Ausbildung bleibt eine Herausforderung
Auf diesem Gebiet wird sich in den nächsten Jahren vieles verändern. Die Einzelkonzeption Ausbildung in der Marine habe ich am 12. Oktober unterschrieben. Sie beschreibt den konzeptionellen Überbau, den es jetzt mit Leben zu füllen gilt.
Natürlich wird unsere Ausbildung noch gezielter auf den Einsatz ausgerichtet werden. IGF und EAKK sind Ihnen ja schon bekannt, hier dominieren streitkräftegemeinsame Inhalte. Inhalte, vor denen wir uns auch als Marine nicht verschließen können.
Die Konkurrenz zu Heeres- und Luftwaffenuniformträgern im Bereich der SKB zwingt uns, die teilstreitkraftgemeinsamen, individuellen Fähigkeiten wie körperliche Leistungsfähigkeit und Sprachkenntnisse zu erwerben, erhalten und nachzuweisen. Sollte uns hier nicht in Kürze ein Umdenken gelingen, werden wir erhebliche Probleme in der Förderung unserer Offiziere und PUOs – auch innerhalb der Marine – bekommen.
Unsere neue Unteroffizierausbildung beginnt am 1. August dieses Jahres. Hier wurden die Forderungen der Flotte nach mehr Vorgesetztenausbildung und nach mehr Praxisbezug berücksichtigt. Darüber hinaus wird die Sprachausbildung der Bootsmannanwärterinnen und ‑anwärter intensiviert und, last but not least, wurden neue Laufbahnbestimmungen berücksichtigt.
Ich bin mir im Klaren, welch hohe Anforderungen durch fortwährende Einsätze entstehen. Das gilt für alle Laufbahngruppen gleichermaßen. Gegebenenfalls müssen wir in diesem Zusammenhang erneut unser Ausbildungssystem hinterfragen. Die ersten Portepeeunteroffiziere der neuen Laufbahnen sind seit geraumer Zeit an Bord. Jetzt gilt es kritisch zu bewerten, ob sich die Umstellung dieser Laufbahn bewährt hat. Dabei darf der quantitative Gewinn nicht zulasten der dringend erforderlichen Qualität dieser Dienstgradgruppe gehen. Die Kompetenz, das Ansehen und die Integrität des PUO-Korps als einem Grundpfeiler der Marine als Ganzes müssen erhalten bleiben. Zudem dürfen unsere jungen PUOs nicht den hohen Anforderungen zum Opfer fallen, die der Einsatz als Meister zwangsläufig erfordert.
Ich fordere Sie auf: Nehmen Sie die jungen Unteroffiziere kameradschaftlich in Ihrer Mitte auf, sie haben zwar nur wenig praktische Erfahrungen, sind aber fachlich gut ausgebildet!
Auch bei den Offizieren besteht die Notwendigkeit der fortwährenden Weiterbildung. Nutzen Sie das Angebot der Führungsakademie. Hier werden einwöchige Kompaktmodule auf den Bedarf zugeschnitten und zu den unterschiedlichsten Themenfeldern angeboten. Eine Ausbildungsmethodik, die modernen Streitkräften und der damit verbundenen bedarfsorientierten Erwachsenenbildung gerecht wird. Identifizieren Sie Freiräume für Ihre Soldaten und Soldatinnen, damit sie sich selbst weiterbilden können.
Ausbildung bleibt eine Herausforderung. Wir alle sind Teil der Ausbildung und bei zum Teil durchaus berechtigter Kritik auch für die Mitgestaltung von Verbesserungen in diesem Bereich verantwortlich.
Als Soldaten unterscheiden wir Ausbildungs- und Erziehungsmängel. Erziehung, die uns charakterlich prägt und den Geist bestimmt, der in unseren Streitkräften herrscht.
Der Befehlshaber der Flotte hat bereits über das hohe Aufkommen von Eingaben an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages gesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen anderen Aspekt hinweisen, der mir am Herzen liegt. Ich stelle fest, dass immer häufiger übereinander mit dem Wehrbeauftragten, als miteinander über das Problem gesprochen wird. Natürlich hat jeder das Recht und den Anspruch, sich im Zuge einer Beschwer an Institutionen wie den Wehrbeauftragten oder den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu wenden. Und doch geben die im Zusammenhang mit der Untersuchung des Vorbringens erstellten Unterlagen oft Aufschluss darüber, dass ein persönliches Gespräch des Petenten mit seinem Vorgesetzten unkomplizierter und mit weit weniger administrativem Aufwand zum gewünschten Ergebnis geführt hätte.
Nochmals, ich stelle keinesfalls die Institution des Wehrbeauftragten in Frage, ganz im Gegenteil. Und doch müssen wir uns die Frage stellen, warum im unmittelbaren Umfeld nicht mehr hinreichend miteinander gesprochen wird. Vielleicht begründet sich diese Entwicklung auch darin, dass dem Vorgesetzten die Lösung von persönlichen Problemen nicht mehr zugetraut wird. Vielleicht hat der Vorgesetzte bei allen Nebentätigkeiten, administrativen Anforderungen, verwaltungsrechtlichen Bestimmungen etc. aber auch nicht mehr ausreichend Zeit, sich um die Belange seiner ihm unterstellten Soldatinnen und Soldaten zu kümmern.
Fakt ist, dass Vorgesetzte mit allen Mitteln versuchen müssen, wieder erste Ansprechpartner derjenigen zu werden, die Sorgen und Nöte haben. Werden Sie nicht müde, Wege zu finden, sich von administrativen Aufgaben zu befreien, nutzen Sie den KVP zur Entbürokratisierung, hinterfragen Sie den Verwaltungsaufwand und setzen Sie sich für Bürokratieabbau ein, wo immer Ihnen das möglich ist. Nur so werden wir Zeit für unsere Frauen und Männer finden und für unsere eigentliche Aufgabe, nicht Vorgesetzter und nicht Vorsitzender sondern Führer zu sein.
Gewinnen Sie als Vorgesetzte das Vertrauen, auf dessen Grundlage sich ihre Soldatinnen und Soldaten bei Problemen an Sie wenden. Suchen sie das Gespräch von sich aus und nicht erst, wenn der Untergebene zu Ihnen kommt. Der Vorgesetzte, der sich um seinen Untergebenen kümmert, in persönlicher Fürsorge wie zur Einhaltung von Disziplin oder einem tadellosen äußeren Erscheinungsbild zeigt damit, dass dieser Untergebene seine Aufmerksamkeit wert ist. Nichtbeachtung und Gleichgültigkeit im Umgang miteinander sollten wir uns in militärischen Gemeinschaften nicht erlauben, in denen es darauf ankommt, füreinander einzustehen und sich aufeinander zu verlassen.
Ich erwarte, dass sich die Vorgesetzten der Marine auf allen Ebenen diesen Aufruf zu Eigen machen. Eine intakte, gut gestimmte Gemeinschaft erzeugt nicht nur Leistungsbereitschaft, sondern fängt im Übrigen Belastungen besser auf.