Deutschland — Die Einsatzflottille 1 – Ein Sachstandsbericht

Schaf­fung robuster Struk­turen
Bildquelle: PIZ Marine

Mit der Ein­nahme der neuen Organ­i­sa­tion stellt sich die neue Struk­tur der Flotte seit Som­mer 2006 schema­tisch wie fol­gt dar (Grafik):

Seit Som­mer 2006 führt nun der Stab der Ein­satzflot­tille 1 mit ein­er gut 140-köp­fi­gen Mannschaft sämtliche Schnell­boote, Korvet­ten, Minen­ab­wehrein­heit­en, U‑Boote und Ten­der sowie zusät­zlich die »grü­nen« Kom­po­nen­ten der Marine, die Mari­neschutzkräfte und die Spezial­isierten Ein­satzkräfte der Marine; ins­ge­samt acht Ver­bände auf Batail­lon­sebene mit ca. 60 schwim­menden, amphibis­chen und landgestützten Ein­heit­en sowie mehr als 4.000 Sol­dat­en und zivilen Mitarbeitern. 

Dies alles verteilt sich auf die bere­its erwäh­n­ten Stan­dorte sowie zusät­zlich eine kleine Außen­stelle auf der Insel Fehmarn. 

Aus den drei vor­mals eigen­ständi­gen Stäben der ehe­ma­li­gen Boots­flot­tillen wurde eine schlanke »Ein-Säulen-Stab­sstruk­tur« in der Ein­satzflot­tille 1 geformt, die den notwendi­gen funk­tionalen und struk­turellen Anforderun­gen an die einzel­nen Führungs­grundge­bi­ete entspricht. Zusät­zlich ver­fügt die Ein­satzflot­tille 1, wie auch das Flot­tenkom­man­do und die Ein­satzflot­tille 2, über einen Ein­satzstab, aus dem Per­son­al zur Führung von Ein­sätzen rekru­tiert wer­den kann. Dieser etwa 20 Sol­dat­en starke Ein­satzstab ist adäquat aus­ge­bildet und spiegelt die Fachkom­pe­tenz aller Waf­fen­sys­teme der Ein­satzflot­tille 1 wider. Abseits oper­a­tiv­er Exper­tise umfasst dieser Stab auch Per­son­al aus den Bere­ichen Logis­tik, Nachricht­engewin­nung und Aufk­lärung sowie Infor­ma­tion­stech­nik. Ziel ist es, dass das Per­son­al des Ein­satzstabes, wenn immer erforder­lich und auch kurzfristig, durch den OP des Flot­tenkom­man­dos einge­set­zt wer­den kann, um für konkret anste­hende Ein­sätze Stabs- bzw. Führungse­le­mente aus allen drei Ein­satzstäben zusam­menset­zen zu können. 

Mit der gle­icher­maßen zusät­zlich einge­zo­ge­nen A7-Abteilung ver­fügt die Flot­tille über einen »Arbeitsmuskel«, der sich mit konzep­tioneller Arbeit, Übungsauswer­tung und der Entwick­lung von Ein­satz­grund­sätzen und Dok­tri­nen befasst. Auf der Basis von Ein­satzer­fahrun­gen wird hier die Ein­satzaus­bil­dung weit­er­en­twick­elt und die Fed­er­führung für die Bere­iche Über- und Unter­wasserseekriegs­führung sowie das The­ma Oper­a­tiv­er Schutz für den Bere­ich der Flotte übernommen. 

Die syn­er­getis­che Ver­schlankung des Flot­til­len­stabes ver­langte zwangsläu­fig nach nach­halti­gen Verän­derun­gen in den unter­stell­ten Geschwadern und Ver­bän­den. Um zukün­ftig in der neuen Struk­tur die Auf­gaben bess­er wahrnehmen zu kön­nen und autark­er zu wer­den, wur­den auch die Geschwader­stäbe entsprechend angepasst. Ein deut­lich­er per­son­eller Aufwuchs, die Struk­tur mit zwei S3-Offizieren und die Ein­führung ein­er starken Per­son­al­re­serve für die schwim­menden Ein­heit­en schaf­fen robuste Struk­turen und stellt sich­er, dass die Auf­gaben, die in der neuen Ein­satzflot­tille 1 nicht mehr wahrgenom­men wer­den kön­nen, ins­beson­dere Auf­gaben im Bere­ich der Pla­nung und der Aus­bil­dung, inner­halb der Geschwad­er und Ver­bände geleis­tet wer­den können. 

