— Lokale Herausforderung und Lösungsansatz
— Fazit
Lokale Herausforderung und Lösungsansatz
Von der Piraterie am Horn von Afrika und im Somalia-Becken ist nicht nur die internationale Wirtschaft betroffen. Jemenitische und somalische Fischer leben in der permanenten Angst, dass sie und ihre Boote zu Geiseln der Piraten werden. Die Piraten tarnen sich gerne als Fischer, um unauffällig im Seegebiet operieren zu können. Kommt es zu Kampfhandlungen, sind es oft die Geiseln, die zu Schaden kommen.
Seit 1991 gibt es in Somalia keine dauerhafte und umfassende Staatsgewalt mehr. Es herrscht Anarchie, lokale Strukturen sind nur von vorübergehender Dauer und dienen in der Regel der Wohlfahrt einzelner Clans. Die Masse der Bevölkerung leidet Not und Hunger und steht unter latenter Lebensgefahr. Somalia gehört zu den unsichersten Ländern der Welt.
Eine Intervention der internationalen Gemeinschaft Anfang des vergangenen Jahrzehntes scheitere am hohen Blutzoll, welchen insbesondere US-amerikanische Truppen im Kampf gegen die Clans in Mogadischu zahlten. Zu Beginn des Jahres 1994 führte die Deutsche Marine ihre erste »Joint Operation« durch, als die Fregatten KÖLN und KARLSRUHE, der Versorger NIENBURG und Tanker SPESSART in der Operation »Southern Cross« mehr als 1.200 deutsche Soldaten aus Mogadischu evakuierten.
Somalia ist seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten ein Land, welches geprägt ist von Bürgerkrieg, Terror, Kriminalität (Piraterie!) und humanitären Katastrophen. Das Interesse der Internationalen Gemeinschaft an Somalia ist immer nur punktueller Natur. Nach dem Rückzug der Internationalen Gemeinschaft, die seit 1993 an der UNOSOM-Operation »Restore Hope« beteiligt waren, blieb das Land ab Mitte 1994 weitestgehend sich selbst überlassen. Erst nach »9–11« geriet es wieder in den Fokus globaler Sicherheitspolitik. Seit 2002 beteiligt sich auch die Deutsche Marine signifikant am Kampf gegen den Terror im Rahmen der US-amerikanisch geführten Operation Enduring Freedom. Es gilt, die Seeverbindungen des internationalen Terrorismus zwischen Somalia und der arabischen Halbinsel zu unterbrechen. Gerade im somalischen Vakuum staatlicher Gewalt gedieh der Terrorismus bis dahin ungehindert.
Äthiopische Truppen und die mit UN-Mandat versehenen Truppen der Afrikanischen Union konnten auch in jüngerer Vergangenheit keine dauerhafte Stabilität in Somalia bringen, bei Ersteren seien Zweifel zugelassen, ob dies überhaupt je in deren Interesse lag. Ansatzweise Stabilität und Sicherheit – für somalische Verhältnisse – herrschen in Somalia überall dort, wo die Islamic Courts mit der Scharia Einfluss ausüben. Zumindest empfindet ein Großteil der Bevölkerung es so, da auch das strenge Regime der Fundamentalisten besser ist als das anarchistische Chaos der nur auf den eigenen Vorteil bedachten Clans. Die Rechtsprechung der Islamisten hatte in der Vergangenheit auch positiven Einfluss auf die Sicherheit der Seewege. Da Piraterie und Seeräuberei nach der Scharia mit dem Tode bestraft werden, kamen die Übergriffe auf die Seeschifffahrt während der Zeit islamitischer Herrschaft über die Küstengebiete Somalias zwischen 2006 und Herbst 2007 fast völlig zum Erliegen.
Das Problem der Piraterie ist jedoch nur ein kleiner Teil der Herausforderungen am Horn von Afrika. Es lässt sich dauerhaft auch nicht durch die gegenwärtigen Operationen auf See oder begrenzte Landoperationen im Sinne der UN-Resolution 1851 ausmerzen. Somalia braucht endlich eine funktionierende Staatsgewalt – ohne eine solche gibt es auf Dauer keine Sicherheit und Stabilität in der Region. Hier ist die Internationale Gemeinschaft gefragt, Somalia endlich aus dem Randbereich des Interesses in den Fokus zu rücken. Anderenfalls werden noch Generationen deutscher Marinesoldaten das Horn von Afrika besser kennen als die Kreidefelsen von Rügen.
Fazit
Seit Beginn der Operation Atalanta ist die Zahl der erfolgreichen Piratenangriffe auf Handelsschiffe und Privatjachten im Golf von Aden deutlich erkennbar zurückgegangen. Wie viele Angriffe Atalanta-Kriegsschiffe durch ihre bloße Anwesenheit verhindert haben, kann naturgemäß nicht beziffert werden. Die Überwachung (Monitoring) der Handelsschifffahrt sowie die regelmäßigen Group Transits durch MSCHOA haben mutmaßlich ebenfalls zur Erhöhung der Sicherheit für die Seeschifffahrt im Golf von Aden beigetragen. Aber auch unabhängig davon wird dem ersten maritimen Einsatz der EU am Ende Erfolg beschieden werden: Alle Schiffe des Welternährungsprogramms werden ihr Ziel erreicht haben und die Schifffahrt im Golf von Aden wird sicherer geworden sein im Vergleich zum Status quo ante.