Große Schwachstellen des ersten Jahrzehnts waren die Motoren
Die als Höchstleistung gewertete Fahrt von 587 Seemeilen bei schwerem Wetter von Wilhelmshaven um Skagen nach Kiel gibt eine Vorstellung von den begrenzten Fähigkeiten des 238 Tonnen verdrängenden U1. Die Kaiserliche Werft Danzig bekam den Zuschlag für größere Folge-U-Boote, während die Germaniawerft sich mit Exporten nach Österreich und Norwegen behelfen musste. Erst als der Ausländer d’Equevilley durch Techel als Chefkonstrukteur abgelöst war, konnte sich die Kieler Werft mit ihrem Entwurf eines 500 Tonnen-Bootes durchsetzen, der 1908 mit den Bootsnamen U5 bis U12 bei beiden Werften in Auftrag gegeben wurde. Die Boote verfügten über eine Konstruktionstauchtiefe von 50 Metern und liefen aufgetaucht ca. 15 Knoten. Getaucht sollen sie bereits zehn Knoten erreicht haben. Es konnten sechs Torpedos, die aus je zwei Bug- und Heckrohren verschießbar waren, mitgeführt werden. Mit den neuesten Einheiten besaß die Kaiserliche Marine Tauchboote, die hinsichtlich Seeausdauer und Kampfkraft denen des Auslands deutlich überlegen waren.
Bleibatterien, Hydraulik und Druckluft, elektrische Fahrmotoren, die auch als Generatoren für die Batterieladung dienten, Torpedos, Sehrohre, Funkmasten, Kreiselkompasse – die wesentlichsten Komponenten, die auch heute noch U‑Boot-Technik ausmachen, waren auf diesen Booten bereits vorhanden. Nur der Petroleummotor, dessen geringer Wirkungsgrad und die durch ihn verursachte »Sichtbarkeit der Boote durch Rauchentwicklung bei Tage und Feuererscheinung bei Nacht« verhinderte nach Tirpitz‘ Worten die Brauchbarkeit der Boote für Fernverwendungen. In der Tat gingen fast alle Petroleumboote schon kurze Zeit nach Kriegsbeginn verloren. Erst auf U19 konnte ab 1911 der fertig entwickelte Dieselmotor zum Einsatz kommen, wenn es auch bis 1913 dauern sollte, bis seine Kinderkrankheiten überwunden waren.
Schon knapp acht Jahre nach ihrer Geburt stand die deutsche U‑Boot-Waffe qualitativ im internationalen Vergleich an der Spitze. Im Juli 1914 verfügte sie bereits über 28 Einheiten – davon zehn mit Dieselantrieb, 17 weitere Dieselboote waren im Bau. Die Hauptgegner England mit sieben und Frankreich mit keinem einzigen funktionstauglichen Diesel- U‑Boot waren technisch überflügelt. Doch es gab auch Schwierigkeiten. Die modernste 685 Tonnen-Serie – U31 bis U41 – sollte planmäßig am 1. August 1914 abgeliefert sein, technische Probleme mit dem Zweitakt-Dieselmotor führten jedoch zu einer fast eineinhalbjährigen Verzögerung. »Schuld daran war, dass die beteiligten Firmen nicht imstande waren zu erfüllen, was sie in Aussicht gestellt hatten« schreibt Tirpitz in seinen »Erinnerungen«.
So rasant auch die technische Entwicklung voranschritt und zu erstaunlichen Leistungen führte, so unklar waren die Vorstellungen vom Potenzial der Boote für den Krieg, von Taktik und operativem Ansatz. Für das Flottenkommando waren die U‑Boote hauptsächlich Hilfskräfte der Hochseeflotte mit statischen Aufgaben wie Bilden von Sicherheitsgürteln und Einnehmen von Auffangstellungen. Hinsichtlich der physischen Belastbarkeit der Besatzungen herrschte bis 1912 noch die Ansicht vor, dass es Menschen in den engen Stahlröhren nicht länger als drei Tage aushalten könnten. Ab Winter 1912/13, als die ganze Flottille in die Nordsee entsandt worden war, mit der Aufgabe, vor der englischen Küste so lange wie möglich auf Station angriffsbereit auszuharren, wusste man es besser: Sie blieb elf Tage draußen. Entsprechende technische Anpassungen wurden aus diesen Erfahrungen unverzüglich umgesetzt und sollten sich im Kriege bewähren.