Wie sieht denn Ihr Alltag an Bord der Fregatte BAYERN eigentlich aus?
Der Tag beginnt bei mir um 05.00 Uhr. Erst ein wenig Lesen, dann informiere ich mich bei der Nachtwache meines Stabes über all das, was sich in den letzten Stunden in unserem Operationsgebiet ereignet hat – kurz und prägnant. Um 06.20 Uhr geht es zum Sport; danach wird erst einmal gefrühstückt. Im Anschluss daran erste Telefonate mit den »Frühaufstehern « in Deutschland: Einsatzführungskommando, Flottenkommando und Ministerium.
Um 08.30 Uhr findet jeden Tag die große Lage mit meinem Stab und der Schiffsführung des Flaggschiffs statt; hier kommt alles auf den Tisch, wird nachgefragt, im Detail dargestellt und wieder hinterfragt. Dazu meine Anweisungen für den Tag. Eine solche Operation hat viele Ratgeber – doch jeder muss am Ende genau wissen, wo es hingeht und wie die Lage im Operationsgebiet wirklich ist.
Vormittags gibt es Besprechungen zu Einzelthemen oder Besuche auf Einheiten meines Verbandes; manchmal geht es auch nach Beirut oder Naqoura, in die Hauptquartiere der libanesischen Marine oder von UNIFIL, dem UN-Hauptquartier, zuständig für alle im Libanon stationierten UN-Truppen.
Nachmittags wartet schon wieder mein Stab auf mich. Jetzt gilt es, die bis dahin eingetroffene Post zu bearbeiten und der Operationsführung im Stab weitere Entscheidungshilfen zu geben. Dazwischen immer wieder Gespräche mit dem Chef des Stabes, Kapitän zur See zur Mühlen, der alles umsetzt und organisiert. Dann geht es weiter mit dem »Papierkrieg «.
Abends, nach dem Abendbrot, gehen alle vorgeschriebenen Meldungen nach Deutschland. Sie müssen vorher gelesen und redigiert werden – danach meine Unterschrift. Der Tag endet mit einem letzten Rundgang auf die Brücke oder in die Operationszentrale der Fregatte BAYERN. Dann noch ein bisschen Klönen in der Offiziermesse und ab in die Koje.
Was haben Sie für Gefühle, wenn Sie abends auf die Skyline von Beirut schauen?
Beirut ist eine wunderschöne Stadt; nicht umsonst trägt sie den Namen »Paris des Nahen Ostens«. Ich bin etwa ein- bis zweimal pro Woche zu Gesprächen oder offiziellen Besuchen in Beirut. Freundliche Menschen überall, die sich alle nur nach einem sehnen: Sie möchten in Ruhe und Frieden ihr Leben gestalten dürfen, wie es ja für uns Europäer selbstverständlich ist. Wenn ich sie sehe, mit ihnen spreche und mit ihnen arbeite, weiß ich sofort, dass unsere Operation und die Unterstützung, die die Vereinten Nationen dem Libanon und seiner Bevölkerung zukommen lassen, den richtigen Weg beschreiten. Einen Weg, hin zu Frieden und wirtschaftlichem Aufschwung; ein langer Weg, aber er ist möglich.