Als Beson­der­heit unter­ste­ht dem Kom­man­deur der Ein­satzflot­tille 1 unter seinem qua­si »zweit­en Hut« als Direk­tor auch das »Cen­ter of Excel­lence for Oper­a­tions in con­fined and shal­low Waters«, kurz COE CSW. Dahin­ter ver­birgt sich ein inter­na­tion­al zusam­menge­set­ztes, in der Ziel­struk­tur etwa 40-köp­figes Team von Offizieren mit beson­der­er Exper­tise auf dem Gebi­et der Oper­a­tions­führung in küsten­na­hen Gewässern. Dieses Kom­pe­tenzzen­trum ist offiziell in Dienst gestellt und im Aufwuchs begrif­f­en. Die Unterze­ich­nung eines »Mem­o­ran­dums of Under­stand­ing« durch zunächst 4 Natio­nen am 3.10.08 im »Head­quar­ters Allied Com­mand Trans­for­ma­tion« (ACT) in Norfolk/ Vir­ginia beze­ich­net den Startschuss für den laufend­en Akkred­i­tierung­sprozess, der auf die Anerken­nung als »Inter­na­tion­al Mil­i­tary Organ­i­sa­tion« zielt. Das COE CSW gehört expres­sis ver­bis nicht zur Ein­satzflot­tille 1, son­dern stellt eine eigen­ständi­ge Dien­st­stelle dar, ist aber aus gutem Grund räum­lich in unmit­tel­bar­er Nähe zu dieser ein­gerichtet, geht es doch um die Kom­pe­tenz und die Exper­tise hin­sichtlich mar­itimer Oper­a­tio­nen im küsten­na­hen Raum, welche im Stab der Ein­satzflot­tille 1 vielfältig vertreten ist. Aus dem gle­ichen guten Grund sind auch der Flot­til­lenkom­man­deur und der »Direc­tor COE CSW« ein und dieselbe Per­son. (Siehe auch MF 11–08 S. 39) 

Bildquelle: PIZ Marine

Damit stellt sich die Stab­sstruk­tur der Ein­satzflot­tille in der Über­sicht fol­gen­der­maßen dar: 

Mit­tler­weile kann die Ein­satzflot­tille 1 seit Indi­en­st­stel­lung auf rund zweiein­halb Jahre Prax­is und Bewährung zurück­blick­en. Die ein­sat­zori­en­tierte Aus­rich­tung der Struk­turen hat sich als richtig, die neue Stab­sstruk­tur als tauglich erwiesen, wie sich auch die neuen robusten Geschwader­struk­turen den Anforderun­gen alles in allem gut gewach­sen gezeigt haben. Die Schaf­fung von Per­son­al­re­ser­ven in den Geschwadern wird in der Zukun­ft durch diesen zusät­zlichen Per­son­alpool Spitzen­be­las­tun­gen und lange Abwe­sen­heit­en im Einzelfall reduzieren und somit die Attrak­tiv­ität des Dien­stes an Bord seege­hen­der Ein­heit­en erhöhen. 

