Türkische Einheit — der Traum von Großturkestan
Eine kleine geographische Einführung
Der Gürtel von Ebenen und Steppen, der sich — an der Donau und Weichsel beginnend — nördlich des Schwarzen Meeres, des Kaspischen Meeres, nördlich der Wüstenzone und der Ausläufer des zentralen Gebirgsmassives bis in die Mongolei hinzieht, kennt keine “natürlichen Begrenzungen”.
Völker, die diesen Gürtel bewohnen, können in kurzer Zeit von einem Ende des eurasischen Kontinents bis zum anderen Ende durcheilen.
Und auch im Süden — entlang der Gebirgsketten, die vom heutigen Iran, Afghanistan und Tibet aus die zentralen Wüsten mit Wasser versorgen — ermöglicht es, die Weite zwischen Europa und China zu durchqueren. Diese Trasse ist als “Seidenstrasse” bekannt, keine Straße im heutigen Sinne, sondern ein Gewirr von Pisten und Pfaden, das von einem Gebirgsfluss zum anderen, von einer (Fluss-)Oase zur anderen führt.
Heute bewohnen vor allem türkische Völker diesen Großraum. Aber das war nicht immer so.
Skythen, Hunnen, Mongolen — sie alle haben ihre Spuren hinterlassen.
Historischer Überblick
Das Land zwischen Schwarzem Meer und der chinesischen Mauer hat eine Jahrtausende alte Geschichte. Archäologen stoßen dort immer wieder auf bis zu 7.000 Jahre alte Siedlungsschichten und eine bereits vor 4.000 Jahren bestehende Hochkultur von Ackerbauern, deren Fundreste sowohl Beziehungen nach Mesopotamien (mehrstufige Pyramidentempel, Verehrung des als Stier dargestellten Stadtgottes wie in Ur) wie auch in die Induskultur von Harappa und Mohenjo Daro (Dekor und Form von Waffen und Gefäßen, Siegel, Wahrsagestäbchen aus Elfenbein) belegen.
(SPIEGEL, Nr. 21/1982, 28.09.2001).
Bereits die altgriechischen und altchinesischen Quellen sprechen immer wieder von den Ländern und Völkern zwischen Schwarzem Meer und dem Gelben Fluß.
Beide Völker — Hellas und China — haben Eroberungszüge in diesem Raum unternommen, was z.T. über Jahrhunderte hin zu einem regen kulturellen Austausch führte (griechisch-baktrische Nachfolgestaaten Alexander des Großen).
Gleichzeitig haben Nomadenvölkern aus den Tiefen des Raumes immer wieder die beiden Antipoden — China wie Europa — überrannt und dadurch die Verbindungen zwischen dem Westen und dem Osten unterbrochen.