Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Der politische Beschluss im Koalitionsvertrag zur Schaffung einer Küstenwache ist bislang am Widerstand und der Uneinigkeit der betroffenen Verwaltungen gescheitert, die sich offensichtlich über die politischen Vorgaben hinwegsetzen«, heißt es in einer Pressemitteilung der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN). Dieser sehr aktive kommunale Umweltverband hat erneut die verantwortlichen Bundesminister aufgefordert, mit dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Aufbau einer »Deutschen Küstenwache« endlich zu beginnen.
Küstenwache vor Prerow (Foto: BMI) |
Die Hartnäckigkeit, mit der der SDN diese Forderung vertritt, ist zu bewundern, verbunden mit der Hoffnung, dass er auch weiterhin nicht aufgibt, trotz der Gummiwand, gegen die er immer wieder läuft. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es ja so verheißungsvoll bei mancherlei Gelegenheit, aber mit der Forderung zur Schaffung einer einheitlichen Küstenwache, die letztlich den Schutz und die Sicherheit unseres Landes weit über die Sorge vor ökologischen Beschädigungen dient, steht der SDN keineswegs allein. Die Unterstützung von Fachleuten ist allgegenwärtig, selbst wenn sie sich meistens nur in persönlichen Gesprächen oder in kleineren Gesprächsrunden artikuliert. Es besteht Handlungsbedarf, der sogar immer dringlicher wird.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziére ein Eckpunktepapier zu Thema »Deutsche Küstenwache« vorgestellt und sich damit sofort den Unmut seiner Kabinettskollegen Finanzminister Schäuble und Verkehrsminister Ramsauer zugezogen. Beide an sich ganz vernünftige Leute. Aber hier ging es um die Abgabe von Befugnissen, denn beide Ministerien hätten bis dato ihnen unterstellte Fahrzeuge abgeben müssen, da der Innenminister vorgeschlagen hatte, alles Personal und alle Einheiten der verschiedenen Bundesbehörden vernünftigerweise in eine einzige Behörde zu integrieren und diese dem Innenministerium zu unterstellen, was ja auch absolut Sinn macht.
Dieser offensichtlich geradezu provokante Vorschlag forderte natürlich sofort jede Form des Widerstandes heraus. Von den eigenen Kompetenzen etwas abzugeben? Für ministeriale Verwalter wohl eine Unmöglichkeit. Hinzu käme eventuell – oder hoffentlich – zu einem späteren Zeitpunkt auch noch die Einbeziehung der Wasserschutzpolizeien, die der Hoheit der jeweiligen Bundesländer unterstehen. Das Ganze ist schon ein Skandal. Keiner derjenigen, die eigentlich dem Gemeinwohl des Landes verpflichtet sind, ist Willens, etwas abzugeben, was auch immer die Folgen sind, und was auch immer es kostet.
Nicht zuletzt auch dafür, lassen wir den Sicherheitsaspekt einmal außer Acht, muss der Steuerzahler einstehen, und das angesichts leerer Kassen in Bund und Ländern. Dabei ist es überhaupt nicht einzusehen, warum mehrere Bundesministerien sowie fünf Küstenländer mit mehr als ein Dutzend Behörden und Ämtern teilweise sich überlappende Aufgaben vor den Küsten wahrnehmen. Mit der Zusammenführung aller schon jetzt verfügbaren Kräfte in eine »Deutsche Küstenwache«, die diesen Namen dann auch zu Recht führt, würde nicht nur eine zentrale nationale und internationale Ansprech- und Meldestelle für Schifffahrt geschaffen, sondern es könnten darüber hinaus deutliche Einsparmöglichkeiten bei Gerät und Logistik erreicht werden. Eine solche Verschlankung der Verwaltungstätigkeit würde außerdem in Verbindung mit einer einfachen und klaren Führungsstruktur ganz sicher die angestrebte Effizienz beim operativen Einsatz auf See sowie eine optimale Handlungsfähigkeit ergeben.
Zu Recht weist der SDN darauf hin, dass »gut ausgebildetes und motiviertes Personal « bereits vorhanden sei, viel davon würde aber im Gerangel um Zuständigkeiten verpuffen, was auch zur Frustration der beteiligten Personen beitrage. Der SDN bringt es auf den Punkt, indem er zur Diskussion stellt, ob die für die bisherigen, vonseiten der Verwaltung in den Vordergrund gestellten Begriffe »Amtshilfe« und »Organleihe «, künftig ausreichen, um die Aufgaben in den Bereichen Schiffssicherheit und Terrorabwehr ausreichen. »Wir wollen eine echte Führungsorganisation mit umfassender Kompetenz und keine wie jetzt bestehende Bürogemeinschaft, wo jeder in seinem Aufgabenbereich aufgrund von Zuständigkeiten nur begrenzt handeln darf«, stellt der SDN heraus.
Kein Staat auf der Welt leistet sich ein solches Nebeneinander von Sicherheits- und Kontrollkräften auf See wie Deutschland, mit allen damit verbundenen Nachteilen. Da aber bis jetzt trotz mehrfacher Interventionen die Politik sowie die Verwaltungsorgane sowohl auf Bundes- als auch Länderebene in Sachen »Deutsche Küstenwache« untätig geblieben sind, erinnert der SDN noch einmal an den Koalitionsvertrag, in dem es wörtlich heißt: »Mit der späteren Zielsetzung des Aufbaus einer Nationalen Küstenwache wollen wir zunächst die Kompetenzen der gegenwärtig am Küstenschutz beteiligten Bundesbehörden zusammenführen.«
Bei diesen vollmundigen Ankündigungen ist es bis jetzt geblieben. Von der »späteren Zielsetzung« ist gar nichts mehr zu hören. Hier scheint immer noch, und was ist langlebiger, der Erhalt von Partikularinteressen in Ministerien und der nachgeordneten Bürokraten vorzugehen. Die Vernunft und mit ihr die Verantwortung für das Ganze bleiben außen vor. Ob nun der jüngste Vorschlag des SDN, ein unabhängiges wissenschaftliches Institut damit zu beauftragen, ein Gutachten über die Effizienz und die finanziellen Vorteile bei einer Zusammenführung der schwimmenden Einheiten der verschiedenen Bundesbehörden zu erstellen, zeigt sicher einen guten Ansatz, aber ob ein solches Gutachten, wenn es denn überhaupt eingeleitet wird, in den Betonkörpern der Verwaltungen überhaupt Resonanzen erzeugt, bleibt zu bezweifeln!