Deutschland — Nationale Maritime Konferenz 2009

Flagge Deutschland

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen” veröf­fentlicht.

Marineforum

6. Nationale Mar­itime Kon­ferenz in Ros­tock.
  • IM ZEICHEN DER KRISE
    Von Hans Jür­gen Witthöft

  • ERSTMALS EIGENER WORKSHOP ZUR DEUTSCHEN MARINE UND MARINESCHIFFBAU
    von Jür­gen E. Kratzmann 

IM ZEICHEN DER KRISE

Von Hans Jür­gen Wit­thöft
(Hans Jür­gen Wit­thöft ist in der Redak­tion des Marine­Fo­rum zuständig für den The­men­bere­ich „Schiff­fahrt, Schiff­bau und Technologie“ 

Mit der nach Ros­tock ein­berufe­nen nun­mehr 6. Nationalen Mar­iti­men Kon­ferenz hat ein bre­it angelegtes Forum seine Fort­set­zung gefun­den, das sich bish­er als Erfol­gsmod­ell erwiesen hat und das es erk­lärter­maßen auch bleiben soll. Dies­mal über­schat­tete jedoch, im Gegen­satz zu den Höhen­flü­gen der vor­ange­gan­genen in Ham­burg durchge­führten Ver­anstal­tung, die weltweite Finanz- und in deren Gefolge die Wirtschaft­skrise das Geschehen. 

6. Nationale Maritime Konferenz 2009 in Rostock

Beson­ders die zuvor fast explo­sion­sar­tig gewach­sene Con­tain­er­schiff­fahrt, in der sich die deutschen Reed­ereien inner­halb weniger Jahre eine unange­focht­ene Spitzen­stel­lung erwor­ben hat­ten, lei­det unter starken Raten­rück­gän­gen und wach­senden Aufliegerzahlen. Zum Zeit­punkt der Kon­ferenz waren es weltweit rund 400 Schiffe, für die keine Beschäf­ti­gung mehr gefun­den wer­den kon­nte. Darunter waren viele deutsche Schiffe, Ten­denz zunehmend. Der Schwall der noch bis 2010/2011 zusät­zlich in Fahrt kom­menden Neubau­ton­nage mit zahlre­ichen Schif­f­en über 10.000 TEU Stellplatzka­paz­ität dürfte den Druck noch weit­er ver­stärken, vielle­icht sog­ar drama­tisch. Den Werften im Lande brechen in großer Zahl bere­its georderte Neubauaufträge weg, neue haben, wenn über­haupt, Sel­tenheitswert. Wie ein Damok­less­chw­ert hän­gen über allem noch zusät­zlich die weltweit über alle Maßen aus­ge­baut­en Schiff­bauka­paz­itäten, die für die näch­sten Jahre einen rig­orosen Ver­drän­gungswet­tbe­werb befürcht­en lassen. Und die See­häfen, die noch zuvor das Attrib­ut »Job­maschi­nen « für sich reklamierten, denken ver­stärkt über Kurzarbeit und auch schon Ent­las­sun­gen nach, wenn auch sehr ver­hal­ten, um Fachkräfte für den späteren Auf­schwung nicht zu verlieren. 

Schöne Träume dahin? Nicht unbe­d­ingt zwangsläu­fig! Das mar­itime Geschäft war schon immer stark zyk­lisch geprägt. So ist es auch dies­mal, wenn auch die inter­na­tionale Finanz- und Wirtschaft­skrise erschw­erend zu verkraften ist. 

So war es denn auch nicht nur nötig, son­dern auf Sicht auch berechtigt, dass die in erfreulich­er Zahl teil­nehmenden Vertreter der Bun­desregierung den über 1.000 Teil­nehmern Mut für die Zukun­ft ver­mit­teln woll­ten. Allen voran Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel. Sie sprach vor allem der in schwere See ger­ate­nen Schiff­bauin­dus­trie Mut zu. Man solle auch in dieser Krisen­si­t­u­a­tion nicht den Kopf in den Sand steck­en. Die Große Koali­tion sei bere­it, die Branche »im Rah­men ihrer Möglichkeit­en« zu unter­stützen. »Wir wollen Brück­en bauen, um durch diese Krise zu kom­men.« Neben der Poli­tik sei aber auch die Ini­tia­tive von Werften und Banken gefordert. Es sei wichtig, dass das Ver­trauen der Geschäftspart­ner gestärkt werde. Die Reed­ereien ermah­nte die Kan­z­lerin, die Fol­gen von Auf­tragsstornierun­gen sorgfältig abzuwä­gen. Ins­ge­samt sehe sie die mar­itime Wirtschaft in Deutsch­land trotz der gegen­wär­ti­gen mas­siv­en Flaute auf einem guten Kurs. Um über den aktuellen Abschwung hin­aus wet­tbe­werb­s­fähig zu bleiben, dürfe aber die Branche keineswegs nach­lassen in den Anstren­gun­gen, genü­gend Nach­wuchs her­anzu­bilden, der später die demografisch bed­ingten Lück­en aus­füllen müsse. 

