Allgemein — Piraterie 2008 — LE PONANT – Folgen und Folgerungen

Pira­te­nan­griff auf Hoher See
Die völk­er­rechtliche Def­i­n­i­tion der Pira­terie in Artikel 101 des Seerecht­sübereinkom­mens von 1982 (SRÜ) lautet:

Seeräu­berei ist jede der fol­gen­den Handlungen:

  • a) jede rechtswidrige Gewalt­tat oder Frei­heits­ber­aubung oder jede Plün­derung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines pri­vat­en Schiffes oder Luft­fahrzeugs zu pri­vat­en Zweck­en bege­hen und die gerichtet ist

    1. auf Hoher See gegen ein anderes Schiff oder Luft­fahrzeug oder gegen Per­so­n­en oder Ver­mö­genswerte an Bord dieses Schiffes oder Luftfahrzeugs;

    2. an einem Ort, der kein­er staatlichen Hoheits­ge­walt unter­ste­ht, gegen ein Schiff, ein Luft­fahrzeug, Per­so­n­en oder Vermögenswerte;

  • b) jede frei­willige Beteili­gung am Ein­satz eines Schiffes oder Luft­fahrzeugs in Ken­nt­nis von Tat­sachen, aus denen sich ergibt, dass es ein Seeräu­ber­schiff oder ‑luft­fahrzeug ist;

  • c) jede Ans­tiftung zu ein­er unter Buch­stabe a oder b beze­ich­neten Hand­lung oder jede absichtliche Erle­ichterung ein­er solchen Handlung.

Seeräu­berei dient rein pri­vat­en Zweck­en und find­et auf Hoher See oder an hoheits­freien Orten statt. Ein­schlägige Hand­lun­gen in Hoheits­gewässern sind nicht erfasst – sie stellen aber auch vor Soma­lia einen nicht unbe­trächtlichen Anteil der krim­inellen Hand­lun­gen dar.

Artikel 105 I, 107, 111 SRÜ enthal­ten die Befug­nis für Kriegss­chiffe aller Staat­en, im Falle eines seeräu­berischen Angriffs auf hoher See einzu­greifen, den Angriff abzuwehren und das Tat­fahrzeug aufzubrin­gen sowie die Täter unschädlich zu machen, unab­hängig von der Flagge des ange­grif­f­e­nen Schiffes.

Pira­te­nan­griff in frem­den Hoheits­gewässern
Für Attack­en in den Küsten­meeren, auf Reeden und in Häfen, mithin in frem­den Hoheits­ge­bi­eten, gel­ten die Def­i­n­i­tio­nen und Befug­nisse des SRÜ nicht. Zur Anwen­dung kommt das jew­eilige nationale Recht des Tatortes, was nicht ohne Wirkung auf die Ein­griffs­befug­nisse bleibt. Von Staat zu Staat gel­ten dif­fer­ente Regeln. Beim Ein­greifen in frem­den Hoheits­gewässern ist zuallererst das Gewalt­monopol des betr­e­f­fend­en Staates zu beacht­en, es ste­ht dem Ein­greifen grund­sät­zlich ent­ge­gen. Nur wenn der betr­e­f­fende Küsten­staat nicht fähig oder nicht wil­lens ist, dem ange­grif­f­e­nen Schiff Hil­fe zu leis­ten, ist ein zufäl­lig vor Ort befind­lich­es fremdes Kriegss­chiff zumin­d­est befugt – wenn nicht gar verpflichtet –, die Hil­feleis­tung an der Stelle des Küsten­staates vorzunehmen, bis die Gefahr abgewen­det ist. Dies fol­gt schon aus den all­ge­meinen Regeln des Nothil­fer­echts, das sich auf See je nach konkreter Sit­u­a­tion in Anbe­tra­cht der über­liefer­ten gegen­seit­i­gen Hil­feleis­tungspflicht­en von der Befug­nis zur Verpflich­tung verdicht­en kann. Den Küsten­staat trifft im Fall der eige­nen Untätigkeit eine Dul­dungspflicht.

Strafver­fol­gung von Pirat­en in frem­dem Hoheits­ge­bi­et

Nach Abwen­dung der Gefahren­si­t­u­a­tion ist nur der Küsten­staat zur Ver­fol­gung der Pirat­en und zu ihrer Fes­t­nahme befugt, dies fol­gt aus Artikel 111 SRÜ, der die nach seeräu­berischen Angrif­f­en in inter­na­tionalen Gewässern beste­hende Nacheile­befug­nis enden lässt, wenn das ver­fol­gte Fahrzeug seine eigene oder für Ver­fol­ger und Ver­fol­gten fremde Küstengewäss­er durch­fährt. Dies fol­gt dem Gedanken der Sou­veränität der Staat­en in Verbindung mit dem Gewalt­monopol. Eine aktive Bekämp­fung von Pirat­en an frem­den Küsten kommt völk­er­rechtlich nur im Rah­men eines UN-Man­dats oder auf Ersuchen eines Küsten­staates in Frage. Die aktive Bekämp­fung von Pirat­en in frem­den Hoheits­gewässern ohne Ein­ver­ständ­nis des betr­e­f­fend­en Küsten­staates wider­spricht grund­sät­zlich dem Gebot des Unter­lassens von friedensstören­den Ein­grif­f­en nach der Char­ta der UN. Im Rah­men der For­ten­twick­lung des Völk­er­rechts und der Öff­nung hin zur Zuläs­sigkeit präven­tiv­er Maß­nah­men ist in Zukun­ft auch eine andere Bew­er­tung denkbar, wenn z. B. sehr wichtige Han­del­swege mas­siv bedro­ht sind und andere Lösun­gen wie enge Seer­aumüberwachung oder Geleitschutz nicht effek­tiv sind oder von den betrof­fe­nen Küsten­staat­en nicht geduldet wer­den. Am Horn von Afri­ka sprechen die Umstände für das Vor­liegen ein­er solchen Situation.

Team GlobDef

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