Wirksames Gegenmittel der Alliierten: Das Konvoi-System
Trotz der immensen Gesamterfolge des Jahres 1917, einige Quellen nennen über neun Millionen BRT, was selbst im von den Alliierten so genannten »Schreckensjahr« 1942 nicht mehr erreicht wurde, gelang es nicht, Großbritannien – wie erhofft binnen Jahresfrist – an den Verhandlungstisch zu zwingen. Im Gegenteil: Am 6. April 1917 hatte Präsident Wilson den Kriegseintritt der USA erklärt. Deren Eingreifen in den Seekrieg – hier insbesondere mit Transportraum und Geleitschutz für das neu eingeführte Konvoi-System – und ab 1918 auch die massive Verstärkung der Landfront mit einer Million US-Soldaten, gab dem Krieg die entscheidende Wende. Bei Eröffnung des uneingeschränkten U‑Boot-Krieges am 1. Februar 1917, so erinnert sich der Flottenchef Admiral Scheer 1920, standen 57 U‑Boote in Nordsee und östlichem Atlantik.
Mehr als 150 U‑Boote waren 1917 insgesamt für den Fronteinsatz verfügbar, die Verluste von weniger als zehn Booten pro Monat konnten durch Neuzugänge mehr als ausgeglichen werden. Den U‑Booten gelang es trotzdem nicht, die atlantischen Nachschubrouten ernsthaft zu gefährden – kaum eines der im Konvoi geschützten Fahrzeuge konnte versenkt werden. Die Erfolge – wie die von U35 – wurden überwiegend im Mittelmeer erzielt. Admiral Scheer resümierte, wie es der Entente gelungen war, der U‑Bootgefahr »Herr zu werden«: Durch Reproduktion des erlittenen Verlusts an Schiffsraum, durch Minenabsperrung der Nordsee, durch Zerstörer mit Wasserbomben, durch Netze und Drahthindernisse, durch U‑Boot-Fallen und am maßgeblichsten durch Geleitzüge. Was er nicht schrieb: Die Erklärung des uneingeschränkten U‑Boot-Krieges bot Amerika den Anlass für seinen Kriegseintritt und besiegelte schließlich die Niederlage der Mittelmächte.
Am 21. Oktober 1918 entsprach die deutsche Regierung der Forderung Präsident Wilsons, den U‑Boot-Krieg gegen Passagierdampfer zu beenden und Admiral Scheer stellte daraufhin den Handelskrieg mit U‑Booten völlig ein. Kapitänleutnant v. Arnauld, ganz Hugenotte, nennt seinen U‑Kreuzer U139 den »dernier cri« deutscher Kriegsrüstung. Am 1. Oktober hatte er Kiel verlassen, der Befehl Scheers erreichte ihn in der Mitte des Atlantiks, auf halbem Wege in sein Operationsgebiet vor der amerikanischen Ostküste. Am 14. November lief U139 schwer beschädigt wieder in Kiel ein. »Als wir in den Hafen kamen, sahen wir die rote Flagge der Revolution wehen« erzählte v. Arnauld zehn Jahre später dem amerikanischen Autor Lowell Thomas für dessen Buch »Ritter der Tiefe«. Admiral Scheer zieht 1920 in seinem Buch »Deutschlands Hochseeflotte im Weltkriege« eine bittere Bilanz: »In der Marine hat die U‑Boot-Waffe die schwersten Verluste zu ertragen gehabt. … Im Ganzen sind 360 U‑Boote … im U‑Boot-Krieg zur Verwendung gekommen, von denen 184 Boote auf ihren Kriegsfahrten verloren gingen.« 5.249 von 12.500 Männern hatten ihr Leben gelassen.