Die Par­la­men­tarische Staatssekretärin im Bun­desmin­is­teri­um für Wirtschaft und Tech­nolo­gie und Koor­di­na­torin der Bun­desregierung für die mar­itime Wirtschaft, Dag­mar Wöhrl, betonte in ihrem State­ment, dass sich die deutsche mar­itime Indus­trie, und dazu gehöre auf jeden Fall auch, wenn nicht sog­ar beson­ders, die deutsche meer­estech­nis­che Indus­trie, trotz des gegen­wär­tig zu durch­ste­hen­den zyk­lis­chen Abschwungs nicht in ein­er struk­turellen Krise befinde, wenn auch weit­ere Verbesserun­gen zur langfristi­gen Fort­set­zung des bish­eri­gen Wach­s­tum­skurs­es dur­chaus notwendig seien. Der eingeschla­gene Weg, Deutsch­land zu einem mar­iti­men High­tech­stan­dort auszubauen, müsse kon­se­quent fort­ge­set­zt wer­den und die Bun­desregierung werde diesen Weg weit­er­hin poli­tisch flankieren. Sie könne jet­zt von den Stärken prof­i­tieren, die sie in den zurück­liegen­den Jahren entwick­elt habe. 

Karin Roth, Par­la­men­tarische Staatssekretärin im Bun­desverkehrsmin­is­teri­um bestätigte, dass man es zwar mit ein­er kon­junk­turellen Krise zu tun habe, dieses aber an der inte­gri­erten und nach­halti­gen Verkehrspoli­tik des Bun­des nichts ändern werde, die da heiße: 

  • Mehr Investi­tio­nen in die Infrastruktur;

  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit;

  • Sicherung von Aus­bil­dung und Beschäf­ti­gung und

  • Ver­ant­wor­tungs­be­wusster Umgang mit der Umwelt, ins­beson­dere der Meere und des Umweltschutzes.

Die drei Wirtschaftsver­bände der mar­iti­men Indus­trie zeigten sich abschließend mit dem Ver­lauf der Kon­ferenz zufrieden. Detail­lierte Vere­in­barun­gen müssen jedoch noch in Arbeits­grup­pen fest­gezur­rt wer­den. So will der Ver­band Deutsch­er Reed­er (VDR) die Zahl der unter deutsch­er Flagge im inter­na­tionalen Verkehr einge­set­zten Seeschiffe bis 2010 auf 600 erhöhen, eine Besserung der wirtschaftlichen Lage voraus­ge­set­zt, und begrüßte in diesem Zusam­men­hang aus­drück­lich, dass Vorschläge über eine weit­ere Senkung der Lohn­nebenkosten beim Betrieb von Schif­f­en unter deutsch­er Flagge eben­so wie die Mod­ernisierung der Schiff­fahrtsver­wal­tung aufge­grif­f­en wer­den sollen. Aus­drück­lich Stel­lung genom­men wurde auch zu der hohen Bedeu­tung des weltweit­en Kli­maschutzes. Der VDR will weit­er­hin geeignete und ver­hält­nis­mäßige Maß­nah­men zur Ver­ringerung der Emis­sio­nen von Treib­haus­gasen unter­stützen, drängt aber auf eine glob­ale Lösung, um den Unternehmen Pla­nungssicher­heit zu geben, um ein­seit­ige Belas­tun­gen mit Auswirkun­gen auf die Wet­tbe­werb­ssi­t­u­a­tion zu vermeiden. 

Der Ver­band für Schiff­bau und Meer­estech­nik (VSM) mah­nte vor dem Hin­ter­grund der aktuellen Entwick­lung des inter­na­tionalen Schiff­bau­mark­tes ein zügiges indus­triepoli­tis­ches Han­deln an, um dem deutschen Schiff­bau die nötige Atem­pause zu ver­schaf­fen, damit er seinen weit fort­geschrit­te­nen Umstruk­turierungs- und Kon­so­li­dierung­sprozess erfol­gre­ich abschließen kann. VSM-Vor­sitzer Wern­er Lüken sah den deutschen Schiff­bau gut aufgestellt, forderte aber dringlich neben dem aktuellen Krisen­man­age­ment die langfristige Fort­set­zung der Zukun­ftsstrate­gie »Lead­er­SHIP Deutsch­land«. Außer­dem müsse die gemein­schaftlich mit Bund, Län­dern und Gew­erkschaften betriebene Ent­bürokratisierung der Forschungs- und Inno­va­tions­förderung, Inten­sivierung von Aus­bil­dung und Imagewer­bung sowie die Verbesserung von Stan­dort- und Rah­menbe­din­gun­gen sys­tem­a­tisch fort­ge­set­zt werden. 

Der Zen­tralver­band der Deutschen See­hafen­be­triebe (ZDS) stellte in seinem Resümee her­aus, dass die Küsten­län­der dem Entwurf des Nationalen Hafenkonzepts pos­i­tiv gegenüber­stün­den und ihre grund­sät­zliche Zus­tim­mung dazu sig­nal­isiert hät­ten. Sie seien sich einig, dass alle gemein­sam an der Bewäl­ti­gung der zukün­fti­gen Her­aus­forderun­gen mitwirken müssten. Außer­dem sei man sich einig darüber gewe­sen, dass die derzeit­ige kon­junk­turelle Abschwächung den grund­sät­zlichen Trend zur Glob­al­isierung und inter­na­tionalen Arbeit­steilung nicht umkehren werde. Die Zunahme des Welthandels und des Welt­seev­erkehrs seien und blieben daher die zen­tralen Her­aus­forderun­gen der deutschen Häfen. Die weit­ere Hafe­nen­twick­lung müsse sich deshalb auf­grund der lan­gen Pla­nungs- und Bauzeit­en bei den Infra­struk­tur­vorhaben an den mit­tel- und langfristi­gen Wach­s­tum­sprog­nosen ori­en­tieren und die derzeit­ige Atem­pause müsse aus diesem Grund genutzt wer­den, um die Hafe­nen­twick­lun­gen voranzutreiben und die Hafe­nan­bindun­gen bedarf­s­gerecht auszubauen. 

Team GlobDef

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