Eurasien

 

 

 

 

 

B) die Woge schägt zurück — Hun­nen — erste Turkvölk­er?
Die Hun­nen — vergebens gegen ein immer stärk­er wer­den­des Chi­na anren­nend — wandten sich nach West­en, um in den Weit­en der eura­sis­chen Step­pen ein neues Reich zu bilden.
Zu den Stäm­men, die von den Hun­nen unter­wor­fen wur­den, gehörten die indoger­man­is­chen Yüeh-chih (wie bekan­nt von den Griechen als Tocharen beze­ich­net), die ihrer­seits nach West­en wan­derten und die Sak­en aus dem Fer­ghana-Tal beherrscht­en. Vom Fer­ghana-Tal aus eroberten diese Yüeh-chih oder Tochar­er das Gebi­et nördlich des Oxos, und auch das weit­er südlich gele­gene Bak­trien. Inter­es­sant an dieser Stelle — die Tochar­er wur­den auch als Skythen beze­ich­net, die wir in der Ukraine als Volk mit der Gren­ze des Don find­en; südöstlich dieser Skythen find­en sich die aus dem West­en Sibiriens stam­menden Sauro­man­ten Herodots (später als Sar­mat­en bekan­nt), und dann fol­gen die Alanan oder Ass, die unter dem Namen Asi­er am Über­schre­it­en des Laxartes beteiligt waren und sich später am Kauka­sus als Aors­er (= Weiße oder West­liche) beze­ich­neten und damit bekun­de­ten, dass sie sich als Vorhut ein­er aus dem Osten kom­menden Bewe­gung ver­standen.
Auch hier find­en sich wieder enge Beziehun­gen nach Chi­na: die Grab­hügel des Kubange­bi­etes enthal­ten schon in der Zeit des antiken Hel­las chi­ne­sis­che Spiegel der gle­ichzeit­i­gen Han-Dynas­tie, es find­en sich zweirä­drige Kar­ren, wie sie auf chi­ne­sis­chen Ter­rakot­ta-Plas­tiken und osti­ranis­chen Münzen dargestellt sind, Schw­ert­bügel aus Jade an der Wol­ga und gle­icher­maßen in Korea und Chi­na, und Steig­bügel — in sar­ma­tis­chen Gräbern genau­so wie im Nor­den Chi­nas gefun­den, und ein neuer, ein­heitlich­er “Tier­stil” in der Kun­st; das Pferd, Kamel, Bär und Löwe find­en sich von Südrus­s­land bis zur west­lichen Mon­golei, und als Her­steller dieser Kun­st wer­den vor allem die Hsi­n­ung-nu beze­ich­net, die — 58 v. Chr. von chi­ne­sis­chen Herrsch­ern besiegt — inner­halb weniger Jahrhun­derte den gesamten Kon­ti­nent durcheilen und als Hun­nen um 375 n. Chr. das Ende des römis­chen Reich­es ein­läuten.
Die Woge, die sich nach West­en bewegte, riss immer mehr Völk­er mit sich. Indoger­man­is­che Skythen, Sar­mat­en, iranis­che Ala­nen und ger­man­is­che Ost­goten — sie alle bilde­ten eine immer stärk­er wer­dende Flut, die nach West­en wogte. Der beste Hun­nenken­ner jen­er Zeit — der die Hun­nen und Atti­la per­sön­lich kan­nte — liefert in sein­er Über­liefer­ung durch den Geschichtss­chreiber Johannes den besten Beweis: Priskos Rhetor, beze­ich­nete die Hun­nen Atti­las (gotisch: Väterchen) meist als Skythen, und demon­stri­erte damit, dass die mon­golisch-türkischen Fürsten nur die treibende Elite eines bun­ten Völk­ergemis­ches war, das sich — im West­en angekom­men — haupt­säch­lich wohl aus den unter­wor­fe­nen Völk­ern der indoger­man­is­chen Step­pen­re­it­er zusam­men setzte.

Als die Hun­nen unter Ihrem Fürsten Bal­amir die Wol­ga über­schrit­ten, hat­ten sie nicht nur in weni­gen Jahrhun­derten den ganzen eura­sis­chen Step­pen­raum durch­wan­dert; mit den Ala­nen wurde der let­zte selb­st­ständi­ge Stamm der skythisch-sar­ma­tis­chen Step­pen­re­it­er besiegt. Ein großer Teil der Ala­nen blieb unter hun­nis­ch­er Ober­ho­heit im Lande — die heuti­gen Nachkom­men dieser Ala­nen sind die kauka­sis­chen Osseten; ein kleiner­er Teil aber wurde mit den Goten mit­geris­sen, bis Spanien, wo der Land­schaft­sname Kata­lanien (Got-Alanien) vom Verbleib der am weitesten nach West­en vor­drin­gen­den sar­ma­tisch-skythis­chen Step­pen­völk­er zeugt. Und noch ein Land­schaft­sname zeugt von der Wucht der Völk­er­wan­derung, die unter den wirbel­nden Hufen der hun­nis­chen Pferde nach West­en gelenkt wor­den war — in Andalusien find­et sich der Name der Wan­dalen wieder, den Vet­tern der Goten, die sich auf dem Weg in eine neue Heimat von der Ukraine über Spanien bis nach Nordafri­ka auf den Weg machten.