Der Prozess der Trans­for­ma­tion brachte aber auch Stan­dor­tentschei­dun­gen für die Dis­lozierung der schwim­menden Ein­heit­en mit sich. Erhal­ten blieben die Marinestützpunk­te Warnemünde für Schnell­boote und mit­tler­weile auch die Korvet­ten der Klasse 130; Eck­ern­förde für das 1. Unter­see­boot­geschwad­er ein­schließlich der drei Flot­ten­di­en­st­boote, die nach der Außer­di­en­st­stel­lung der Führungs­di­en­st­flot­tille dem 1. U‑Bootgeschwader unter­stellt wur­den, das Aus­bil­dungszen­trum U‑Boote sowie für die Spezial­isierten Ein­satzkräfte der Marine und die Mari­neschutzkräfte. Fern­er der Stützpunkt Kiel, der nun zusät­zlich die Ein­heit­en des 3. und 5.Minensuchgeschwaders aufzunehmen hat­te und damit eine regel­rechte Renais­sance erlebte, nach­dem er viele Jahre so gut wie leer stand. Dem voraus­ge­gan­gen war die Schließung des ehe­ma­li­gen Typ­stützpunk­tes der Minen­ab­wehrein­heit­en der Flotte, Olpenitz, der eben­falls im Zuge der Trans­for­ma­tion geschlossen wurde. Bere­its am 1. Feb­ru­ar 2006 ver­ließ das 3. Minen­suchgeschwad­er seine anges­tammte Heimat an der Schleimün­dung und ver­legte mit Stab und Ein­heit­en »zurück« nach Kiel, wo es Jahre zuvor schon ein­mal gele­gen hat­te; das 5.Minensuchgeschwader fol­gte Mitte Mai des­sel­ben Jahres. 

Die ersten Jahre in der neuen Struk­tur waren jedoch auch gekennze­ich­net von den Abstel­lun­gen, die für die laufend­en Ein­sätze notwendig waren. Hier­von waren nicht nur die Geschwad­er durch die Bere­it­stel­lung ein­satzfähiger Ein­heit­en betrof­fen, son­dern auch der Stab selb­st durch die Abstel­lung von Per­son­al in zum Teil erhe­blichem Umfang. Art und Dauer der Ein­sätze und die Notwendigkeit, die Ein­satz­be­las­tung für den Einzel­nen in einem über­schaubaren Rah­men zu hal­ten, führten zu deut­lich mehr als einem ver­wais­ten Dien­st­posten in der Einsatzflottille. 

Übung mit libane­sis­ch­er Marine
Bildquelle: PIZ Marine

Für den UNIFIL-Ein­satz vor der Küste des Libanon war auf­grund der erforder­lichen Dien­st­grad­höhe des zu stel­len­den Ver­bands­führers der Kom­man­deur der Ein­satzflot­tille 1 gle­ich in der Anfangszeit für mehr als ein halbes Jahr gebun­den und stand für seine Auf­gaben in der Heimat nicht zur Ver­fü­gung. Obgle­ich bis­lang entsprechende Abwe­sen­heit­en im Stab kom­pen­siert wer­den kon­nten, stellen auch zukün­ftige Abstel­lun­gen eine Mehrbe­las­tung für den Rest des Stabes dar und wer­den zwangsläu­fig zu Defiziten führen, ins­beson­dere im Bere­ich konzep­tioneller Aufgaben. 

Auch in diesem Jahr wird der seit dem 1.10.2008 amtierende neue Kom­man­deur der Ein­satzflot­tille 1, Kapitän zur See Rain­er Brinkmann, auf seinem Dien­st­posten für die Ein­satzflot­tille 1 von Jan­u­ar bis April 2009 nicht zur Ver­fü­gung ste­hen, son­dern als CTF 150 den inter­na­tionalen mar­iti­men Ver­band am Horn von Afri­ka im Rah­men der Oper­a­tion zur Ter­ror­bekämp­fung Endur­ing Free­dom führen. 

Die neu ein­gerichtete EU-Mis­sion »Ata­lan­ta« als weit­ere rein mar­itime Oper­a­tion ist par­al­lel eben­falls dabei, Fahrt aufzunehmen. Hin­sichtlich der Beschick­ung dieses Ein­satzes mit schwim­menden Plat­tfor­men wird die Ein­satzflot­tille 2 die Haupt­last zu schul­tern haben, gle­ich­wohl wird er aber auch an der Ein­satzflot­tille 1 nicht spur­los vor­bei ziehen. Ein Beitrag aus Sol­dat­en der Mari­neschutzkräfte sowie der Spezial­isierten Ein­satzkräfte in Form von Board­ing-Teams, verse­hen mit dem Attrib­ut »durch­hal­te­fähig«, wird zwangsläu­fig mit dazugehören. 

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