— Deutsche Beteiligung
— Stärken und Schwächen der Operation
Deutsche Beteiligung
Deutschland hat sich in der Force Generation Conference dazu verpflichtet, für ein Jahr eine Fregatte mit 2 Bordhubschraubern und einem Vessel Protection Detachment (VPD) zu stellen. Das deutsche VPD ist ein 10-köpfiges Team von Marinesicherungskräften der Einsatzflottille 1, ergänzt um einen Rettungsassistenten.
Auf den Fregatten KARLSRUHE (19.12.08 bis 08.02.09 in Atalanta) und RHEINLAND-PFALZ (aktuell im Einsatz) wurden außerdem in Anpassung an die spezifischen Erfordernisse der Operation eingeschifft:
- Ein 10-köpfiges Boarding-Team (ebenfalls Einsatzflottille 1),
- Eine 4‑köpfige Facharztgruppe (Anästhesist, Chirurg, Zahnarzt und Anästhesieassistent),
- Drei Feldjäger,
- Ein Offizier des militärischen Nachrichtenwesens,
- Ein Sprachmittler Arabisch,
- Ein Rechtsberater als juristischer Beistand des Kommandanten.
Selbstverständlich ist auch ein Militärgeistlicher an Bord. Die Ausschiffung von Teilen der Stammbesatzung war wegen der auf 224 Kojen begrenzten Unterbringungsmöglichkeit nicht zu vermeiden gewesen.
Das deutsche Mandat erlaubt die Entsendung von bis zu 1.400 Soldaten in die Operation Atalanta. Absicht dahinter ist, die Option auf Unterstellung anderer deutscher Einheiten im Seegebiet unter das robuste Mandat Atalanta offen zu halten. Unter nationaler Kontrolle – außerhalb der Operation Atalanta – dürften deutsche Einheiten lediglich Nothilfe i.S.d. Abs. 98 des Internationalen Seerechtsübereinkommens leisten.
Stärken und Schwächen der Operation
Das Mandat für die Operation Atalanta beinhaltet die bislang robustesten Einsatzregeln (Rules-of-Engagement / ROE) in der Geschichte internationaler Einsätze der Deutschen Marine. Bemerkenswert ist auch, dass Deutschland keine nationalen Einschränkungen der von der EU vorgeschlagenen ROE vorgenommen hat. Deutsche Kommandanten können – im Rahmen der delegierten Befugnisse – mit umfangreichen Gewaltmitteln gegen der Piraterie verdächtige Personen und Fahrzeuge vorgehen. Es reicht dabei bereits ein »hinreichender Verdacht« (unterhalb der Schwelle »Anfangsverdacht«), um Fahrzeuge anzuhalten, zu durchsuchen und gegebenenfalls zu beschlagnahmen.
Die deutschen Fregatten sind hierfür hervorragend ausgerüstet und vorbereitet. Zwei Bordhubschrauber, Boarding-Team und VPD gleichzeitig bietet keine andere EU-Nation im Seegebiet auf. Auch in Bezug auf die Fernmeldeausstattung und die Führungssysteme sind die 25 Jahre alten deutschen Fregatten – selbst mit all ihren Bandbreiten-bedingten Einschränkungen – dem Flaggschiff überlegen. Führungsfähigkeit war somit zu Beginn der Operation eine eher eingeschränkte Fähigkeit innerhalb des Verbandes – Telefon, E‑Mail und herkömmliche Fernschreiben bis Mitte Februar 2009 die Mittel der ersten Wahl. 3 Seefernaufklärer standen auf der Wunschliste des Operationsführers, gestellt hat am Ende nur Spanien eine.
Die deutsche Fregatte hält mit ihrer Bordfacharztgruppe die höchste medizinische Fähigkeit im Verband vor, eine so genannte »Unit Role 1+-Capability«, die für eine lebensrettende Erstversorgung von bis zu zwei Schwerstverletzten geeignet ist. Im Bedarfsfall sind geeignete Krankenhäuser (Role 3) in Mombasa / Kenia, Djibouti und Salalah / Oman verfügbar. Die im Vergleich zur Größe des Einsatzgebietes eingeschränkte Reichweite der fünf Bordhubschrauber im Verband stellt einen weiteren ggfs. beschränkenden Faktor dar, den die Kommandanten bedenken müssen, bevor sie Schiff und Besatzung einer bewaffnete Auseinandersetzung mit Piraten stellen.
Der britische COM EUFOR Atalanta brachte die Herausforderungen, vor welchen seine wenigen Einheiten stehen, auf den Punkt: »The Terror of Distance«. Das Operationsgebiet erstreckt sich in der Ausdehnung auf 2.500 x 500 Seemeilen, also 5 Seetage in Nord-Süd-Ausdehnung (bei Transit Geschwindigkeit 18 kn) und mehr als einen Seetag in Ost-West-Richtung. Dazu stehen ihm im Mittel 3 statt der geforderten 6 Fregatten und ein Seefernaufklärer zur Verfügung.
Mit einer strengen 70:30-Regelung (See- zu Hafen- und Transittagen) optimiert RAdm Jones seine begrenzten Ressourcen. Durchschnittlich stehen die Fregatten 21 Tage in See, um dann meist für kurze Versorgungsaufenthalte von 2 bis 3 Tagen einen nahen Hafen – meist Djibouti, Mombasa/Kenia oder Salalah/Oman – anzulaufen. Auch der für Operationen in einem so weitläufigen Einsatzgebiet notwendige Flottentanker wurde bislang von keiner Nation gestellt. Durchschnittlich einmal pro Woche werden die Einheiten ersatzweise in ihrem Einsatzgebiet durch einen Versorger des US NAVCENT/Bahrain mit Kraftstoff versorgt.