Selbständigkeit — nach gut Hundert Jahren:
Unabhängigkeitserklärungen 1991
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion erhielten auch die zentralasiatisch-türkischen Staatsgebilde die Chance zur Unabhängigkeit. Die “Gunst der Stunde” nutzend, erklärten der Reihe nach alle zentralasiatischen Sowjetrepubliken ihre Unabhängigkeit.
Nach diesen Unabhängigkeitserklärungen erfolgte vom 21 — 25. Dezember 1991 die offizielle Auflösung der UdSSR. In Almaty (Kasachstan) schlossen sich unter dem Vorsitz von Boris Jelzin elf der ehemaligen Sowjetrepubliken (Rußland [Russische Föderation], Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrußland) zur „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (GUS) zusammen.
Die GUS-Mitglieder erklärten die UdSSR endgültig für aufgelöst und den sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow für abgesetzt. Mit dessen formellem Rücktritt am 25. Dezember endete die Existenz der Sowjetunion endgültig.
Allerdings war damit noch nicht eine völlig Eigenständigkeit erreicht:
wirtschaftlich waren die einzelnen GUS-Staaten aufeinander angewiesen,
militärisch dominierte der größte GUS-Staat, Rußland, nicht nur das Bündnis — in allen GUS-Staaten waren russische Streitkräfte stationiert, zumal die gesamte militärische Struktur — bis hin zur Zusammensetzung der einzelnen Truppen — nicht nach den neuen nationalen Kriterien getrennt war.
Die ehemals kommunistischen Kader waren zudem auf militärischen Beistand angewiesen, denn mit der nationalen Unabhängigkeit bestand nach dem Zusammenbruch der UdSSR auch die Möglichkeit einer erstarkenden islamische Volksbewegung; ausgehend von Afghanistan drangen fundamentalistischen Oppositionsgruppen in die zentralasiatischen Republiken vor. Saudi Arabien, die Türkei und Iran lieferten sich einen missionarischen “Wettlauf” zur “Re-Islamisierung” der Republiken.
Beibehaltung der militärischen Integration der Sowjetunion
Die Außen- und Verteidigungsminister der GUS vereinbarten daher zunächst am 16. Juli 1992 die Aufstellung einer gemeinsamen ständigen Friedenstruppe.
In diesem Zuge unterzeichnete Usbekistan im Januar 1993 mit seinem östlichen Nachbarstaat Tadschikistan einen Freundschaftsvertrag um die tadschikische Regierung mit Waffen und Truppen in ihrem Kampf gegen die bewaffnete islamisch-fundamentalistische Opposition zu unterstützten, die — von Afghanistan ausgehend — beide Staatsregierungen bedroht.
“Krieg gegen den Terror” — der Westen kommt nach Zentralasien:
Der “Krieg gegen den Terror” war dann für viele zentralasiatische Regierungen Anlass, das eigene Territorium — mehr oder weniger — auch für US-Truppen zu öffnen und damit eine weitere Distanzierung von Russland vorzunehmen.
Heute nehmen US-Truppen zunehmend die ehemaligen Stützpunkte aber auch die Stellung der russischen Streitkräfte ein.
Die ehemals kommunistischen Kader, die heute an führenden Stellen in den Regierungen sitzen, sehen im Westen eine verlockende Alternative, um zwischen islamischen Eiferern im Süden und dem russischen Bären im Norden nationale (lies: wirtschaftliche und kulturelle) Unabhängigkeit — und damit die eigene Macht — zu sichern.
Die fünf zentralasiatischen Republiken schlagen daher einen autoritären nationalistischen Kurs ein.
So wurde etwa die KP Usbekistans in „Demokratische Volksunion“ umbenannt, und die islamistisch-fundamentalistischen Parteien für illegal erklärt.
Der Präsident der ökonomisch am weitesten fortgeschrittene der fünf zentralasiatischen Republiken, Karimow, erklärte, er wolle Usbekistan zu einem Industriestaat nach türkischem Vorbild machen, in dem die Modernisierung mit nationalen Traditionen und dem Islam verbunden werden soll.