Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
50 Jahre Marinegeschichte
Von der Zerstörerflottille zur Einsatzflottille 2
Von Jürgen R. Draxler
(Fregattenkapitän d.R. Jürgen R. Draxler M.A. ist Stabsoffizier der Reserve bei der Einsatzflottille 2, ist Magister der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Journalist und beim Deutschen Bundestag als Parlamentskorrespondent akkreditiert )
Während ihres Aufbaus und in der Zeit bis 1990 konzentrierten sich die Aufgaben der Zerstörer und Fregatten primär auf die Landes- und Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO. 1990 kamen Krisenbewältigung und Konfliktverhinderung hinzu. Das Einsatzspektrum reicht heute von der Überwachung von Seegebieten über die Durchsetzung von Embargomaßnahmen bis zur maritimen Unterstützung von Heeres- oder Luftwaffenkontingenten im Kriseneinsatz. Zur Bewältigung dieses erweiterten Aufgabenspektrums wurde die Zerstörerflottille im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr 2006 in die Einsatzflottille 2 umgegliedert.
Was für eine Marine sollte das Nachkriegsdeutschland haben? Das im Frühjahr 1949 von der amerikanischen Besatzungsmacht in Bremerhaven eingerichtete Naval Historical Team untersuchte den Streitkräftebedarf für eine in das westliche Verteidigungsbündnis eingebundene Marine der Bundesrepublik Deutschland. Der für die See- und die Gesamtstreitkräfte ermittelte Bedarf wurde im Oktober 1950 in der Himmeroder Denkschrift niedergelegt.
Der später vom Deutschen Bundestag gebilligte Umfang der Marine sah für den Bereich der künftigen Zerstörerflottille (als Kernstück der Deutschen Marine) zwölf Zerstörer, sechs Geleitboote (Fregatten) und sechs Torpedofangboote vor. Die Entscheidung über den Aufbau der Marine war zwar mit dem Parlamentsbeschluss gefallen, es gab jedoch keine baureifen Entwürfe für die neu zu beschaffenden Einheiten.
Unbeschadet dessen wurde am 1. April 1958 das Kommando der Zerstörer in Bremerhaven aufgestellt, dem zunächst nur fünf alte Minensucher unterstanden: BRUMMER, BREMSE, BIENE, HUMMEL und WESPE. Sie wurden zum Schulgeschwader zusammengefasst. Bis zum April 1960 lieferten die USA als Übergangshilfe sechs aus dem Zweiten Weltkrieg stammende Zerstörer der FLETCHER-Klasse (Klasse 119). Die Zerstörer Z1 bis Z3 bildeten in Flensburg das 1. Zerstörergeschwader und die Zerstörer Z4 bis Z6 in Kiel das 3. Zerstörergeschwader. Im Jahr 1961, rund drei Jahre nach seiner Aufstellung, verlegte das Kommando der Zerstörer seinen Stab von der Weser an die Ostsee nach Eckernförde.
Währenddessen entwickelten und bauten deutsche Werften unter Führung der Hamburger Stülcken-Werft die Geleitboote der KÖLN-Klasse (Klasse 120). Obwohl die Planungsgrundlagen zum Teil aus der Kriegszeit stammten, wiesen diese Fregatten bemerkenswerte technische Neuerungen auf, z. B. einen kombinierten Diesel-Gasturbinen-Antrieb. Zwischen 1961 und 1964 wurden insgesamt sechs dieser Einheiten in Dienst gestellt. Sie bildeten das 2. Geleitgeschwader in Wilhelmshaven.
Von ursprünglich zwölf geplanten Zerstörern gingen nur vier in die Auftragsbücher der Industrie ein. Die Zerstörer der HAMBURG-Klasse (Klasse 101), ebenfalls bei Stülcken entwickelt und gebaut, konnte die Flotte ab 1964 in Dienst stellen. Sie wurden im 2. Zerstörergeschwader mit Heimatstützpunkt in Wilhelmshaven zusammengefasst.
Mit der Indienststellung von fünf Torpedofangbooten – später U‑Jagd-Boote – der THETIS-Klasse (Klasse 420), die als Kern des Flottendienstgeschwaders zusammen mit den Messbooten der Marine in Flensburg beheimatet waren, wurde die Aufbauphase der »Zerstörerflottille«, wie der Verband da bereits offiziell hieß, 1968 abgeschlossen. 1971 verlegte der Flottillenstab nach Kiel.