Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
IM ZEICHEN DER KRISE
Von Hans Jürgen WitthöftERSTMALS EIGENER WORKSHOP ZUR DEUTSCHEN MARINE UND MARINESCHIFFBAU
von Jürgen E. Kratzmann
IM ZEICHEN DER KRISE
Von Hans Jürgen Witthöft
(Hans Jürgen Witthöft ist in der Redaktion des MarineForum zuständig für den Themenbereich „Schifffahrt, Schiffbau und Technologie“
Mit der nach Rostock einberufenen nunmehr 6. Nationalen Maritimen Konferenz hat ein breit angelegtes Forum seine Fortsetzung gefunden, das sich bisher als Erfolgsmodell erwiesen hat und das es erklärtermaßen auch bleiben soll. Diesmal überschattete jedoch, im Gegensatz zu den Höhenflügen der vorangegangenen in Hamburg durchgeführten Veranstaltung, die weltweite Finanz- und in deren Gefolge die Wirtschaftskrise das Geschehen.
Besonders die zuvor fast explosionsartig gewachsene Containerschifffahrt, in der sich die deutschen Reedereien innerhalb weniger Jahre eine unangefochtene Spitzenstellung erworben hatten, leidet unter starken Ratenrückgängen und wachsenden Aufliegerzahlen. Zum Zeitpunkt der Konferenz waren es weltweit rund 400 Schiffe, für die keine Beschäftigung mehr gefunden werden konnte. Darunter waren viele deutsche Schiffe, Tendenz zunehmend. Der Schwall der noch bis 2010/2011 zusätzlich in Fahrt kommenden Neubautonnage mit zahlreichen Schiffen über 10.000 TEU Stellplatzkapazität dürfte den Druck noch weiter verstärken, vielleicht sogar dramatisch. Den Werften im Lande brechen in großer Zahl bereits georderte Neubauaufträge weg, neue haben, wenn überhaupt, Seltenheitswert. Wie ein Damoklesschwert hängen über allem noch zusätzlich die weltweit über alle Maßen ausgebauten Schiffbaukapazitäten, die für die nächsten Jahre einen rigorosen Verdrängungswettbewerb befürchten lassen. Und die Seehäfen, die noch zuvor das Attribut »Jobmaschinen « für sich reklamierten, denken verstärkt über Kurzarbeit und auch schon Entlassungen nach, wenn auch sehr verhalten, um Fachkräfte für den späteren Aufschwung nicht zu verlieren.
Schöne Träume dahin? Nicht unbedingt zwangsläufig! Das maritime Geschäft war schon immer stark zyklisch geprägt. So ist es auch diesmal, wenn auch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise erschwerend zu verkraften ist.
So war es denn auch nicht nur nötig, sondern auf Sicht auch berechtigt, dass die in erfreulicher Zahl teilnehmenden Vertreter der Bundesregierung den über 1.000 Teilnehmern Mut für die Zukunft vermitteln wollten. Allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sprach vor allem der in schwere See geratenen Schiffbauindustrie Mut zu. Man solle auch in dieser Krisensituation nicht den Kopf in den Sand stecken. Die Große Koalition sei bereit, die Branche »im Rahmen ihrer Möglichkeiten« zu unterstützen. »Wir wollen Brücken bauen, um durch diese Krise zu kommen.« Neben der Politik sei aber auch die Initiative von Werften und Banken gefordert. Es sei wichtig, dass das Vertrauen der Geschäftspartner gestärkt werde. Die Reedereien ermahnte die Kanzlerin, die Folgen von Auftragsstornierungen sorgfältig abzuwägen. Insgesamt sehe sie die maritime Wirtschaft in Deutschland trotz der gegenwärtigen massiven Flaute auf einem guten Kurs. Um über den aktuellen Abschwung hinaus wettbewerbsfähig zu bleiben, dürfe aber die Branche keineswegs nachlassen in den Anstrengungen, genügend Nachwuchs heranzubilden, der später die demografisch bedingten Lücken ausfüllen müsse.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Koordinatorin der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Dagmar Wöhrl, betonte in ihrem Statement, dass sich die deutsche maritime Industrie, und dazu gehöre auf jeden Fall auch, wenn nicht sogar besonders, die deutsche meerestechnische Industrie, trotz des gegenwärtig zu durchstehenden zyklischen Abschwungs nicht in einer strukturellen Krise befinde, wenn auch weitere Verbesserungen zur langfristigen Fortsetzung des bisherigen Wachstumskurses durchaus notwendig seien. Der eingeschlagene Weg, Deutschland zu einem maritimen Hightechstandort auszubauen, müsse konsequent fortgesetzt werden und die Bundesregierung werde diesen Weg weiterhin politisch flankieren. Sie könne jetzt von den Stärken profitieren, die sie in den zurückliegenden Jahren entwickelt habe.
