Fragende Blicke dürfen in diesem Kontext auf Berlin gerichtet werden. Wo bleibt das entsprechende deutsche Engagement? Einem Abkommen mit der somalischen Regierung steht das Grundgesetz nicht entgegen. Das Völkerrecht kann von uns verlangen, weltweit Hilfeleistungen auch militärischer Natur anzubieten. In jedem Fall verpflichtet es uns, die Hausaufgabe namens »Innere Sicherheit« zuverlässig zu meistern. Wo also bleibt das Seesicherheitsgesetz? Wird die Bundesrepublik fähig und willens sein, in ihrem Hoheitsgebiet die Sicherheit des internationalen Seeverkehrs auch gegenüber terroristischen Bedrohungen zu gewährleisten?
Kritische Fragen sind auch an die Verfassungsrichter in Karlsruhe erlaubt im Nachgang zu ihren Betrachtungen über das Luftsicherheitsgesetz. In ihrer Werteskala steht die Menschenwürde einer bekannten Anzahl von Geiseln offenbar noch über dem Recht auf Leben einer unbekannten Zahl gefährdeter Personen. Müssen die am Boden befindlichen gefährdeten Menschen ihr Lebensrecht zurückstellen und dürfen Sie nicht vom Staat berechtigterweise effektive Maßnahmen zu ihrem Schutz fordern? Die Verfassungsrichter haben den fatalen Eindruck hinterlassen, dass es in den dem Luftsicherheitsgesetz zugrunde liegenden und vergleichbaren extremen Entscheidungsnotständen eigentlich kein wirklich legitimes Verhalten der Staatsgewalt geben kann, sondern nur verwerfliche, wenn auch straffreie weil gerechtfertigte, Handlungsalternativen.
Die Verfassungsrichter vertreten die Auffassung, dass der Staat in Extremsituationen, in denen die Abwägung Leben gegen Leben zu treffen ist, nicht Partei ergreifen und nicht die Entscheidung über Leben und Tod an sich ziehen darf. Mithin gesteht das Bundesverfassungsgericht den Terroristen zu, dass sie die Entscheidungen unbehelligt treffen dürfen. Das ist in der Tat mindestens ein gefährlicher Trugschluss, der an die Existenzberechtigung des Staatswesens rührt, ist es doch nach seinem Grunde gerade dafür geschaffen, seinen Bürgern in existenziellen Situationen den Schutz zu gewähren, den Sie selbst nicht leisten können. Eigentlich muss man es eine Bankrotterklärung nennen, denn der Rechtsstaat verbietet sich selbst, seinen Schutzpflichten nachzukommen.
Das Bundesverfassungsgericht schürt zu allem Überfluss auch noch den Glauben an die Illusion, dass letztlich keine Verantwortung zu tragen sei, wenn man die Dinge einfach laufen lässt. Letztlich zeugt es auch nicht von Bereitschaft zur Verantwortung, wenn Politik und Obergerichtsbarkeit mit sophistischen Rechtsfiguren die rechtlichen Risiken von Entscheidungen in Extremsituationen ganz auf die handelnden Personen der staatlichen Sicherheitsorgane abwälzen, ihnen gleichzeitig aber selbst ein Mindestmaß von Handlungslegitimation aberkennen und sie mithin beinahe auf eine Stufe mit den Outlaws stellen, deren Abwehr ihre Aufgabe ist.