Zusammengefasst:
Schon jetzt kann die Bundesregierung die Deutsche Marine beauftragen, Piraten zu bekämpfen, sowohl im Rahmen des SRÜ oder des Völkergewohnheitsrechts als auch im Rahmen des Mandats der Resolution 1816.
Dennoch ist es durchaus wünschenswert, wenn die Grenzen des Erlaubten schon aus den Normen des Grundgesetzes selbst erkennbar werden, und zwar wegen der notwendigen Rechtsklarheit für alle Verantwortung tragenden und handelnden Personen – auch wenn die Rechtslage dadurch keine inhaltliche Veränderung erfährt. Wer auf politische Weisung oder auch im Notfall tödliche Gewalt gegen andere Menschen anwenden und dabei Leib und Leben riskieren muss, hat Anspruch auf eine eindeutige rechtliche Aussage über Umfang und Grenzen des Erlaubten.
Die Klarstellung könnte – wie vom Inspekteur der Marine Vizeadmiral Nolting gefordert – in Artikel 87a des Grundgesetzes aufgenommen werden, etwa durch die von Nolting vorgeschlagene Formulierung:
„Außerhalb der Territorialgewässer gilt das Völkerrecht.“
Oder konkreter unter expliziter Erwähnung des Streitkräfteeinsatzes:
„Die Bundesrepublik kann völkerrechtliche Befugnisse oder Verpflichtungen auch durch den Einsatz von Streitkräften erfüllen.“
Die Termini „kann“ und „auch“ lassen Raum für politische Entscheidungen. Über eine Unterscheidung zwischen Polizei- und Militäraufgaben muss dann nicht mehr gestritten werden.
Zwei weitere ganz grundsätzliche Folgerungen resultieren aus den vorangegangenen Ausführungen: Die durch die oben genannten verfassungsrechtlichen Bindeglieder begründeten völkerrechtlichen Verpflichtungen stehen mit dem in Deutschland hochgehaltenen ehernen Grundsatz der Parlamentsstreitkräfte in einem durchaus spannungsreichen Verhältnis, soweit es um Operationen geht, die unterhalb der Schwelle zum militärischen Einsatz gegen fremde Streitkräfte liegen. Eine politische Grundsatzdiskussion ist unvermeidbar, insbesondere im Hinblick auf die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik und ihre Verpflichtungen zum Schutz ihrer Bürger auch im Ausland.