Ab dem Jahr 450 beherrscht­en (im Kern wohl turk­sprachige) Hun­nen das eura­sis­che Step­pen­land, 
Zeit also, sich — von den Hun­nen Atti­las — den anderen turk­sprachi­gen Hor­den zuzuwen­den — Hor­den?
Ja, denn ins­ge­samt drei als “Hun­nen” beze­ich­nete Wogen bran­de­ten aus den zen­tralasi­atis­chen Step­pen an die Stadt­mauern der benach­barten Reiche:Die west­lichen Hun­nen Atti­las ken­nen wir, unter deren Schlä­gen von 375 bis 450 ganz Europa erzitterte.Aber auch im Osten waren die Hun­nen nicht ver­trieben: Immer wieder liefen am Ober­lauf des Orchon die gle­ichen Abläufe ab: feierte man heute den endgülti­gen Sieg und die Nieder­lage der Hun­nen, so hieß es kurze Zeit wieder “Die Hun­nen sind vor den Toren!”. Vor allem bei innerchi­ne­sis­chen Stre­it­igkeit­en sahen die weit­er­hin im Osten der Steppe noma­disieren­den Stämme wieder offen daliegende Beute. Wie beim Ende des römis­chen Reich­es wur­den die anbran­den­den Stämme sog­ar in den Dienst des chi­ne­sis­chen Reich­es gestellt und — wie etwa unter dem Kriegsh­er­rn Tsao Tsao in der chi­ne­sis­chen Prov­inz Schan­si — ange­siedelt oder als Söld­ner in den Dienst genom­men. 
Um das Jahr 280 siedel­ten alleine neun­zehn Hun­nen­stämme (südliche Hun­nen) im Bogen des Hoang­ho, des gel­ben Flusses. Unter der Führung der Fürsten Liu Yüan und Liu Tsung (der zum Atti­la Chi­nas wurde) gelang es diesen Hun­nen im Jahre 304, eine eigene — hun­nis­che — Dynas­tie zu begrün­den, die von etwa 317 bis 589 ganz Nord­chi­na beherrschte. Die dritte Hun­nen­horde wur­den die “Weißen Hun­nen” genan­nt. 484 besiegte deren Herrsch­er Akschun­war die Sas­saniden, was zur Beset­zung Nor­do­sti­rans im Gebi­et des heuti­gen Tad­schik­istans führte. Von hier aus beset­zten die “Weißen Hun­nen” (wie hun­derte Jahre zuvor die Yüed­schi oder Kuschan) — über den Hin­dukusch bis nach Indi­en, wo sie die let­zte griechisch-bud­dhis­tis­che Kul­tur des Gand­hara-Reich­es zer­störten. Unter der Führung von Tor­mana und Mithraku­la (dem Atti­la Indi­ens) gelange es diesen Hun­nen um 500 n. Chr., den östlichen Pand­schab und Kaschmir zu erobern und auf die Ganges-Ebene vorzus­toßen.
Diese “weißen Hun­nen” soll­ten nur kurze Zeit später — 565 — einem gemein­samen Angriff der Sas­saniden und des west­türkischen Reich­es des Ista­mi (s.u.) unter­liegen. Die Über­leben­den flo­hen in das südlich des Aralsees gele­gene Sog­di­ana, wo sie — zwis­chen Syr- und Amu-dar­ja — den Kern der späteren Awaren bilde­ten.
Dieser Stamm, ver­stärkt durch Reste der mon­golis­chen Schuschan, zog um das Kaspis­che Meer herum bis in die Ukrainis­che Steppe, wo sich die Awaren die let­zten Reste der europäis­chen Hun­nen unter­war­fen und damit einen Fre­und­schaftsver­trag mit Byzanz ein­han­del­ten.
Von der Donaumün­dung aus gelang es den Awaren schließlich unter ihrem Kagan Bajan, die ger­ade von den Lan­go­b­ar­den geräumte ungarische Tiefebene zu beset­zen. 
Von hier aus stell­ten die Awaren über mehrere Jahre hin eine ständi­ge Bedro­hung der Franken und des oströmis­chen Reich­es dar — bis sich die Vasal­len­völk­er der (damals noch türkisch sprechen­den) Bul­gar­en und der Slawen (Kroat­en, Ser­ben, Großmähren) selb­st­ständig macht­en und das Awaren­re­ich zwis­chen Bul­gar­en und Großmähren aufgeteilt wurde. In diesem Zusam­men­hang kann auch gle­ich die Herkun­ft des Volkes ange­sprochen wer­den, das dem heuti­gen EU-Staat Bul­gar­ien als “Namenspa­tron” diente. Es gibt in Chi­na alte Schriften darüber, dass die Ur-Bul­gar­en aus dem asi­atis­chen Raum stam­men. Der Name “Bul­gar” war danach in alter Zeit der Name eines Stammes nördlich der Sand­wüste im Nor­den Chi­nas. His­torischen Aufze­ich­nun­gen zufolge waren diese Bul­gar­en ein Stamm der Türken. Als sie im Ost­teil von Rus­s­land an der Wol­ga ansäs­sig wur­den, ver­schmolzen sie mit Slawen und wur­den allmäh­lich von diesen assim­i­liert. Von dort teilte sich das Volk. Die “Wol­ga-Bul­gar­en” blieben an der Wol­ga ansäs­sig — die “Donau-Bul­gar­en” zogen bis zur Donau weit­er — wo sie heute die Nach­barn der mod­er­nen Türkei sind.

Externe Links
Hun­nen:
Geschichte der Hun­nen — (www.steppenreiter.de)

EM 03–05 DIE HUNNEN

Awaren:
Awarengeschichte — (www.beckendorfer-awaren.de)

Bur­gen­ländis­che Lan­desausstel­lung 1996:
Hun­nen + Awaren — (www.nhm-wien.ac.at)

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