DDR — Republikfluchten unter Wasser — Geheime Mini-U-Boote in der DDR

U‑Boot der 4‑t-Klasse auf Rädern
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Quelle: Marine­fo­rum

1967 fasste ein Dessauer Dipl.-Ing. für Wärme­tech­nik, Kraft- und Arbeits­maschi­nen den Entschluss, per Unter­wasser­fahrzeug mit sein­er Frau in die Bun­desre­pub­lik zu flücht­en. Für die Bauan­leitung des Bootes nutzte er u.a. die »Maschi­nen­bautech­nis­che Zeitschrift«, »Schiff­bautech­nik«, »Schiffe und Hafen«, »Hansa« sowie das Buch des Mil­itärver­lages »Schiffe der Meer­estiefen«. Nach­dem die Kon­struk­tion­sun­ter­la­gen und Berech­nun­gen fer­tig waren, kaufte der 36-jährige U‑Boot-Bauer ab 1970 die benötigten Bau­ma­te­ri­alien und Aus­rüs­tungs­ge­gen­stände in DDR-Geschäften und Fir­men. Den 10 mm dick­en Spezial­stahl für den Druck­kör­p­er bzw. die äußere Hülle beschaffte er sich über eine Zwis­chen­fir­ma vom VEB-Kran­bau Köthen, die Bat­ter­iesätze von der Deutschen Post in Dessau und Magde­burg, die Tau­chop­tik von VEB Carl-Zeiss-Jena. Lin­sen und Spiegel kamen von der Fir­ma Kratsch, das Fahrgestell von der Fir­ma Zetsch. Den E‑Antriebsmotor baute die Ross­lauer Fir­ma Min­nich. Die Schalttafel für den Motor mit Bat­teriezuschal­tung fer­tigte die Fir­ma Albrecht und den drei­flügeli­gen Ver­stell­pro­peller die Rot­guss­gießerei Krause in Bitterfeld. 

Geheimer U‑Boot-Bau in Dessau

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Quelle: Marine­fo­rum

In einem angemieteten Dessauer Ein­fam­i­lien­haus mit großer Garage und zwei Werk­stät­ten baute der vielle­icht erste Kon­struk­teur eines Mini-U-Bootes der DDR von 1973 bis 1975 sein Ein­hül­len­boot. Es bestand aus einem vorderen Teil mit 6 Seg­menten und hin­teren Teil mit 5 Seg­menten ein­schließlich Turm, Boot­spro­peller und Steuerungs­düse. Ende 1974 war er mit dem Zusam­men­schrauben und Ver­schweißen des 7 m lan­gen Boot­skör­pers fer­tig. Der Innenaus­bau und die Beschaf­fung von Betriebs- und Anla­gen­teilen dauerten noch ein­mal ein Jahr. Die Mate­r­i­al- und Fer­ti­gungskosten beliefen sich auf ca. 60.000 Ost-Mark. Par­al­lel mit der U‑Boot-Fer­ti­gung erkun­dete das Ehep­aar geeignete Stellen für die Wasserung des Bootes an der Elbe. 

Ein Schnorchel ver­sorgte die Insassen mit Frischluft, die von einem Staub­sauger ins Innere ange­saugt wurde. Im Boot bestand leichter Über­druck. Der von einem Ven­ti­la­tor erzeugte Luft­strom kühlte zugle­ich den Motor, durch­strömte die Akkube­häl­ter und trat über ein Schlauch­sys­tem am zweit­en Schnorchel wieder aus. Die ver­brauchte Luft und Akku­gase gelangten so wieder außen­bor­ds. Bei­de Schnorchel waren mit einem Schließmech­a­nis­mus bei Über­flu­tung ausgestattet. 

Eine Beson­der­heit des Mini-U-Bootes war das mit dem Boot­skör­p­er fest ver­bun­dene untere Fahrw­erk, beste­hend aus der Hin­ter- und Vorder­achse mit vier Pkw-Fel­gen und Gum­miberei­fung. Das erle­ichterte die Wasserung des Bootes und soll nach der Idee seines Kon­struk­teurs eine Fort­be­we­gung unter Wass­er bei Grund- bzw. Boden­berührung ermöglichen. Für die Unter­wass­er-Steuerung barg das Fahrw­erk jedoch erhe­bliche Risiken. Die Wirkun­gen auf das Seit­en- und Tiefen­rud­er sind rech­ner­isch kaum zu erfassen und somit für das Ver­hal­ten des Bootes bei Unter­wasser­fahrt nicht vorherse­hbar. Der Wasser­wider­stand des Fahrw­erkes kann bei nicht richtiger Trim­mung zur Kopflastigkeit des Bootes führen, die wiederum eine Gefahr für das Unter­schnei­den darstellt. Die fehlende Auftrieb­sre­serve (Luft­flaschen) barg die Gefahr, dass das Boot bei zu stark­er Flu­tung auf den Grund absackt. 

Die tech­nis­che Unter­suchungsstelle des MfS sah 1976 noch keine Möglichkeit, das Boot auf seine Unter­wasser­tauglichkeit zu testen. Die VM hat­te keine Ken­nt­nis über die Exis­tenz dieses einzi­gar­ti­gen Bootes. 

Team GlobDef

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