Basis See ist kein alleiniges Marineprojekt
USS ESSEX Foto: US Navy |
Niederl. JOHAN DE WITT niederl. Marine |
Bereits ein kurzer Blick in das maritime Umfeld bei unseren europäischen Partnern und darüber hinaus zeigt, so Luther weiter, dass dort die Fähigkeit zu Expeditionary Operations politisch wie militärisch einen hohen Stellenwert hat. Am oberen Ende des Spektrums steht das US-Marine Corps, das mit einem Umfang von mehr als 200.000 Soldaten und mehr als 30 amphibischen Schiffen fast so groß ist, wie die gesamte Bundeswehr. Auch in Europa verfügen einige Staaten über derartige Fähigkeiten, wie Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und die Niederlande. Weltweit bemühen sich Nationen, die Fähigkeit, von See an Land zu operieren, in naher Zukunft aufzubauen. So hat Russland zum Beispiel Angebote mehrerer europäischer Werften für den Bau von amphibischen Schiffen eingeholt, Norwegen und sogar Irland streben nach der Einführung eines sog. Joint Support Ships (JSS), Dänemark hat zwei derartige Schiffe bereits in Dienst gestellt. Auf der anderen Seite des Erdballs plant die Royal Australian Navy gemeinsam mit der Australian Army, über ein solches Mittel ab 2013 zu verfügen, basierend auf dem letzten Weißbuch der dortigen Regierung.
Es kam Luther darauf an, festzustellen, dass – auch im Verhältnis zum europäischen Umfeld – der deutsche Ansatz im Hinblick auf den Umfang bewusst begrenzt gehalten wurde. Es geht im Kern um die Verlegung und Führung eines geschlossenen Kontingents von ca. 800 Soldaten, was den Vorgaben des EU Battlegroup-Konzepts entspricht. Dennoch bietet das Konzept »Basis See« die Fähigkeit zu streitkräftegemeinsamen Einsätzen im gesamten Spektrum von Humanitärer Hilfe über nationale Evakuierungsoperationen bis hin zu Einsatzszenarien, die den Kampf gegen andere Streitkräfte erfordern, z.B. im Rahmen schneller Anfangsoperationen.
Die Anwesenden waren sich darüber einig, dass es sich bei der KGv Basis See nicht um ein alleiniges Marineprojekt handelt, sondern es gerade der streitkräftegemeinsame Einsatz von Kräften von See an und über Land ist, der den Fähigkeitsgewinn für die Bundeswehr insgesamt ausmacht. Gegenstand der weiteren Diskussion waren dann die weit reichenden Folgen, die dieser Fähigkeitsgewinn für alle militärischen Organisationsbereiche hat. Dies beginnt mit der Seeflug- und Decklandebefähigung aller Drehflügler der Bundeswehr und der seewasserbeständigeren Auslegung künftiger Rad- und Kettenfahrzeuge und endet mit der Fähigkeit zum Führen aus geteilten Gefechtsständen und der Nutzung der See als logistische Drehscheibe.
Vonseiten der Marine wurde noch darauf hingewiesen, dass die aus der KGv Basis See abgeleiteten Untersuchungsaufträge erste Ergebnisse gezeigt haben, die erfreulich sind. So kann festgestellt werden, dass die Bundeswehr insgesamt bereits heute über allererste Fähigkeiten im Sinne der KGv Basis See verfügt, indem das Führen von Luftfahrzeugen und von Spezialkräften an Land in Küstennähe von Bord dazu eingesetzter Schiffe schon jetzt möglich ist. Trotz erster positiver Ergebnisse ist aber auch weiterer erheblicher Untersuchungs- und Harmonisierungsbedarf gegeben, der von der technischen Interoperabilität heute vorhandener Geräte bis hin zu Verfahren für streitkräftegemeinsame Operationen reicht.