Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Personal, Ausbildung und Organisation der Marine
Strategische Herausforderung für erfolgreiche Transformation liegt im Bereich Personal
(Flottillenadmiral Rolf Schmitz ist Stabsabteilungsleiter Fü M I im Bundesministerium der Verteidigung und Vorsitzender des Deutschen Marine Instituts )
Unzählige Marineoffiziere und MOV-Mitglieder haben sich über viele Jahrzehnte um unsere Marine und um die Menschen in der Marine verdient gemacht. Was liegt da näher, als über die zu sprechen, die heute ihren wichtigen Dienst in Marineuniform leisten und die wir auch morgen und übermorgen dafür gewinnen wollen?
Deshalb trage ich besonders gern zum Thema: »Personal, Ausbildung und Organisation der Marine« vor und werde mich dabei auf folgende Schwerpunkte konzentrieren:
Demografische Entwicklung und Nachwuchsgewinnung,
Familie und Dienst und Attraktivität der Marine,
Positionierung im streitkräftegemeinsamen Bereich und Werdegangsmodelle,
Personalstruktur, Organisation und Ausbildung.
Voran stellen möchte ich, dass die aus diesen Kernbereichen abzuleitenden Herausforderungen und Handlungsfelder mir besonders am Herzen liegen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass neben der konzeptionellen und operativen Weiterentwicklung und neben der technologischen und materiellen Erneuerung unserer Streitkräfte »die« strategische Herausforderung für eine erfolgreiche Transformation im Bereich Personal liegt.
Unsere Bundeswehr steht in enger Wechselbeziehung zu einer sich rapide verändernden Umwelt. Technologische Entwicklungen mit kurzen Innovationszyklen, hohes Informations- und Kommunikationsaufkommen und zunehmende Vernetzung stellen Anforderungen, mit denen es Schritt zu halten gilt. Berufslanges Lernen wird auch in den Streitkräften Realität.
Veränderte Wertvorstellungen und Lebensentwürfe künftiger Bewerberinnen und Bewerber sind dabei nur ein Teil des Problems. Vor allem die demografische Entwicklung wird für uns prekär. In den östlichen Bundesländern, in denen wir bislang ein Drittel unserer Längerdiener gewinnen, wird das Potenzial der 18-jährigen ab 2009 dramatisch sinken. Während 1991 z. B. in Mecklenburg-Vorpommern noch 32 Prozent der Bevölkerung jünger als 20 Jahre waren, werden es 2020 weniger als 17 Prozent sein.
Diese Lage wird durch ein abnehmendes Bildungsniveau noch verschärft. Die Marine hat daher künftig nicht nur mit weniger, sondern auch mit geringer gebildeten jungen Frauen und Männern zu rechnen. Darüber hinaus werden wir vermehrt mit abnehmender körperlicher Leistungsfähigkeit konfrontiert.
Die Anforderungen an unsere Männer und Frauen, die wir in fordernde Einsätze entsenden, müssen sich vor allem an der Einsatzwirklichkeit ausrichten. Sie sind aber auch mit den persönlichen Lebenszielen dieser Menschen, die Leistung und Lebensgenuss häufig als gleichwertig beurteilen (Work-Life-Balance), in Einklang zu bringen. Ein Spagat, der nicht leicht fallen wird. Dem wir uns aber auch in der Marine stellen müssen!
in der OPZ (Bildquelle: PIZM) |
Die Personalgewinnung steht damit einer kleiner und zunehmend heterogener werdenden Zielgruppe mit stark unterschiedlichen Profilen gegenüber. Es wird künftig schwieriger werden, Bewerberwunsch, Befähigung und Bedarf in Deckung zu bringen. Und dennoch muss es uns gelingen: trotz unserer geografischen »Randlage« und trotz hoher Einsatzbelastung.
Wir stehen in einem zunehmend schärfer werdenden Kampf um die Talente. Deshalb müssen wir attraktive Rahmenbedingungen bieten, und damit komme ich zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Dienst und Attraktivität der Marine. in der OPZ
(Bildquelle: PIZM)Die gute Nachricht: Die Marine ist auch für Frauen attraktiv. Ihr Anteil beträgt rund 9 Prozent, bei unseren Offizieranwärtern bereits etwa 18 Prozent und im Sanitätsdienst inzwischen 57 Prozent.
Das ist erfreulich, denn der Umstand, dass wir durch die demografische Entwicklung besonders hart betroffen sein werden, wird durch den hohen Frauenanteil gemindert. Das bedeutet aber auch, dass wir bei künftig vielleicht 3.200 Soldatinnen in Marineuniform – das entspräche einem Anteil von etwa 15 Prozent – der Vereinbarkeit von Familie und Dienst einen deutlich höheren Stellenwert beimessen müssen. Bereits heute sind im Bereich der Flotte rund 700 Dienstposten mit Frauen besetzt. Noch sind sie nicht in einem Alter, in dem der Kinderwunsch bevorzugt realisiert wird. Und noch wollen sich nur wenige Männer der Erziehung ihrer Kinder widmen. Aber auch das wird sich ändern, und auch darauf müssen wir uns einstellen. Was bedeutet all das für die Marine von morgen?