Demografischer Wandel wird die Rahmenbedingungen für Nachwuchsgewinnung nachhaltig verändern
Der ab 2009 einsetzende demografische Wandel mit seinen Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur, den Arbeitsmarkt, die öffentlichen Finanzen und das Wertesystem unserer Gesellschaft wird die Rahmenbedingungen für die Nachwuchsgewinnung nachhaltig verändern. Die externe Personalgewinnung der Marine wird in Zukunft noch stärker in Konkurrenz zur Wirtschaft und Verwaltung und anderen Arbeitgebern, aber auch zu den anderen Teilstreitkräften stehen.
Auf der anderen Seite ist die Quote der Geringqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt in den letzten Jahren nahezu konstant geblieben. Diese jungen Leute haben aufgrund der Veränderungen der Berufswelt in Deutschland kaum Chancen, auf dem freien Arbeitsmarkt einen Ausbildungsplatz zu finden. Das gilt es, künftig für die Marine zu nutzen. Auch unter diesen Geringqualifizierten sind diejenigen zu identifizieren, die Entwicklungspotenzial besitzen und über eine konsequente Ausund Weiterbildung in der Marine höher qualifiziert werden können.
ein Soldat des Kommandos Spezialisierte Einsatzkräfte Marine (Bildquelle: Björn Wilke) |
Ich hatte erwähnt, dass die Personalgewinnung auch mit der abnehmenden körperlichen Leistungsfähigkeit der heutigen Jugend konfrontiert wird. Die Marine bleibt aber auch künftig auf Fitness angewiesen. Es kommt deshalb darauf an, bei der Prüfung der Bewerberinnen und Bewerber auch festzustellen, ob sie trainierbar sind, um Schwächen konsequent und ggf. über einen längeren Zeitraum abzubauen. Die externe Personalwerbung wird sich künftig also um die einfach zu gewinnenden, zwar weniger qualifizierten aber entwicklungsfähigen jungen Menschen ebenso kümmern müssen wie um die besser Qualifizierten.
Auch der Bindung von erfahrenem und bewährtem Personal wird eine noch höhere Bedeutung zukommen, als es heute der Fall ist. Es gilt, die Potenziale der bereits in der Marine dienenden Soldatinnen und Soldaten früh zu identifizieren und sie gezielt zu fördern und in der Marine zu halten. Binnenwerbung wird damit erheblich an Bedeutung gewinnen. Deshalb war die Einrichtung unserer Personalentwicklungselemente ein wichtiger Schritt, um die Kommandeure, Kommandanten, Einheitsführer und Dienststellenleiter dabei zu unterstützen.
Heute sind rund 15 Prozent aller Soldaten im Einsatz Marinesoldaten, obwohl dem Proporz der Streitkräftestruktur lediglich ein Anteil von 7,5 Prozent entspräche. Davon ausgehend, dass sich das in Zukunft kaum ändern wird, muss im Mittelpunkt aller Überlegungen für eine künftige Personalstruktur eine personell einsatz- und durchhaltefähige Flotte stehen.
Eine Antwort der Marine auf diese Herausforderung ist die Personalergänzung mit rund 750 Dienstposten, die vor allem für den Bordbetrieb und die Einsatzstäbe vorgesehen sind. Mit der Möglichkeit zum Austausch und zum Ersatz von Besatzungsangehörigen haben wir ein auch vom Beauftragten für Erziehung und Ausbildung und vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages anerkanntes Instrument, um Einsatzbelastungen zu mindern.
Für die Marine ist es von enormer Bedeutung, dieses als »Robuste Strukturen« bekannte Instrument als wichtige Investition in unsere Attraktivität zu nutzen. Auch jenseits vergleichbarer Einsatzbelastung wird die Personalergänzung besonders wichtig sein: Für die Abwesenheit von Männern und Frauen wegen Elternzeit, Betreuungsurlaub, Erkrankung eines Kindes, Schwangerschaft, Teilzeit etc. ist derzeit kein regenerativer Vorhalt vorgesehen.
Und wenn wir grob hochrechnen und annehmen, dass wir bei einer Frauenquote von 15 Prozent analog zu den Erfahrungen des Sanitätsdienstes bis zu 550 Vakanzen auf Dienstposten hinnehmen müssten, dann werden wir in nicht allzu ferner Zukunft erst recht froh sein, uns auch auf »Robuste Strukturen « abstützen zu können.