Ankauf von Kompetenz bei der Industrie ersetzt nicht die eigene Kompetenz
Wir brauchen nach wie vor vielseitig qualifizierte Seeoffiziere ebenso wie Spezialisten in ausbildungsintensiven Fachgebieten wie beispielsweise der IT. Der Bundesrechnungshof hat auch uns im vergangenen November zu Recht vorgeworfen, die Softwarepflege und ‑änderung unserer FüWES ohne Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an die Industrie vergeben zu haben. Wir haben in der Vergangenheit leichtfertig geglaubt und die Politik hat uns geradezu gedrängt, auf eigene Kompetenzen zu verzichten und diese bei der Industrie ankaufen zu können. Dadurch haben wir die Fähigkeit verloren, die Qualität der von der Industrie abgelieferten Systeme kompetent und umfänglich bewerten zu können. Diese Fähigkeit müssen wir zurückgewinnen. Denn auch wenn wir mit F 125, K 130, dem 2. Los U 212 Verträge für hochmoderne Einheiten abschließen konnten, die Qualität der abgelieferten Einheiten bereitet uns fast regelmäßig Kopfzerbrechen.
Die Erlangung der Einsatzreife F 124 geht nicht in dem erhofften Tempo voran, die angebotene Lösung für den MH 90 konnte uns bisher nicht überzeugen und auch in weiteren aktuellen Projekten schlummern noch Risiken, die zurzeit leider kaum absehbar sind. Wir werden uns darauf einzustellen haben, dass in einigen Bereichen die erhofften Entlastungen nicht eintreten werden, weil die neu zulaufenden Einheiten ihre Einsatzausbildung noch nicht abgeschlossen haben oder noch nicht in Dienst gestellt sind.
Vor diesem Hintergrund haben wir erstmals für das Projekt F 125 eine Arbeitsgruppe im FüM eingerichtet. Die Arbeitsgruppe hat ihre Arbeit im September vergangenen Jahres aufgenommen. Sie stellt den Beginn einer Entwicklung dar, die in eine grundlegende Neuordnung des Zusammenwirkens zwischen Bedarfsträger, Bedarfsdecker und Auftragnehmer münden kann. Sie soll uns die Initiative während des Beschaffungsprozesses erhalten, Kompetenzen bündeln und uns vor unliebsamen Überraschungen bei der Abnahme neuer Einheiten schützen. Und ich hoffe, dass auch der spätere Nutzer frühzeitig eingebunden werden kann.
Nicht nur neues Material beschaffen, sondern auch vorhandenes erhalten
Die tatsächliche Auslastung der im Dienst befindlichen Einheiten ist auch in 2007 sehr hoch gewesen. Grund genug, um zu erkennen, wie wichtig die Einführung neuer Waffensysteme zur Entlastung ist. Wir haben in 2007 einen 3. EGV im Plan verankern können und sind zuversichtlich, bis zur Sommerpause 2008 die parlamentarische Genehmigung zur Beschaffung zu erhalten. Der Einsatz unserer Tanker anstelle von Kampfschiffen hat im vergangenen Jahr zu einer spürbaren Entlastung geführt. Ggf. müssen wir daher auch einmal andenken, ob die Beschaffung von zwei neuen Einheiten dieser »High Valuable Units« nicht auch einen notwendigen und langfristigen Erhalt wesentlicher Fähigkeiten unserer Marine bedeutet. Sie schafft darüber hinaus einer auf Zurückhaltung bedachten Politik zudem den politischen Freiraum abgestufter Vorgehensweise.
Es gilt jedoch nicht nur neues Material zu beschaffen, sondern auch vorhandenes zu erhalten. Wir haben auf dem Wege der Kostenbegrenzung Mat-Erhalt in 2007 gute Fortschritte gemacht, was unsere schwimmenden und fliegenden Systeme angeht. Der Erhalt unserer Infrastruktur ist in der Vergangenheit jedoch häufig zu kurz gekommen. Wir verdanken es unter anderem dem Wehrbeauftragten, für die Thematik Infrastruktur WEST sensibilisiert worden zu sein.
Der Bundesminister der Verteidigung hatte daraufhin die Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel für die beschleunigte Sanierung von Unterkunftsgebäuden sowie die Verbesserung des Unterbringungsstandards angeordnet.
Von diesen zusätzlichen Mittelzuweisungen konnte auch die Marine profitieren. Über die Sanierung hinaus werden wir die Infrastrukturmaßnahmen für die Zusammenlegung des Marineamtes und der Marineflieger angehen. Die Mittel zur infrastrukturellen Unterstützung der Systeme MH 90 und F 125 werden zurzeit eingebracht. Das, was wir uns für die Marine vorgenommen haben, werden wir umsetzen.
Für darüber hinausgehende signifikante Standort- und Liegenschaftsoptimierungen sehe ich allerdings auf Grundlage unserer derzeitigen Struktur und aus Stationierungssicht keinen Handlungsspielraum mehr.
Sie erinnern sich noch an das Eingangszitat: »Mitarbeiter können alles: wenn man sie weiterbildet,…«