Zukünftige Entwicklung:
Grundlage für die weitere Entwicklung wird intern eine Art “gemeinsamer Grundlagenvertrag” (etwas großspurig als “Verfassung” bezeichnet), der am 20. November 2007 zum vierzigjährigen Gründungsjubiläum verabschiedet wurde. In über 50 Artikeln werden die gemeinsamen Werte wie eine gemeinsame Menschenrechtskonvention beschworen, zugleich aber in der Präambel die Souveränität jedes Mitgliedsstaates als erstes und höchstes Prinzip der Charta festgeschrieben. Das ist voll auf der politischen Linie Chinas, das auch mit Diktatoren zweifelhaften Rufs ungerührt Geschäfte macht. Chinas Regierungschef Wen Jiabao hat auch als Gast des ASEAN-Treffens teilgenommen. Die ASEAN-Staaten entfremden sich damit von westlichen Gemeinschaften — in Konsequenz der “Ungleichbehandlung”, die der Westen wirtschaftlichen schwachen Staaten wie Burma einerseits und anderen Regierungen mit zweifelhafter Menschenrechtsbilanz, aber starkem Wirtschaftswachstum wie China und Vietnam andererseits angedeihen lässt. Die Gemeinsamkeiten sollen also insbesondere “nach aussen” zur Geltung kommen. Besonderes “Spielfeld” sind dabei die Wirtschafts- und Verteidigungspolitik der Staaten.
1. gemeinsame Wirtschaftspoilitk:
Die ASEAN-Staaten entwickeln sich — ähnlich wie dies von Europa immer wieder gesagt wird — in zwei Geschwindigkeiten.
Die sechs führenden Länder der Gruppe wollen bis zum Jahr 2010 eine Freihandelsvereinbarung mit China abschließen, bis 2015 soll diese Freihandelszone zwischen China und allen ASEAN-Staaten bestehen.
Bereits 2011 soll auch mit Indien ein Freihandelsvertrag abgeschlossen werden.
Auch die ärmeren Länder des asiatischen Kontinents – Myanmar (Burma), Kambodscha, Laos und Vietnam – die sich diesem Bündnis inzwischen angeschlossen haben, leben im Spannungsfeld insbesondere zwischen Indien und China. Neben der betonten Eigenständigkeit gegenüber dem großen Nachbarn (z.B. Chinas bei Vietnam) war zweifellos auch der wirtschaftliche Erfolg der Tigerstaaten ein Anreiz, sich diesem Bündnis anzuschließen. Inzwischen prognostiziert die Weltbank (Stand: April 2007) für Vietnam in den Jahren 2007 und 2008 ein Jahreswachstum des Bruttoinlandsproduktes von je acht Prozent, in Kambodscha 9 Prozent (2007) und 6,8 Prozent (2008) sowie in Laos entsprechend 7,1 (2007) und 9 Prozent (2008).
Ein Schwergewicht bilden aber immer noch die Staaten der malaysischen Inselwelt mit Malaysia, Brunei, den Philippinen und vor allem Singapur und Indonesien.
“Malaysia und Thailand zeichneten sich durch Wettbewerbsfähigkeit in der Elektronik- und Automobilindustrie aus. Singapur empfehle sich als regionales Finanzzentrum. Das Bruttoinlandsprodukt aller zehn Länder übersteigt inzwischen 800 Milliarden Dollar, der Handel erreicht eine Billionen Dollar. Mit 560 Millionen Einwohnern ist die ASEAN-Region größer als die EU.”
(Quelle: Wirtschaftswoche 23.08.2006)
Die ASEAN-Staaten wollen — so der gemeinsame Konsens anlässlich der Jahrestagung 2006 in Kuala Lumpur — die Bildung eines asiatischen Binnenmarktes bis 2015 erreichen.
Dabei sollen innerhalb der Asean-Staaten Waren, Dienstleistungen und Kapital zollfrei untereinander ausgetauscht werden. Dafür soll ein für alle Mitglieder verbindliches Regelwerk geschaffen werden, mit dem der Entscheidungsfindungsprozess innerhalb der Asean beschleunigt werden soll. Wohl angesichts der negativen Erfahrungen der EU soll unter anderem das bislang geltende Konsensprinzip aufgehoben werden, “weil es bei inzwischen zehn Mitgliedsländern wichtige Entscheidungen oft zu lange hinauszögere”. Dennoch arbeiten die Staaten der Region — bis nach China, Japan und Südkorea — eng zusammen. So wurde im Mai 2007 ein gemeinsamer Finanzfonds beschlossen, um über das bestehende “Swap-Abkommen” (mit Interventionsmitteln von 75 Mrd. $ — Stand April 2007 — zur gegenseitigen Unterstützung der Währungen und zur Verringerung der Abhängigkeit vom IWF) hinaus weitere Währungsturbulenzen verhindern zu könen. Singapur, China, Japan und Südkorea sind die Vorreiter für die Zusammenlegung von Devisenreserven in Milliardenhöhe.
Singapur entwickelt sich dabei nicht nur zu einem globalen und regionalen Handels- und Dienstleistungszentrum. Der kleine Stadtstaat, der für seine wirtschaftliche Entwicklung auf kooperative Partnerschaft mit den Nachbarstaaten angewiesen wird, entwickelt sich zu einem Katalysator für die wirtschaftliche Integration Südost- und Ostasiens.
2. gemeinsame Verteidigung
Bei allen wirtschaftlichen Euphorismen wird einiges übersehen: das aus einem Treffen der Aussenminister entstandene Bündnis hat sich nicht nur zu einem Wirtschaftsclub entwickelt, der von den gemeinsamen Wirtschaftsinteressen zusammen gehalten wird.
Auch die Verteidigungsminister der ASEAN-Staaten treffen sich regelmä0ig und versuchen ein Mindestmaß an Kooperation aufrecht zu erhalten. Singapur, das wirtschaftliche Herz des Bündnisses, hat eine Luftwaffe und Marine aufgebaut, die weit ausserhalb der eigenen Grenzen einsatzfähig ist.
Heute wird die Kooperation insbesondere mit dem nördlichen Nachbarn China gesucht — dabei war die gemeinsame “Abwehr der kommunistischen Bedrohung” (Dominotheorie) einer der Ursachen für die Gründung der ASEAN-Staaten 1967. Gleichzeitig aber bemühen sich Politiker der Region, mit Indien (und auch den USA) potente Gegengewichte im Spiel zu halten.
Diskutieren Sie mit: Globaldefence Community zu Indien — Asean — China