Rohrwaffensysteme zur Abwehr asymmetrischer Bedrohungen
Zum Zwecke der Flugabwehr im Nah- und Nächstbereich sind Geschützsysteme im Kaliber von 20 mm bis 30 mm wie etwa Phalanx, Goalkeeper, Meroka oder das russische AK 630 Gatling-Geschütz schon lange auf Kriegsschiffen im Einsatz. Mit hoher Kadenz und mehrrohrig ausgelegt, wurden sie zur Bekämpfung von anfliegenden Flugkörpern und Flugzeugen entwickelt. Mit dem Aufkommen der asymmetrischen Bedrohung haben sie ein weiteres Einsatzfeld erhalten. Die Fahrzeuge der Terroristen sind klein und von nicht allzu großer Standfestigkeit. Daher sind diese Geschützsysteme auch hier sehr effektive Abwehrwaffen, mit der Fähigkeit, Terrorboote zu stoppen oder zu versenken.
Weltweit haben die Rüstungsfirmen das erkannt und schnell reagiert, indem sie speziell für dieses Szenario optimierte Geschützsysteme anbieten. Insbesondere die Fähigkeit, bis möglichst nahe an die Bordwand wirken zu können, ist ein bedeutender Faktor. Die zunehmende Anzahl von Ausstellungstücken auf internationalen Rüstungsmessen lässt diese Entwicklung deutlich werden. In der Regel sind ihnen allen gemeinsam: leichte Bauweise, Stabilisierung, hohe Feuergeschwindigkeiten, Einsatzentfernungen bis zu 4.000 m, Fernbedienung sowie elektro-optische Sensorik mit Tageslicht- und Wärmebildkameras und Laserentfernungsmessung.
Eine solche Neuentwicklung für den Selbstschutz von Schiffen und Booten ist das Marineleichtgeschütz MLG 27 von Rheinmetall. Die Deutsche Marine hat diese Waffe als Ersatz für die bisher eingeführten 20- und 40-mm-Geschütze beschafft. Mit dem Exporterfolg nach Kuwait gelang im Jahr 2006 der internationale Durchbruch. Das MLG 27 besteht aus einer 27-mm-Kanone, einer Lafette und einer integrierten optronischen Feuerleitung. Es kann ohne Deckdurchbruch auf nahezu allen Schiffs- und Bootsklassen installiert werden. Das System wird von einer abgesetzten Bedieneinheit gesteuert und ist mit einer tag- und nachtssichtfähigen Zielsensorik ausgerüstet, die sowohl eine automatische als auch eine manuelle Kontrolle erlaubt und einen präzisen Waffeneinsatz bei Tag und Nacht ermöglicht. Die Reichweite des MLG 27 liegt bei 500 bis 4.000 m und seine Kadenz beträgt 1.700 Schuss/Minute.
Das Einsatzspektrum ist vielfältig und umfasst die Abwehr terroristischer Angriffe, wie etwa die Bekämpfung schneller agiler Seeziele (Speedboote), stehender und beweglicher Punktziele an Land (leicht gepanzerte Fahrzeuge, Kommandobunker, teilgehärtete Stellungen) und Luftziele (Hubschrauber, Luftfahrzeuge). Weiterhin können mit dem MLG 27 gesichtete Treibminen durch gezielten Beschuss unschädlich gemacht werden. Die für das MLG 27 speziell entwickelte FAPDS-Munition (Frangible Armor Piercing Discarding Sabot) verfügt über eine hohe Abgangsgeschwindigkeit, kurze Flugzeit, gestreckte Flugbahn und hohe Trefferwahrscheinlichkeit. Es handelt sich hierbei um eine panzerbrechende Hartkernmunition mit erhöhter Sekundärwirkung. Weitere Modelle dieses Geschützsystems mit den Kalibern 25 mm und 30 mm sind in der Entwicklung.
Oerlikon Contraves bietet zum Schutz gegen Klein- und Kleinstziele sowie gegen schnelle und wendige Seeziele die Millenium Naval Gun mit einer 35-mm-Kanone an. Die Einsatzentfernung wird mit kleiner 500 bis 2.000 m angegeben, die Kadenz mit 1.000 Schuss/Minute. Von GIAT Industries stammt das fernbediente Leichtgeschütz Narwhal mit den Kalibervarianten 20 mm, 25 mm oder 30 mm. Auch Oto Melara hat neue Modelle mit hoher Kadenz in den Kalibern 12 mm, 7 mm, 25 mm oder 30 mm im Fertigungsprogramm.
Die israelische Rafael Systems Division kann mit ihrer Typhoon-Familie eine ganz Serie von Automatikgeschützen anbieten. Hierbei handelt es sich um stabilisierte Präzisionswaffen in Leichtbauweise mit Kalibern von 7 mm bis 30 mm, die speziell zum Einbau auf schnellen, kleinen Einheiten ausgelegt sind. Sie haben sich bisher auf israelischen Patrouillenbooten bewährt. BAE Systems widmet sich in seinem Programm ebenfalls den kleinen Kalibern und bietet mehrere Systeme an.