Karin Roth, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium bestätigte, dass man es zwar mit einer konjunkturellen Krise zu tun habe, dieses aber an der integrierten und nachhaltigen Verkehrspolitik des Bundes nichts ändern werde, die da heiße:
Mehr Investitionen in die Infrastruktur;
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit;
Sicherung von Ausbildung und Beschäftigung und
Verantwortungsbewusster Umgang mit der Umwelt, insbesondere der Meere und des Umweltschutzes.
Die drei Wirtschaftsverbände der maritimen Industrie zeigten sich abschließend mit dem Verlauf der Konferenz zufrieden. Detaillierte Vereinbarungen müssen jedoch noch in Arbeitsgruppen festgezurrt werden. So will der Verband Deutscher Reeder (VDR) die Zahl der unter deutscher Flagge im internationalen Verkehr eingesetzten Seeschiffe bis 2010 auf 600 erhöhen, eine Besserung der wirtschaftlichen Lage vorausgesetzt, und begrüßte in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass Vorschläge über eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten beim Betrieb von Schiffen unter deutscher Flagge ebenso wie die Modernisierung der Schifffahrtsverwaltung aufgegriffen werden sollen. Ausdrücklich Stellung genommen wurde auch zu der hohen Bedeutung des weltweiten Klimaschutzes. Der VDR will weiterhin geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen unterstützen, drängt aber auf eine globale Lösung, um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben, um einseitige Belastungen mit Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation zu vermeiden.
Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) mahnte vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung des internationalen Schiffbaumarktes ein zügiges industriepolitisches Handeln an, um dem deutschen Schiffbau die nötige Atempause zu verschaffen, damit er seinen weit fortgeschrittenen Umstrukturierungs- und Konsolidierungsprozess erfolgreich abschließen kann. VSM-Vorsitzer Werner Lüken sah den deutschen Schiffbau gut aufgestellt, forderte aber dringlich neben dem aktuellen Krisenmanagement die langfristige Fortsetzung der Zukunftsstrategie »LeaderSHIP Deutschland«. Außerdem müsse die gemeinschaftlich mit Bund, Ländern und Gewerkschaften betriebene Entbürokratisierung der Forschungs- und Innovationsförderung, Intensivierung von Ausbildung und Imagewerbung sowie die Verbesserung von Standort- und Rahmenbedingungen systematisch fortgesetzt werden.
Der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) stellte in seinem Resümee heraus, dass die Küstenländer dem Entwurf des Nationalen Hafenkonzepts positiv gegenüberstünden und ihre grundsätzliche Zustimmung dazu signalisiert hätten. Sie seien sich einig, dass alle gemeinsam an der Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen mitwirken müssten. Außerdem sei man sich einig darüber gewesen, dass die derzeitige konjunkturelle Abschwächung den grundsätzlichen Trend zur Globalisierung und internationalen Arbeitsteilung nicht umkehren werde. Die Zunahme des Welthandels und des Weltseeverkehrs seien und blieben daher die zentralen Herausforderungen der deutschen Häfen. Die weitere Hafenentwicklung müsse sich deshalb aufgrund der langen Planungs- und Bauzeiten bei den Infrastrukturvorhaben an den mittel- und langfristigen Wachstumsprognosen orientieren und die derzeitige Atempause müsse aus diesem Grund genutzt werden, um die Hafenentwicklungen voranzutreiben und die Hafenanbindungen bedarfsgerecht auszubauen.