Deutschland — Internationale Initiativen im Bereich maritimer Sicherheit und die Rolle der Marine

Flagge Deutschland

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen” veröf­fentlicht.

Marineforum

Inter­na­tionale Ini­tia­tiv­en im Bere­ich mar­itimer Sicher­heit und die Rolle der Deutschen Marine

von Klaus von Dambrows­ki
(Flot­til­lenad­mi­ral Klaus von Dambrows­ki ist Stab­sabteilungsleit­er FüM III im BMVg)

Die deutschen Behör­den sind ver­ant­wortlich für eine Küsten­lin­ie von nahezu 2.400 km und ca. 8.000 Quadratk­ilo­me­ter an Ter­ri­to­ri­al­gewässern. Ca.150.000 Schiffe pro Jahr laufen deutsche Häfen an, 400.000 Schiffe bewe­gen sich pro Jahr in der Deutschen Bucht und in den für uns rel­e­van­ten Teilen der Ost­see. Dieser Seev­erkehr muss sich­er durch unsere Wasser­straßen geleit­et wer­den und hat Anspruch auf die Ein­hal­tung seerechtlich­er Konventionen. 

Marineforum Flottillenadmiral Klaus von Dambrowski Die zahlre­ichen mar­iti­men Auf­gaben wer­den von ver­schieden­sten Behör­den des Bun­des und der Län­der wahrgenom­men. Häu­fig sind die Ver­ant­wortlichkeit­en ent­lang den Küsten­re­gio­nen dezen­tral­isiert. Die Polizeige­walt in den Küstengewässern liegt grund­sät­zlich bei den fünf Bun­deslän­dern, die ihre Aktiv­itäten in einem Büro in Cux­haven abstim­men. Die Wasser­schiff­fahrts­di­rek­tion (WSD) mit ver­schiede­nen Direk­torat­en und Büros ist ver­ant­wortlich für die Betrieb­ssicher­heit der Seev­erkehr­swege sowie die Betrieb­ssicher­heit und den Fluss des Seev­erkehrs. Die WSD ver­fügt über eine dezen­trale Organisationsstruktur.

Im Fall soge­nan­nter »Großschadensla­gen« oder auch bei so genan­nten Son­der­la­gen liegt die Ver­ant­wor­tung für die Koor­di­na­tion von entsprechen­den Maß­nah­men beim Havariekom­man­do in Cux­haven, das von Bund und Län­dern gemein­sam betrieben wird. Die Auf­gaben der Bun­de­spolizei (Bpol) wer­den haupt­säch­lich in Neustadt sowie in Cux­haven und Warnemünde koor­diniert. Ihre Haup­tauf­gabe ist der Schutz der See­gren­zen Deutsch­lands. Dies umfasst z. B. den Kampf gegen ille­gale Ein­wan­der­er. Die Zol­lver­wal­tung hat ihre Zen­trale in Ham­burg. Haup­tauf­gabe der Zol­lver­wal­tung ist die Durch­set­zung deutsch­er Zollbes­tim­mungen. Der Fis­chereis­chutz obliegt dem Land­wirtschaftsmin­is­teri­um und dessen nach­ge­ord­neten Behör­den. Es gibt Absprachen und Vere­in­barun­gen zwis­chen all diesen Behör­den, um im Prob­lem­fall koor­dinierte Maß­nah­men tre­f­fen zu können.

In Deutsch­land ist man noch wenig sen­si­bil­isiert
Seit dem 11. Sep­tem­ber 2001 aber wird offen­sichtlich, dass die See von all ihren Anrain­ern noch unter einem weit­eren Aspekt gese­hen wer­den muss: Sie ist ein ver­hält­nis­mäßig offen­er, nur schw­er kon­trol­lier­bar­er Zugangsweg für Ter­ror­is­ten aus dem hoheits­freien Raum her­aus mit­ten hinein in die hochempfind­liche wirtschaftliche und soziale Infra­struk­tur ein­er mod­er­nen Indus­triege­sellschaft. Für diesen Aspekt ist man in Deutsch­land noch wenig sen­si­bil­isiert – jedoch nicht etwa, weil die Nutzung dieses Zugangs so unwahrschein­lich wäre, son­dern lediglich deshalb, weil es bis­lang noch keinen groß angelegten seewär­ti­gen Anschlag mit Medi­en­aufmerk­samkeit gegeben hat. Dabei ist die typ­isch ter­ror­is­tis­che Zielset­zung – näm­lich die Erzeu­gung größt­möglich­er Schadenswirkung mit ver­hält­nis­mäßig schlicht­en Mit­teln – auf See und von See her in ver­schieden­sten Vari­anten denkbar.

Eine Reak­tion infolge des 11. Sep­tem­bers ist die Ein­rich­tung des Mar­iti­men Sicher­heit­szen­trums in Cux­haven, in dem erst­mals alle zuständi­gen Behör­den zumin­d­est organ­isatorisch gemein­sam vertreten sind, um auf soge­nan­nte »Son­der­la­gen« adäquat reagieren zu können.

Am 6. Sep­tem­ber 2005 wurde in einem Bund-Län­der Abkom­men vere­in­bart, dass zur besseren Koor­di­na­tion der zuständi­gen Behör­den ein Mar­itimes Sicher­heit­szen­trum (MSZ) errichtet wird, dass die Aktiv­itäten der BPol, der bei­den Küstenwachzen­tren und des Havariekom­man­dos abstimmt. Die Marine beteiligt sich an dem MSZ mit einem Verbindung­sof­fizier, der über das Flot­tenkom­man­do ggf. Unter­stützungsleis­tun­gen der Marine anfordern kann und zum gegen­seit­i­gen Lage­bil­daus­tausch beiträgt. 

Marineforum Die Organ­i­sa­tion des MSZ greift nicht in die orig­inären Zuständigkeit­en einzel­ner Behör­den ein, son­dern dient vor allem der Koop­er­a­tion und der Koor­di­na­tion. Dies wird dadurch erre­icht, dass alle Behör­den unter einem Dach zusam­menge­fasst wer­den und ein gemein­sames Lage­bild erstellen. Im Fall sog. Son­der­la­gen (Ter­ro­ran­schlag) übern­immt der Ver­ant­wortliche (z.B. GSG 9 Polizeiführer) und kann für die Dauer dieser Lage Anweisun­gen an die übri­gen Behör­den erteilen. Die Marine ist darauf vor­bere­it­et, in einem solchen Fall per­son­ell aufzuwach­sen und die Mitar­beit schicht­fähig zu garantieren. Im Gegen­satz zu den früheren Küstenwachzen­tren Nord- und Ost­see ist die Marine mit einem Verbindungse­le­ment per­ma­nent einge­bun­den. Das MSZ hat seinen Anfangs­be­trieb am 16. Jan. 2007 aus einem Über­gangs­ge­bäude her­aus aufgenommen.

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →