Die Marineflieger sind integraler und unverzichtbarer Bestandteil der Flotte. Dies trifft besonders auch für die derzeitigen Einsätze zu. In den laufenden Operationen (Atalanta und Enduring Freedom) stellen die Aufklärungsflugzeuge vom Typ P‑3C Orion und die Sea Lynx Bordhubschrauber der Fregatten täglich den operativen Wert luftgestützter Aufklärungs- und Wirkmittel eindrucksvoll unter Beweis.
Aufklärungsflugzeug vom Typ P‑3C Orion |
Umso bedauerlicher ist die Tatsache, dass ein großer Teil der deutschen Einheiten im Einsatz oder in der Einsatzvorbereitung ohne die mitunter entscheidende Unterstützung der Marineflieger auskommen muss. Ein Großteil der vereitelten Piratenangriffe am Horn von Afrika war und ist nur durch den reaktionsschnellen Einsatz eingeschiffter Bordhubschrauber möglich und die Forderung der Verantwortlichen vor Ort nach zusätzlicher Luftaufklärung in dem weitläufigen Seegebiet vor der Küste Somalias wird fortlaufend erneuert. Dass von den 22 Sea Lynx Bordhubschraubern zeitgleich nur 4 Hubschrauber für die im Einsatz befindlichen Fregatten verfügbar sind, ist dabei genauso unbefriedigend, wie der Umstand, dass die Einsatzgruppenversorger der Marine in den letzten Jahren fast komplett auf ihren Bordhubschrauber Sea King MK 41 verzichten mussten. Die Marine kann zurzeit mit ihren 21 Sea King gerade noch den nationalen SAR-Dienst für die Nord- und Ostsee aufrechterhalten.
Bei der Ursachenforschung bleibt in vielen Fällen nur die Erkenntnis, dass das hergebrachte technische logistische System für die fliegenden Waffensysteme den heutigen Anforderungen in vielen Bereichen nicht mehr genügt und die Bundeswehr – gemessen an der Unterstützungsleistung – zumindest für einen Teil der industriellen Vertragspartner als Kunde nicht attraktiv genug zu sein scheint. Nicht anders ist zu erklären, dass im Bereich Sea King seit über zwei Jahren erhebliche Verzögerungen bei der Rücklieferung von umgerüsteten Hubschraubern aus der Industrie zu verzeichnen sind und für das System Sea Lynx MK 88A inzwischen über 50 Prozent der Triebwerke aufgrund fehlender Industrieinstandsetzung dem Verband nicht zur Verfügung stehen.
Auch mit den 8 P‑3C Orion ist zurzeit nur eine singuläre und zeitlich begrenzte Einsatzverlegung möglich. Zusätzlich führt der nur einfach vorhandene Werkzeug- und Prüfgerätesatz während der Einsatzphasen zu deutlichen Einschränkungen beim Ausbildungsflugbetrieb in Deutschland. Zumindest für die Zukunft der P‑3C scheint – anders als bei den Hubschraubern der Marine – hier etwas Licht am Horizont erkennbar zu sein. Die Auswirkungen für die Flotte sind erheblich und gehen deutlich über die aktuellen operativen Einschränkungen hinaus. Analog zur Situation bei den Booten und Schiffen zieht die Konzentration auf die Einsatzverpflichtungen spürbare Einschränkungen an anderer Stelle nach sich. Die der Truppe fehlenden Luftfahrzeuge und die unzureichenden Flugstunden verhindern, die personelle Regeneration mit dem gewünschten Nachdruck voranzutreiben.
Ausblick »Ernst – aber nicht hoffnungslos«
Für eine Flotte im Einsatz ist es besonders wichtig, dass der Nutzer (Marine) und der Bedarfsdecker (Hauptabteilung Rüstung mit BWB) künftig gemeinsam und abgestimmt die richtigen Weichenstellungen für den weiteren Betrieb der Schiffe, Boote und Luftfahrzeuge der Marine vornehmen und dass die Industrie ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommt. Um den operativen Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, kann die Flotte auf im Einsatz verfügbare und einsatzfähige Kräfte nicht verzichten.
Bei unveränderten Rahmenbedingungen scheinen für die Marine im Wesentlichen folgende zwei Optionen vordringlich zu sein: Neue Schiffbauvorhaben zur Entlastung und Sicherung des Bestandes müssen initiiert und über das Nachfolgemuster des Marinehubschraubers muss möglichst bald entschieden werden. Ansonsten drohen längerfristig zwei unerwünschte Alternativen: Der Bestand der Flotte wird längerfristig gefährdet, und/oder die Materialerhaltungskosten werden den Großteil der für die Marine zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel aufzehren.
Was die Planung für die benötigten Neubauten angeht, scheinen hier die letzten Entscheidungen im Rahmen der Erarbeitung des langfristigen Bundeswehrplanes eine entgegenlaufende Tendenz zu haben, indem die Korvette K131 aus dieser Planung herausgenommen wurde und auch das Joint Support Ship (JSS) der Finanzierungsenge zum Opfer fiel. Dass dieses Signal für die Kernkompetenz der deutschen Marineschiffbauindustrie und seiner Zulieferer und damit für deren Exportmöglichkeiten auf dem Weltmarkt nicht förderlich ist, versteht sich von selbst. Dass es für die Marine erhebliche Probleme mit sich bringen wird, kann nicht ausgeschlossen werden. Wir werden weiter dazu berichten.