Die U‑Boote der Bundesmarine sind durch die völlig neue strategische Situation geprägt
U‑Boote hatten die Hauptlast des Seekrieges getragen, mit keinem anderen Seekriegsmittel wussten die Deutschen besser umzugehen. Bei der Aufstellung von Seestreitkräften für die Bundesrepublik Deutschland wurde das U‑Boot deshalb frühzeitig in die Planungen einbezogen. Erste Anfänge gehen auf das Jahr 1957 zurück.
Durch Hebung und Grundüberholung eines selbst versenkten Hochseebootes Typ XXI und zweier Küstenboote Typ XXIII, WILHELM BAUER, HAI und HECHT, konnte die junge Bundesmarine noch von der Genialität der letzten, nicht mehr zum Einsatz gekommenen Bootstypen des Zweiten Weltkriegs profitieren und sich mit Technik und Handhabung vertraut machen.
Vor dem Hintergrund der völlig veränderten strategischen Lage Westdeutschlands als Frontstaat der NATO konnte das U‑Boot nicht mehr Plattform zur Führung von ozeanischem Handelskrieg sein. Im Falle eines Angriffs durch den Warschauer Pakt galt es jetzt für die Marine, dem Gegner die ungehinderte Nutzung der Ostsee als Rollbahn zur Unterstützung seiner Landfront zu verwehren und Landungsoperationen zu verhindern. In Seegebieten eindeutiger gegnerischer Überlegenheit wie der mittleren und östlichen Ostsee waren kleine, kompakte U‑Boote mit hoher Kampfkraft das geeignete Mittel zur maritimen Vorneverteidigung. In der Nordsee und angrenzenden Seegebieten war es Auftrag der U‑Boote, durch Bekämpfung gegnerischer U‑Boote und Überwasserstreitkräfte an der Gebietssicherung mitzuwirken. Im typischen Einsatzprofil des Kalten Krieges kam es darauf an, den Vorteil der Unsichtbarkeit und Schwerortbarkeit des U‑Bootes bis zum Waffeneinsatz und darüber hinaus zu erhalten und den Gegner zu überraschen.
Der Aufbau einer neuen deutschen U‑Boot-Waffe ist gekennzeichnet durch die Deutschland auferlegte Beschränkung durch die WEU auf 500 Tonnen, durch die Schaffung einer industriellen Basis und durch die Suche nach einem Bootstyp, der den enormen Herausforderungen des Auftrags gerecht werden konnte. In der Ostsee mit ihren geringen Wassertiefen und ihrer begrenzten Ausdehnung stand den Warschauer-Pakt Marinen die gesamte Südküste vom Finnischen Meerbusen bis in die Lübecker Bucht zur Verfügung, U‑Jagdverbände konnten innerhalb weniger Stunden, fliegende U‑Jagdmittel innerhalb von Minuten auftreten. Deutsche U‑Boote mussten deshalb für den Einsatz unter diesen Bedingungen besonderen operativen Ansprüchen genügen, wie sie für die meisten Marinen nicht in dem Maße galten.
Professor Ulrich Gabler, im Zweiten Weltkrieg LI auf Korvettenkapitän »Teddy« Suhrens U564, fand mit seinem »Ingenieurkontor Lübeck« (IKL) auf der Basis des kleinen Küsten-U-Bootes vom Weltkriegstyp XXIII eine technische Antwort. Die aus den Vorgängerbooten der sechziger Jahre – U201 und 205 – hervorgegangene Klasse U206 wurde mit 18 Einheiten zwischen 1973 und 1975 in Dienst gestellt und brachte die U‑Boot-Stückzahl des Kalten Krieges zusammen mit sechs Booten der Klasse U205 auf 24. Ab Ende der 80er Jahre wurden zwölf Boote zur Klasse U206 A modernisiert und die Klasse U205 nach und nach ausgephast. Acht dieser mit neuen Sonar‑, Lageerarbeitungs- und Waffeneinsatzsystemen dem damaligen Stand der Waffentechnik angepassten Einheiten sind noch im Dienst und bilden nach wie vor das Rückgrat der deutschen U‑Boot-Waffe.
Bei der Klasse U206 A handelt es sich um ein konventionelles, auf den Einsatz in der Ostsee optimiertes Einhüllenboot. Die im Verhältnis zur Bootsverdrängung mächtige Fahrbatterie erlaubt eine Höchstgeschwindigkeit von 18 Knoten getaucht, die über mehrere Stunden gehalten werden kann. Das Boot hat ausgezeichnete Manövrier- und Tiefensteuereigenschaften, so dass es schon bei Wassertiefen von unter 20 Metern getaucht fahren kann.
Das Ende des Kalten Krieges stieß für diesen einzigartigen Entwurf quasi das Fenster zu neuen Horizonten auf. Während bis dahin die beiden Randmeere Nord- und Ostsee, die Norwegensee, die Biskaya und die Gewässer um die britischen Inseln das Übungsgebiet abgrenzten, operieren die Boote seit dem dritten Jahrzehnt ihrer Indiensthaltung routinemäßig im gesamten Mittelmeer und standen der US-Navy schon mehrfach in den »Littorals« von Neuengland bis in die Karibik als herausfordernde Übungspartner gegenüber. Die militärischen Einsätze der Boote im östlichen Mittelmeer im Rahmen der Operation Active Endeavor als Beitrag zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus gehen nun ins dritte Jahr. Sie haben längst nachgewiesen, dass sie eben nicht »nur« Küsten- U‑Boote sind.