Quelle: Marineforum |
Grundsätzlich gilt: Je näher das Schiff am Küstenstaat, desto eher kann der Küstenstaat eine MIO durchführen. Deutlich schwieriger wird es, sobald sich das Schiff auf der »neutralen« Hohen See befindet. Allerdings sind gerade diese Gewässer aufgrund ihrer flächenmäßigen Ausdehnung von besonderer Bedeutung. Von der Küste bis zu den Territorialgewässern ist allein innerhalb der Binnengewässer und Häfen eine MIO des Küstenstaates ohne größere Hürden zulässig. Darüber hinaus verwirken Schiffe ihr Recht auf friedliche Fahrt durch die Territorialgewässer, sobald sie den Frieden des Küstenstaates beeinträchtigen (Art.19 II SRÜ).
Es ergeben sich vor allem Beweisschwierigkeiten: Erstens ist fraglich, wann eine »Androhung von Gewalt gegen den Küstenstaat « vorliegt. Hier trifft man vor allem auf das Problem der dualen Nutzung von gefährlichen Materialien und damit verbunden das Risiko, unschuldige Kauffahrer willkürlich zu belästigen. Zweitens ist zu beweisen, dass gerade der Transport die Gefahr darstellt und drittens, dass sich die Bedrohung auch genau gegen diesen Küstenstaat richtet. In der weiter entfernten Anschlusszone und der Ausschließlichen Wirtschaftszone können nur bestimmte Verstöße gegen inländische Gesetze oder Beeinträchtigungen der »Meeresumwelt« das Eingreifen eines Kriegsschiffes rechtfertigen.
Auf der Hohen See tritt der Einfluss der Küstenstaaten gänzlich in den Hintergrund. Allein dem Flaggenstaat bleibt die Möglichkeit, auf sein Hoheitsrecht zu verzichten. Bisher haben davon allerdings nur wenige Nationen wie Liberia, Panama und die Marshall Islands Gebrauch gemacht. Auch das SRÜ kann wenig dazu beitragen: Obwohl die Hohe See »friedlichen Zwecken« vorbehalten ist, schweigt die Konvention, was darunter genau zu verstehen ist. Nur in Ausnahmefällen wie Piraterie, Sklavenhandel und staatenlosen Schiffen sind PSI Maßnahmen erlaubt (Art.110 SRÜ). Bisher kann aus multilateraler Sicht nur Artikel 51 UN Charter unter bestimmten Umständen eine MIO auf Hoher See rechtfertigen. Die laufenden Operationen Active Endeavour und Enduring Freedom basieren auf dem Recht zur Selbstverteidigung und wurden als Antwort auf die Anschläge vom 11. September 2001 ins Leben gerufen. In Verbindung mit den UNSCR 1368 und 1373 gilt es, »alle nötigen Maßnahmen zu unternehmen, um terroristische Akte zu verhindern«. Ob sich PSI Operationen auch in Zukunft auf die Geschehnisse von 9/11 vor sieben Jahren berufen können, ist jedoch zweifelhaft.
Zuletzt bilden bilaterale »shipboarding« Abkommen zwischen den USA und seefahrenden Nationen mit sog. »offenen Registern« oder »Billigflaggenstaaten« das bis dato einzig bindende Nonproliferations-Instrument. Am 11. August 2008 wurde das achte Abkommen dieser Art mit der drittgrößten Seefahrernation Bahamas unterzeichnet. Damit sind circa 75 Prozent des weltweiten Schiffsverkehrs für PSI Maßnahmen der USA zugänglich.
Es bleibt, dass ohne Konsens des Flaggenstaates eine MIO nicht zuverlässig zu rechtfertigen ist. Vielmehr besteht ein komplexes Netz aus multi- und bilateralen Abkommen, gespickt mit zahlreichen Voraussetzungen und praktischen Unsicherheiten. Diese juristischen Lücken werden der modernen Bedrohung nicht gerecht.