Piraterie/Terrorismus — Passagierschifffahrt und Terrorismus — Eine unterschätzte Gefahr

Schließlich bleibt die Frage, welche hoheitlichen Dien­ste die Ter­rorab­wehr vor deutschen Küsten in die Hand nehmen sollen. Seit 2003 gibt es das fach­lich hoch ange­se­hene Havariekom­man­do in Cux­haven als Bund-Län­der-Stelle für die Abar­beitung bere­its einge­treten­er kom­plex­er Schadensla­gen wie z.B. Schiff­sun­fälle mit Per­so­n­en- und Umweltschä­den oder Naturkatas­tro­phen. Für den Ter­ror­fall hat diese Stelle wed­er Abwehrfunk­tio­nen noch Weisungs­befug­nisse, aber immer­hin ein Mar­itimes Lagezen­trum, in dem alle Bun­des- und Län­der­di­en­ste vertreten sind. Die Bun­de­spolizei ver­fügt dage­gen mit der GSG‑9 über eine kleine Ein­greiftruppe, aber nicht über bewaffnete inter­ven­tions­fähige Schiffe und Hub­schrauber für alle Sit­u­a­tio­nen. Die Marine kann im Einzelfall Amt­shil­fe leis­ten, darf aber mil­itärische Macht­mit­tel nicht ein­set­zen, denn dafür ist entwed­er der Vertei­di­gungs­fall auszu­rufen oder ein inter­na­tionales Man­dat mit beglei­t­en­dem Bun­destags­beschluss her­beizuführen. Es bleibt dann nur das Recht der Bun­deswehr zur Selb­stvertei­di­gung gegen einen bewaffneten unmit­tel­baren Angriff von See aus. 

Aber hier stellt sich die Frage, ob im konkreten Fall ein bewaffneter Angriff oder (nur) eine krim­inelle Hand­lung vor­liegt, und welche Dienststelle/Ministerium dies zu entschei­den hat und die Ver­ant­wor­tung dafür trägt. Ein Seesicher­heits­ge­setz, das diese Fälle ver­fahrens­mäßig regelt, gibt es bish­er nicht. Somit bleibt unklar, ob und wer im Not­fall ver­ant­wortlich tätig wird. In diesem Zusam­men­hang sei auf die kom­plizierten Prob­leme eines Seesicher­heits­ge­set­zes sowie der Schaf­fung ein­er Deutschen Küstenwache und der Ausweitung der Auf­gaben der Deutschen Marine ver­wiesen, über die das Marine­Fo­rum regelmäßig berichtet. 

Im Ergeb­nis geht es also mit Blick auf die Pas­sagier­schiff­fahrt in Deutsch­land, d.h. den großen Sek­tor der inter­na­tionalen Kreuz­fahrten sowie der vie­len Fährlin­ien darum, das bish­er schon beste­hende Sicher­heits­man­age­ment mit Augen­maß weit­er zu entwick­eln. Das gilt beson­ders für Rechts­grund­la­gen und Zuständigkeit­en. Intel­li­gente Tech­nik und geschultes Per­son­al kön­nen bei der Personen‑, Gepäck- und Fahrzeugkon­trolle eventuell vorhan­dene Schwach­stellen mehr als bish­er überwachen. Die Inter­ven­tions­fähigkeit staatlich­er Organe kann im deutschen Hoheits­ge­bi­et mit adäquater Aus­rüs­tung und in inter­na­tionaler Zusam­me­nar­beit (EU) deut­lich verbessert wer­den. Bei alle­dem bleibt es bei der sim­plen Erken­nt­nis, dass es keine absolute Sicher­heit gibt. Aber man kann das Risiko weit­er eindämmen. 

Zum Autor
Prof. Dr. Uwe Jenisch ist Hon­o­rarpro­fes­sor am »Walther-Schück­ing-Insti­tute of Inter­na­tion­al Law«in Kiel 

Team GlobDef

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