Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Von Jürgen E. Kratzmann
(Jürgen E. Kratzmann ist Chefredakteur des MarineForum)
Die Veranstaltung erinnerte an das bekannte Zitat von Julius Cäsar: »Veni, vidi, vici« (lat. »ich kam, ich sah, ich siegte «). Der neue Leiter des Marineworkshops der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT), Dr. Uwe Vogel, hatte zum 11. Workshop nach Eckernförde geladen und alle, die Rang und Namen in der Marinetechnik haben, waren gekommen. Es wurden nicht nur hochinteressante Vorträge gehalten, die Teilnehmer konnten auch Firmenexponate und Systemvorführungen im nahe gelegenen Hafen des Marinestützpunktes Eckernförde in Augenschein nehmen. Abschließend war die einhellige Meinung über die Veranstaltung und das gemeinsame Resümee der Teilnehmer: ein voller Erfolg.
Dr. Vogel leitet den WorkshopWorkshop |
Dr. Vogel, ehemaliger Direktor der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen (WTD71), heute Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung, führte in die Veranstaltung ein und dankte dabei auch seiner Vorgängerin, Frau Dr.Milbredt-Bäther für ihre langjährige Tätigkeit als Leiterin des Marineworkshops.
Anschließend begrüßte der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Hans-Joachim Stricker, in seiner Eigenschaft als Schirmherr der Veranstaltung die Tagungsteilnehmer. Admiral Stricker nutzte bereits sein Grußwort für ein Plädoyer zugunsten einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen öffentlichem Auftraggeber (ÖAG) und der Industrie. Am Beispiel des Vorhabens zum Einbau zusätzlicher Kojen auf Fregatten zeigte Stricker auf, dass solche vergleichsweise kleinen Projekte nicht in grundsätzliche Debatten beim ÖAG über Zuständigkeiten ausarten dürfen, sondern gemeinsam praktikable Lösungen angestrebt werden müssen, die für die Flotte zeitgerecht umgesetzt werden können.
Der Themenbogen der zweitägigen Tagung spannte sich von Asymmetric Warfare, Piraterie, neuen Schiffsentwürfen, Erfahrungen mit neuen Booten und Einsätzen von Drohnen über die Entwicklung unbemannter Minensuchsysteme und Raketenantriebe bis hin zu der Darstellung der ersten Erfahrungen mit dem neuen Seeziel-Flugkörper RBS 15 Mk3. Auch wurde der Frage, welche Wege im Unterwasserseekrieg und bei der Minenabwehr Erfolg versprechend begangen werden können, nicht ausgewichen. Von ganz besonderem Interesse für die meisten Tagungsteilnehmer war aber eine Art Bestandsaufnahme über die operativen Rahmenbedingungen der derzeitigen Einsätze und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den personellen und technischen Klarstand der Einheiten der Flotte. Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung sollen im Folgenden ausgewählte Aussagen dieses Vortrages – ergänzt um zusätzliche Informationen aus weiteren Quellen – hier ausführlicher dargestellt werden.
Bestandsaufnahme der Flotte – Düstere Zeichen nicht nur am Horizont
VAdm Stricker, Befehlshaber der Flotte |
Die Frage zu den Rahmenbedingungen der operativen Planung erfordert zunächst eine Betrachtung des Zusammenhangs zwischen den Abläufen der heutigen Einsätze, des beteiligten Personals und dem zur Verfügung stehenden Material. Das Spannungsfeld, in dem sich die Flotte zur Auftragserfüllung heute bewegen muss, kann mit einigen Stichworten skizziert werden:
- Materielle Verfügbarkeit der Einheiten für Einsatz und/oder Ausbildung,
- Operationsdauer und ‑intensität (Raum-Zeit-Faktoren),
- Art der Einsätze (militärisch, polizeinah),
- Klimatische Bedingungen,
- Personelle und materielle Durchhaltefähigkeit,
- Planbarkeit von Einsatz und Ersatz.
Jeder Bereich birgt dabei eine Vielzahl an Variablen, die wechselseitig Einfluss nehmen. Die Einsätze im Rahmen Enduring Freedom, Atalanta und UNIFIL sowie die einsatznahen Vorhaben, z.B. die Beteiligung an den Standing NATO Forces oder die Einbindung der HESSEN in eine US-Flugzeugträgergruppe sind die besonders öffentlichkeitswirksamen »Highlights«, die erhebliche Kräfte der Flotte binden. Sie sind aber gleichzeitig auch die Messlatte, an der die Marine von der politischen Leitung, von der militärischen Führung und vor allem von der interessierten Öffentlichkeit gemessen wird.
Diese Messlatte zu erreichen wird allerdings von Jahr zu Jahr schwieriger, was folgende Zahlen verdeutlichen: Im Jahr 2005 konnte die Deutsche Marine mit rund 84 Einheiten gut 800 Vorhaben im Jahres-Übungs- und Einsatz-Plan (JÜEP) der Flotte planerisch abdecken. Im Jahr 2009 mussten dagegen mit insgesamt 79 Einheiten bereits rund 1.000 Vorhaben bestritten werden. Das bedeutet in der Tendenz, dass immer mehr Anforderungen durch immer weniger oder konstant wenige – einsatzfähige! – Einheiten bewältigt werden müssen. Um diese Einsätze und einsatznahen Vorhaben realisieren zu können, muss als Vorbedingung zur Auftragserfüllung eine solide Ausbildung geplant und im Kern vor dem Einsatz abgeschlossen sein.