­wehrgeschwad­er zusam­menge­fasst wer­den sowie eine Besatzung von 34 Mann haben. Da Finn­land ein Minen­räum­schiff für die Durch­führung von Friedens­mis­sio­nen in UN- bzw. EU-Regie gemeldet hat, wer­den die neuen Schiffe entsprechend NATO- und EU-Stan­dards gebaut wer­den, um mit Schif­f­en aus diesen Län­dern kom­pat­i­bel sein zu kön­nen. Für das gesamte Pro­jekt ein­schließlich Zusat­zleis­tun­gen sind 250 Mil­lio­nen Euro geplant.

Über die Zukun­ft der KUHA- und KIIS­KI-Klassen wird in den kom­menden Jahren entsch­ieden. Neben diesen größeren Ein­heit­en ver­fügt die finnis­che Marine über eine Rei­he von Hil­f­ss­chif­f­en. Dies sind vorzugsweise Trans­port­boote ver­schieden­er Größe sowie Lan­dungs­fahrzeuge (u.a. JUR­MO-Klasse). Im Kriegs- und Krisen­fall kön­nen die Patrouil­len­schiffe und ‑boote der Gren­ztrup­pen in die Marine über­führt und entsprechend bewaffnet werden.

Nach sieben­jähriger Entwick­lungsar­beit ver­gab die Flotte 2004 den Auf­trag zur Serien­pro­duk­tion der Seem­ine 2000 an das Patria- Unternehmen. Der Konz­ern ist der Haup­tauf­trag­nehmer für eine Rei­he finnis­ch­er Unternehmen.

Küsten­vertei­di­gung

Foto: finn. Marine Die Küste­nar­tillerie wurde 1997 ein Teil der finnis­chen Marine, um eine effizien­tere und gle­ichzeit­ig kostengün­stigere Küsten­vertei­di­gung zu erre­ichen. Als Folge der gel­tenden Dok­trin umfasste sie bis vor weni­gen Jahren sowohl mobile Rohrar­tillerie als auch befes­tigte Artilleri­estel­lun­gen (100 und 130 mm). Diese wur­den schrit­tweise außer Dienst genom­men und durch mobile Ein­heit­en mit hoher Beweglichkeit und Feuerkraft erset­zt. Die Aus­rüs­tung und das Train­ing der Uusi­maa-Brigade mit trag­baren Spike-ER Raketen sowie BOR‑A 550 Boden­radar begann 2005. Das Aus­bil­dungsziel ist primär die nationale Küsten­vertei­di­gung und in zweit­er Lin­ie die Teil­nahme an inter­na­tionalen Mis­sio­nen. Die Küsten­jäger erhiel­ten darüber hin­aus neue Boote, Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel und per­sön­liche Aus­rüs­tung. Die Uusi­maa-Brigade ist die einzige schwedis­chsprachige Ein­heit Finnlands.

Zusammenfassung

Wie die anderen europäis­chen Flot­ten auch hat sich die finnis­che Marine ein­er Mod­ernisierung und Kampfw­ert­steigerung ver­schrieben. Nach ihrem Ende wird sie klein­er, mod­ern­er und schlagkräftiger sein als nach dem Ende des Kalten Krieges. Am äußer­sten Ende eines Rand­meeres platziert, wird sie in Friedens- und Krisen­zeit­en die von poli­tis­ch­er Seite zugewiesene neue Auf­gabe erfüllen kön­nen – Sicherung der Seewege und eine gewisse inter­na­tionale Präsenz. Ob und wie sich sicher­heit­spoli­tis­che Her­aus­forderun­gen auch für die finnis­che Marine aus dem erneuerten Anspruch Rus­s­lands, sich als Groß­macht zu zeigen, ergeben, wird die nähere Zukun­ft zeigen.

Team GlobDef

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